Die erbrechtlichen Ansprüche des Ehegatten

Da der überlebende Ehegatte beim Verwandtenerbrecht mangels Blutsverwandtschaft leer ausgehen würde, regelt das Gesetz gemäß § 1931 BGB das Ehegattenerbrecht. Für die Höhe des Anspruchs spielt demnach eine Rolle, welche weiteren Personen neben dem überlebenden Ehegatten erbberechtigt sind und in welchem ehelichen Güterstand die Ehepartner zusammengelebt haben.

Wie hoch ist der Anspruch neben Erben der ersten Ordnung?

Die Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Hierunter fallen

  • Kinder
  • Enkelkinder
  • und Urenkel.

Adoptivkinder werden ebenfalls als Erben der ersten Ordnung angesehen, da diese trotz fehlender Blutsverwandtschaft nach dem Gesetz wie leibliche Kinder behandelt werden.

Hinterlässt der Erblasser nicht nur einen Ehegatten, sondern auch Abkömmlinge, dann werden diese auch erbrechtlich berücksichtigt. Der überlebende Ehegatte erhält in diesem Fall ein Viertel des Nachlasses. Die Abkömmlinge des Erblassers erhalten die Hälfte des Nachlasses.

Wie hoch ist der Anspruch neben Erben der zweiten Ordnung?

Sollten keine Erben der ersten Ordnung vorhanden sein, bedeutet dies für den überlebenden Ehegatten jedoch nicht, dass er den gesamten Nachlass seines verstorbenen Ehegatten erbt.

Neben den Erben der ersten Ordnung haben nämlich auch die Erben der zweiten Ordnung einen erbrechtlichen Anspruch. Die Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des verstorbenen Ehegatten und dessen Abkömmlinge. Dieser erhalten per Gesetz die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte geht dann an den überlebenden Ehegatten.

Wie hoch ist der Anspruch neben Erben der dritten Ordnung?

Wenn keine Erben der ersten und der zweiten Ordnung vorhanden sind, werden nach dem gesetzlichen Erbrecht noch die Erben der dritten Ordnung berücksichtigt. Die Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des verstorbenen Ehegatten sowie die Abkömmlinge der Großeltern. Genauso wie bei den Erben der zweiten Ordnung erhält der überlebende Ehegatte hier die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte wird den Großeltern zugesprochen.

Hier gibt es jedoch eine wichtige Besonderheit. Sind die Großeltern bereits verstorben, müsste der erbrechtliche Anteil eigentlich den Abkömmlingen der Großeltern zugesprochen werden. Das Ehegattenerbrecht sieht jedoch vor, dass der Anteil nicht an die Abkömmlinge der Großeltern geht, sondern vielmehr den Anspruch des überlebenden Ehegatten erhöht.

Hinweis: Der Ehegatte als Alleinerbe

Sollten keine Erben der ersten, zweiten oder dritten Ordnung vorhanden sein, dann sieht das Ehegattenerbrecht vor, dass der überlebende Ehegatte Alleinerbe wird. Entfernte Verwandte werden somit vom Ehegattenerbrecht ausgeschlossen.

Die Bedeutung des Güterstandes im Ehegattenerbrecht

Zur endgültigen Berechnung der Erbquote des überlebenden Ehegatten muss jedoch noch der eheliche Güterstand berücksichtigt werden. Das Gesetz kennt die Güterstände der Zugewinngemeinschaft, der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung.

Wie hoch ist die Erbquote bei einer Zugewinngemeinschaft?

Bei der Zugewinngemeinschaft wird bei der Beendigung der Güterstande in der Ehe ein Ausgleich berechnet. Hat ein Ehegatte während der Ehe einen höheren Zugewinn erzielt, muss er dem anderen Ehegatten die Hälfte dieser Differenz auszahlen. Eine solche Berechnung des genauen Zugewinns erfolgt jedoch nur bei einer Scheidung der Ehegatten.

