Schwarzfahren als Straftat
In der Öffentlichkeit mag Schwarzfahren als Bagatelle angesehen werden, die oft genug belächelt wird. Die Realität sieht jedoch anders aus: Nutzen Sie ein öffentliches Verkehrsmittel ohne ein gültiges Ticket, sind Sie Schwarzfahrer und machen sich einer Straftat schuldig.
Als Schwarzfahrer erschleichen Sie Leistungen und das wird nach § 265 Strafgesetzbuch (StGB) geahndet. Auch wenn diese Leistungen im Beispiel des öffentlichen Nahverkehrs nur wenige Euro wert sein mögen, gilt dieser Tatbestand in Deutschland als Straftat:
“Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.”
(§ 265a Abs. 1 StGB)
Wann gilt der Beförderungsvertrag?
Es spielt keine Rolle, dass es oft problemlos gelingt, eine Bahn oder den Bus ohne einen gültigen Fahrausweis zu nutzen. Auch das Argument vieler Schwarzfahrer, dass es für die Nutzung der Verkehrsmittel weder einen schriftlichen noch mündlichen Vertrag gäbe, greift an dieser Stelle nicht: Laut Rechtsprechung stimmen Sie als Fahrgast schon dann dem Beförderungsvertrag zu, wenn Sie in einen Bus oder eine Bahn einsteigen.
Dieser Beförderungsvertrag enthält Rechte und Pflichten für beide Seiten. Einerseits sichert der Verkehrsbetrieb die Beförderung an Ihr Fahrtziel zu, andererseits stimmen Sie der Entgeltzahlung zu.
Eine Unterschrift auf einem Dokument ist also nicht notwendig, das einfache Handeln reicht aus. Das bedeutet, aus Ihrem Handeln ergibt sich ein Rechtsbindungswille. Sie müssen also keine explizite Willenserklärung abgeben.
Kommen Sie der Pflicht zur Entgeltzahlung nicht nach, fahren Sie schwarz. Die Begründung ist, dass Sie dann gar nicht die Absicht hatten, den vereinbarten Preis zu begleichen und wollen stattdessen die Leistungen kostenlos in Anspruch nehmen. Das kann auch dann unterstellt werden, wenn Sie keine Schutzvorkehrungen umgehen oder ausschalten. Es reicht vollkommen aus, dass Sie so tun, als würden Sie ordnungsgemäß handeln.
Strafen für Schwarzfahrer
Erwischen Kontrolleure Sie beim Schwarzfahren, gilt die Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Busverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen. Dort ist im § 9 das erhöhte Beförderungsentgelt geregelt:
§ 9 Erhöhtes Beförderungsentgelt
(1) Ein Fahrgast ist zur Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgeltes verpflichtet, wenn er
- sich keinen gültigen Fahrausweis beschafft hat,
- sich einen gültigen Fahrausweis beschafft hat, diesen jedoch bei einer Überprüfung nicht vorzeigen kann,
- den Fahrausweis nicht oder nicht unverzüglich entwertet hat oder entwerten ließ oder
- den Fahrausweis auf Verlangen nicht zur Prüfung vorgelegt oder aushändigt.
Eine Verfolgung im Straf- oder Bußgeldverfahren bleibt unberührt. Die Vorschriften unter den Nummern 1 und 3 werden nicht angewendet, wenn das Beschaffen oder die Entwertung des Fahrausweises aus Gründen unterblieben ist, die der Fahrgast nicht zu vertreten hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann der Unternehmer ein erhöhtes Beförderungsentgelt bis zu 60 EUR erheben. Er kann jedoch das Doppelte des Beförderungsentgeltes für eine einfache Fahrt auf der vom Fahrgast zurückgelegten Strecke erheben, sofern sich hiernach ein höherer Betrag als nach Satz 1 ergibt; hierbei kann das erhöhte Beförderungsentgelt nach dem Ausgangspunkt der Linie berechnet werden, wenn der Fahrgast die zurückgelegte Strecke nicht nachweisen kann.
(3) Das erhöhte Beförderungsentgelt ermäßigt sich im Falle von Absatz 1 Nr. 2 auf bis zu 7 EUR, wenn der Fahrgast innerhalb einer Woche ab dem Feststellungstag bei der Verwaltung des Unternehmers nachweist, dass er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber einer gültigen persönlichen Zeitkarte war.
(4) Bei Verwendung von ungültigen Zeitkarten bleiben weitergehende Ansprüche des Unternehmers unberührt.
Während das erhöhte Beförderungsentgelt von den betroffenen Verkehrsbetrieben erhoben wird, kann Schwarzfahren darüber hinaus als Straftat geahndet werden – entweder mit einem Bußgeldbescheid oder weitergehenden Strafen. Es kann also durchaus passieren, dass Sie eine Anhörung zu einem Strafverfahren erhalten, sollten die Verkehrsbetriebe den Vorfall zur Anzeige gebracht haben.