Um eine solche Berechnung bei einem Todesfall zu umgehen, sieht das Ehegattenerbrecht vor, dass dem überlebendem Ehegatten gemäß § 1931 Absatz 3 BGB in Verbindung mit § 1371 Absatz 1 BGB pauschal ein weiteres Viertel des Nachlasses zugesprochen wird. Folgende Erbquote des überlebenden Ehegatten ergibt sich somit:

  • Neben Erben der ersten Ordnung erhält der überlebende Ehegatte die Hälfte des Nachlasses (ein Viertel gemäß der gesetzlichen Erbfolge + ein Viertel aufgrund der Zugewinngemeinschaft = die Hälfte des Nachlasses).
  • Neben Erben der zweiten Ordnung erhält der überlebende Ehegatte drei Viertel des Nachlasses (die Hälfte gemäß der gesetzlichen Erbfolge + ein Viertel aufgrund der Zugewinngemeinschaft = drei Viertel des Nachlasses).
  • Gleiches gilt für Erben der dritten Ordnung. Hier gilt es jedoch wieder zu berücksichtigen, dass, sofern Abkömmlinge der Großeltern als Erben nach der gesetzlichen Erbfolge in Betracht kommen, sich der Erbteil des Ehegatten erhöht.
  • Sind keine Erben der ersten, zweiten oder dritten Ordnung vorhanden, ist der Ehegatte bereits Alleinerbe. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft spielt in diesem Fall keine Rolle für die Erbquote.

Wie hoch ist die Erbquote bei einer Gütertrennung?

Für den Güterstand der Gütertrennung bedarf es gemäß §§ 1408,1414 BGB eines notariellen Vertrages. Liegt eine solche notarielle Vereinbarung der Ehegatten vor, kommt es nicht zu einer pauschalen Erhöhung der Erbquote um ein Viertel. Dies würde jedoch bedeuten, dass es bei der erbrechtlichen Quote gemäß § 1931 Absatz 1 BGB bleiben würde, was jedoch dazu führen könnte, dass der überlebende Ehegatte weniger vom Nachlass erhält als die Kinder des verstorbenen Ehegatten.

Um dies zu vermeiden, enthält der § 1931 Absatz 4 BGB eine Sonderregelung. Haben die Ehegatten eine Gütertrennung vereinbart, erben der Ehegatte und die Kinder immer zu gleichen Teilen. Somit ergibt sich folgende Erbquote:

  • Ist lediglich ein Kind neben dem überlebenden Ehegatten vorhanden, erben beide zu gleichen Teilen. Somit erhält jeder die Hälfte des Nachlasses.
  • Hatte der verstorbene Ehegatte zwei Kinder, erbt der überlebende Ehegatte ein Drittel des Nachlasses.
  • Sollten mehr als zwei Kinder vorhanden sein, erhält der überlebende Ehegatte gemäß § 1931 Absatz 1 BGB ein Viertel des Nachlasses.

Hinweis: Der § 1931 Absatz 4 BGB gilt für alle Abkömmlinge des Erblassers

Zwar spricht der § 1931 Absatz 4 BGB lediglich von den Kindern des Erblassers, diese Regelung gilt jedoch für alle Abkömmlinge des Erblassers. In § 1931 Absatz 4 heißt es nämlich, dass der § 1924 BGB (Regelung der gesetzlichen Erben der ersten Ordnung) hiervon unberührt bleibt.

Wie hoch ist die Erbquote bei der Gütergemeinschaft?

Neben der Gütertrennung können Ehegatten in einem notariellen Vertrag die Gütergemeinschaft vereinbaren. Bei der Gütergemeinschaft gehört jedem Ehepartner bereits zu Lebzeiten die Hälfte des gesamten Vermögens. Man nennt dies gemäß § 1416 BGB auch Gesamtgut. Es ergibt sich daher folgende Erbquote neben den weiteren Erben:

  • Von der Hälfte des Gesamtgutes, das dem verstorbenen Ehegatten zustand, erhält der überlebende Ehegatte neben den Erben der ersten Ordnung ein Viertel. Da lediglich die Hälfte des Nachlasses eine Rolle spielt, erhält der überlebende Ehegatte daher wirtschaftlich betrachtet ein Achtel des Nachlasses.
  • Neben den Erben der zweiten Ordnung und lebenden Großeltern steht dem überlebenden Ehegatten die Hälfte des Anteils des Erblassers am Gesamtgut zu. Wirtschaftlich gesehen, hat der überlebende Ehegatte nunmehr einen Anspruch auf drei Viertel des gesamten Vermögens.
  • Sind keine Erben der ersten oder zweiten Ordnung oder überlebende Großeltern vorhanden, ist der überlebende Ehegatte wieder Alleinerbe. Die Gütergemeinschaft hat in diesem Fall keine Auswirkungen auf die Erbquote.

Der Pflichtteilsanspruch bei Ehegatten

Der Pflichtteil ist eine Mindestbeteiligung am Erbe, die engen Verwandten und Ehegatten des Erblassers zusteht. Die Pflichtteile bei Enterbung können immer dann geltend gemacht werden, wenn die gesetzlichen Erben entweder durch den Erblasser enterbt wurden oder diesen weniger vererbt wurde als der tatsächliche Pflichtteilsanspruch. Die Höhe der Erbquote entspricht die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.

Welche Besonderheiten gibt es im Güterstand der Zugewinngemeinschaft?

Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des Ehegatten ist immer die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Wie hoch die Erbquote des Ehegatten ist, richtet sich nach der Anzahl der Abkömmlinge und in welchem Güterstand die Ehegatten miteinander gelebt haben. Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, muss jedoch einmal zwischen dem großen und dem kleinen Pflichtteil unterschieden werden:

  • großer Pflichtteil: Wurde der Ehegatte durch den Erblasser zu gering bedacht, erhöht sich sein Erbteil um den pauschalen Zugewinnausgleich von einem Viertel. Im Ergebnis erhält der überlebende Ehegatte dann die Hälfte seiner gesetzlichen Erbquote und den pauschalen Zugewinnausgleich von einem Viertel.
  • kleiner Pflichtteil: Wurde der überlebende Ehegatte enterbt, so steht diesem der genau berechnete Zugewinnausgleich gemäß §§ 1372 ff. BGB zu. Es wird also das Anfangsvermögen und das Endvermögen des Erblassers verglichen. Der tatsächliche Zugewinn steht dann dem überlebenden Ehegatten zu. Beim kleinen Pflichtteil erhält dieser somit die Hälfte der gesetzlichen Erbquote und den konkret berechneten Zugewinnausgleich.

Kann der Pflichtteil für Ehegatten verjähren?

Damit der Anspruch auf den Pflichtteil geltend gemacht werden kann, darf dieser noch nicht verjährt sein. Dieser Anspruch unterliegt der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist läuft jedoch gemäß § 199 BGB immer erst zum Ende des jeweiligen Jahres ab.

Die Frist beginnt dann zu laufen, wenn der überlebende Ehegatte vom Tod des Erblassers und der Enterbung bzw. dem zu geringen Erbteil erfahren hat.

Kann dem Ehegatten der Pflichtteil entzogen werden?

Gemäß § 2333 BGB kann dem überlebendem Ehegatten der Pflichtteil auch entzogen werden. Dies ist jedoch nicht ohne Grund möglich. Das Gesetz regelt hierzu Fälle, in denen der Erblasser seinen Ehegatten den Pflichtteil entziehen kann:

  • Der Ehepartner den Erblasser, dessen Abkömmlinge oder eine dem Erblasser ähnlich nahestehende Person töten wollte oder getötet hat.
  • Wenn sich der überlebende Ehegatte gegenüber dem Erblasser, dessen Abkömmlingen oder eine dem Erblasser ähnlich nahestehende Person eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht hat.
  • Wenn der überlebende Ehegatte zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde und es dem Erblasser daher unzumutbar ist, diesen durch eine Erbschaft zu begünstigen.

Besonderheiten des Ehegattenerbrechts

Das Ehegattenerbrecht hat zudem noch weitere Besonderheiten, so gibt es einmal das Voraus der Ehegatten und das Recht des Dreißigsten. Ferner können Fragen aufkommen, z.B. welchen Anspruch Ehegatten haben, die mit dem Ehepartner in einem Verwandtschaftsverhältnis standen oder ob Ex-Ehepartnern ebenfalls ein erbrechtlicher Anspruch zusteht.

Was ist mit Voraus des Ehegatten gemeint?

Der überlebende Ehegatte hat neben seinem gesetzlichen Erbteil einen Anspruch das sogenannte “Voraus”. In welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben, spielt hierbei keine Rolle. Aufgrund dieser Regeln hat der überlebende Ehegatte gegenüber den Erben der zweiten Ordnung einen alleinigen Anspruch auf die Haushaltsgegenstände.