Als Ersttäter müssen Sie üblicherweise nur mit einem erhöhten Beförderungsentgelt rechnen. Werden Sie wiederholt beim Schwarzfahren erwischt, können Sie hingegen mit einer Strafanzeige rechnen. Da Schwarzfahren eine Straftat ist, haben die Verkehrsbetriebe die Möglichkeit, auch bereits beim einmaligen Schwarzfahren eine Strafanzeige zu stellen. Beim wievielten Mal Sie eine Anzeige wegen Schwarzfahren erhalten, liegt in der Entscheidung der Unternehmen.
Wann ist der Gang zum Rechtsanwalt sinnvoll?
Sobald Ihnen ein Bußgeldverfahren angekündigt wird, sollten Sie direkt den Kontakt zu einem Rechtsanwalt aufnehmen. Wichtig ist, dass Sie die geltenden Fristen beachten, um sich die Chance auf alle verfügbaren Rechtsmittel offenzuhalten.
Wahren Sie sich Ihre Rechte und verlassen Sie sich auf einen kompetenten Rechtsbeistand, um größeren Schaden für Ihre Reputation und Ihre Geldbörse effektiv zu vermeiden.
Warum greift das Gesetzt so hart durch?
Das Gesetz zielt darauf ab, die Dienstleister und Veranstalter gegen Vermögensschäden zu schützen. Wegen der hohen Anzahl an Kunden und Fahrgästen ist eine genaue Kontrolle naturgemäß nicht möglich, es können lediglich Stichproben durchgeführt werden.
Die Fakten erklären das strenge Vorgehen: Der Verband deutscher Verkehrsunternehmer (VDV) gibt an, dass in Deutschland rund 3,5 % der Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs ohne gültiges Ticket unterwegs sind.
Hinweis: Schaden von 250 Millionen Euro im Jahr
Hochgerechnet auf das Jahresaufkommen von mehr als zehn Milliarden Fahrgästen ergibt sich daraus ein Potenzial von über 300 Millionen Fahrten, für die die Verkehrsunternehmen kein Entgelt erhalten. Der Schaden beläuft sich somit auf rund 250 Millionen Euro.
Die Ausnahme: Das unabsichtliche Schwarzfahren
Nicht immer ist Schwarzfahren ein absichtliches Vergehen. Es gibt eine Reihe ganz alltäglicher Beispielsituationen, in denen Personen zwar ein Ticket gekauft haben, es aber nicht vorzeigen können.
- Besitzen Sie beispielsweise ein Monats- oder Jahresticket und haben dieses zu Hause vergessen, wenn Sie die öffentlichen Verkehrsmittel besteigen, begehen Sie erst einmal keine Straftat.
- Ebenso stellt sich die Situation dar, wenn Sie ein digitales Ticket erworben haben, dieses aber nicht vorlegen können, weil beispielsweise der Akku Ihres Handys leer ist oder Sie Ihr Handy zu Hause liegen lassen haben.
- Funktioniert das Entwertungsgerät im öffentlichen Verkehrsmittel nicht, kann Ihnen ebenfalls keine Straftat vorgeworfen werden.
Für eine Straftat muss Ihrem Verhalten eine Absicht vorliegen. Haben Sie jedoch ein Ticket erworben, können dies nur nicht vorlegen, ist die Fahrt bereits bezahlt. Sie haben in diesen Fällen lediglich die Pflicht verletzt, Ihr Ticket bei sich zu führen. Daraus folgt die Möglichkeit, den zur Fahrtzeit gültigen Fahrausweis später vorzulegen und nur eine Bearbeitungsgebühr zu zahlen.
Ansprechpartner für das Nachreichen des Tickets sind die jeweiligen Verkehrsbetriebe, die Sie genutzt haben. Sie müssen zwar mit einer Bearbeitungsgebühr rechnen, das erhöhte Beförderungsentgelt reduziert sich jedoch von 60 EUR auf bis zu 7 EUR.
Keine Gesetzeslücke für Schwarzfahrer
Es kursiert zwar ein Fall, bei dem ein Schwarzfahrer ganz offen seine Absicht kundtat und deswegen auch vom zuständigen Amtsgericht freigesprochen wurde, zum Nachahmen sollte dies jedoch nicht einladen. Besagter junger Mann nutzte die U-Bahn ohne Fahrausweis, tat aber nicht so, als ob er bezahlt hätte.
Er trug nämlich ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich fahre – ohne Fahrschein!” – und genau diese Absichtserklärung rettete ihn vor einer Verurteilung. Von einer Leistungserschleichung konnte nämlich nicht die Rede sein, im Gegenteil.
Der betroffene Rhein-Main-Verkehrsbund verlor das Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt, über das erhöhte Beförderungsentgelt hinaus musste der junge Mann keine Strafe befürchten.
Tipp: Nicht auf Gesetzeslücken vertrauen
Diese Gesetzeslücke dürfte nun ausgereizt sein. Andere Gerichte haben in Nachahmungsfällen bereits bestritten, dass das Tragen eines solchen T-Shirts ausreichen würde. Die Fahrgäste müssten zumindest so vor dem Zugpersonal posieren, dass dies die Absicht erkennen und bei Bedarf eingreifen könnte.