Anders sieht dies im Zusammenhang mit den Erben der ersten Ordnung aus. Hier kann der überlebende Ehegatte lediglich die Haushaltsgegenstände verlangen, die er für eine angemessene Führung des Haushaltes benötigt.

Hinweis: Voraus der Ehegatten gilt nur bei der gesetzlichen Erbfolge

Einen Anspruch auf den Voraus kann der Ehepartner nur geltend machen, wenn die gesetzliche Erbfolge gilt. Hat der Erblasser ein Testament oder Erbvertrag hinterlassen, kann sich der überlebende Ehegatte nicht auf § 1932 BGB berufen. Möchte der Erblasser, dass die Haushaltsgegenstände dem überlebenden Ehegatten zukommen, dann bedarf es einer zusätzlichen Regelung im Testament bezüglich des Hausrates.

Was ist das Recht des Dreißigsten?

Das Recht des Dreißigstens ergibt sich aus § 1969 BGB. Der Erbe bzw. die Erben sind gemäß dieser Norm verpflichtet, dem überlebenden Ehegatten, welcher zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser in einem Haushalt gelebt hat, zu gestatten, die eheliche Wohnung bis dreißig Tage nach dem Erbfall zu nutzen. Sollte der verstorbene Ehegatte dem überlebenden Partner zudem noch Ehegattenunterhalt gezahlt haben, dann müssen die Erben dieser Unterhaltsverpflichtung ebenfalls dreißig Tage nachkommen.

Hinweis: Das Recht des Dreißigsten gilt nicht nur für Ehegatten

Von diesem Recht können auch Familienangehörige des Erblasser Gebrauch machen. Zudem sieht die Rechtsprechung es so, dass auch nichteheliche Lebenspartner von diesem Recht Gebrauch machen können.

Welchen Anspruch haben verwandte Ehegatten?

Weiterhin sieht das Gesetz eine Regelung für verwandte Ehegatten vor. Aus § 1934 BGB ergibt sich, dass sofern der überlebende Ehegatte auch mit dem verstorbenen Ehegatten verwandt war, dieser auch aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses erbt. Man spricht in diesem Fall von einem besonderen Erbteil.

Welche Auswirkung hat eine Scheidung für das Ehegattenerbrecht?

Bei einer Scheidung enden alle erbrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten. Der geschiedene Ehegatte hat somit keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Für den Wegfall bedarf es zudem gemäß § 1933 nicht einmal eines rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses. Es genügt, wenn zum Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder dieser zugestimmt hat.

Wurde dem überlebenden Ex-Ehegatten Unterhalt gezahlt, dann kann dieser die Unterhaltszahlungen nunmehr von den Erben verlangen. Die Höhe der Unterhaltszahlungen ist jedoch begrenzt. Der überlebende Ex-Ehegatte kann nur Unterhaltszahlungen in Höhe seines Pflichtteiles verlangen, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre.

Das Erbrecht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz

Gemäß § 1 Absatz 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes können zwei Personen des gleichen Geschlechts erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen. Da dieses Zusammenleben mit der Ehe vergleichbar ist, regelt das Lebenspartnerschaftsgesetz auch das Erbrecht des Lebenspartners. Die Regelungen über das Erbrecht ergeben sich aus § 10 Lebenspartnerschaftsgesetz und sind inhaltsgleich zu den Regelungen über das Ehegattenerbrecht. Somit spielt es auch in diesem Fall wieder eine Rolle, welche zusätzlichen Erben vorhanden sind und in welchem Güterstand die Lebenspartner gelebt haben.

Der überlebende Ehegatte schlägt das Erbe aus

Genauso wie alle anderen Erben, kann auch der überlebende Ehegatte das Erbe ausschlagen. Eine Erbausschlagung ist z. B. dann sinnvoll, wenn der tatsächliche Zugewinn höher ist, als der pauschale Zugewinn per Gesetz. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Erblasser sein Vermögen während der Ehe aufgebaut hat und der überlebende Ehegatte wenig zu Vermögenssteigerung beigetragen hat, da er sich beispielsweise um den Haushalt und Kinder gekümmert hat.

Bei einer Erbausschlagung würde der überlebende Ehegatte dann seinen Pflichtteil sowie den regulären Zugewinnausgleich erhalten.