Anwalt wechseln: Häufige Gründe für Unzufriedenheit
Oft sind es falsche Voraussetzungen, die dazu führen, dass ein Mandant sich nicht gut genug von seinem Rechtsanwalt vertreten fühlt. Eine laienhafte Rechtseinschätzung, Wissen vom Stammtisch oder dem Internet ziehen vielfach falsche Ansichten nach sich. Wer aber rechtlich falsch liegt, für den bleibt der erhoffte Erfolg mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Mitunter liegt das Problem allerdings tatsächlich bei der gewählten Rechtsvertretung.
Ist unzufriedenstellende Kommunikation ein Wechselgrund?
Manchmal schafft man es beim besten Willen nicht, eine gute Kommunikation zu pflegen. Man versteht den anderen nicht, was man selber sagt, kommt nicht wie gewünscht beim Gegenüber an. Hier bleibt wirklich nur die Möglichkeit, sich einen Rechtsanwalt zu suchen, mit dem die Verständigung besser klappt.
Aber auch das Verweigern von Kommunikation kann ein Grund sein, den Anwalt zu wechseln. Haben Sie das Gefühl, dass die ständige Abwesenheit wegen Gerichtsterminen oder die Präsenz in Besprechungen nur vorgeschoben ist, kann dies das Vertrauensverhältnis stören. Wird auch auf E-Mails nicht zeitnah reagiert, gerät womöglich der Erfolg der rechtlichen Angelegenheit in Gefahr.
Sie sollten rechtzeitig Ihre Bedenken Ihrem Rechtsanwalt klar äußern und auf einen eventuellen Mandatsentzug hinweisen. Ändert sich dennoch an der mangelhaften Kommunikation nichts, ist es Zeit für einen Schnitt.
Was tun, wenn der Rechtsanwalt unzuverlässig ist?
Nicht eingehaltene Besprechungstermine, zu spät verfasste Briefe an die Gegenseite und grundlos verzögerte Schriftsätze zum Gericht: Auch Rechtsanwälte sind gegen menschliche Fehler oder unzureichender Organisation im Beruf nicht gefeit. Als Mandant müssen Sie dies nicht hinnehmen. Es ist Ihr Geld, Ihre Rechtsangelegenheit, die auf dem Spiel stehen. Als Gegenleistung dürfen Sie einen professionellen und zuverlässigen Umgang mit Ihrem Anliegen erwarten.
Tipp: Sprechen Sie das Problem an
Hält Ihr Rechtsanwalt Absprachen nicht ein, fragen Sie ihn nach dem Grund. Bekommen Sie keine plausible Erklärung, sollten Sie den Anwalt wechseln.
Ist unsympathisches Auftreten akzeptabel?
Der erste Kontakt zum Rechtsanwalt findet meist über das Internet oder telefonisch statt. Stellen Sie im ersten Besprechungstermin fest, dass Ihnen das Auftreten aus irgendeinem Grund unsympathisch ist, können Sie den Anwalt wechseln. Dies gilt vor allem, wenn es für die Antipathie konkreten Anlass gibt, wie schlechte Manieren, ein unhöflicher Umgang mit der Gegenseite oder nicht angemessenes Auftreten vor Gericht.
Anwalt wechseln im laufenden Verfahren
Sind Sie der Ansicht, dass Ihr Rechtsanwalt Sie nicht gut vertritt, können Sie ihm auch in einem laufenden Verfahren das Mandat entziehen. Hier gilt es allerdings Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Diese Fragen sollten Sie sich stellen:
- Welche zusätzlichen Kosten fallen an?
- Kann sich ein anderer Anwalt kompetent in die Materie einarbeiten?
- Steht bereits ein Gerichtstermin an?
Auf Antrag kann das Gericht Termine verlegen, eine Verpflichtung dazu besteht jedoch in der Regel nicht. Sich unter Zeitdruck in einen Fall einzuarbeiten, ist nicht unbedingt zumutbar. Zwar ist der bislang beauftragte Rechtsanwalt verpflichtet, Ihre dort übergebenen Unterlagen herauszugeben. Darauf, dass dies zügig geschieht, ist vor allem bei einem Anwaltswechsel wegen Unzuverlässigkeit nicht sicher.
Ihr Vorteil bei einem Wechsel kann jedoch sein, dass sich neue Aspekte auftun und vielleicht bislang Übersehenes Beachtung findet. Eine andere Strategie bei Strafprozesse, mehr Verhandlungsgeschick in zivilrechtlichen Angelegenheiten und zukunftsträchtige Vergleiche fallen auf der positiven Seite ins Gewicht.
Was bringt eine Zweitmeinung?
Sind Sie sich bei problematischen Rechtsfällen nicht sicher, ob der von Ihnen mandatierte Rechtsanwalt wirklich kompetent ist, können Sie eine Zweitmeinung einholen. Dies ist vor allem bei hohen Gegenstands- und Streitwerten eine sinnvolle Lösung, denn die Kosten für eine Erstberatung sind gedeckelt. Das bedeutet für Sie, dass Sie unabhängig von der Klagesumme nur die Erstberatungsgebühr nach § 34 RVG bezahlen müssen.
Die Zweitmeinung macht Ihnen die Entscheidung leichter, ob Sie bei Ihrem bisherigen Rechtsvertreter bleiben oder doch lieber den Anwalt wechseln sollen.
(Mehr)Kosten beim Anwaltswechsel
Dass bereits geleistete Arbeit bezahlt werden muss, gilt auch für die Tätigkeit von Rechtsanwälten. Eine Beauftragung allein löst jedoch noch keinen Anspruch auf Honorar aus. Kündigen Sie das Mandat, weil der Rechtsanwalt unzuverlässig ist und bislang nicht tätig wurde, müsste er vorbereitende Tätigkeiten nachweisen. Für einen mündlichen Besprechungstermin fallen Gebühren an, ebenso für Briefe an die Gegenseite und die Klageeinreichung.
Möchten Sie den Anwalt wechseln, können deshalb doppelte Gebühren entstehen. Ob dies der Fall ist, hängt von den Gründen ab, die den Wechsel verursachen. Verstößt ein Rechtsanwalt gegen seine Pflichten, indem er Sie beispielsweise über drohende Konflikte – etwa durch Geschäftsverbindungen zur Gegenseite – nicht unterrichtet, kann sein Anspruch auf Honorar erlöschen. Die Beweislast obliegt dann allerdings Ihnen.
Zusätzlich zu einer Verfahrensgebühr kann auch eine Terminsgebühr anfallen, ohne dass ein Gerichtstermin wahrgenommen wurde. Dies ist dann der Fall, wenn Sie sehr kurzfristig vor der mündlichen Verhandlung das Mandat kündigen. Hier geht das Gesetz davon aus, dass alle wesentlichen Vorarbeiten für die Verhandlung bereits geleistet wurden.
Hinweis: Der Einzelfall zählt
Wie so oft bei juristischen Themen gibt es keine Pauschalanwendungen, wie nach Mandatsabbruch abzurechnen ist. Es kommt immer auf die Details und tatsächlichen Leistungen an, welche Gebühren – in welcher Höhe – zu bezahlen sind. Fragen Sie bei Unklarheiten nach, ein Rechtsanwalt ist Ihnen eine Erklärung schuldig.
Übernimmt die Rechtsschutzversicherung alle Kosten?
Hier zählt wiederum die Einzelfallbetrachtung. Liegt ein stichfester Anlass vor, weshalb Sie das Mandat beendet haben, kann die Rechtsschutzversicherung verpflichtet sein, die Kosten beider Rechtsanwälte zu erstatten. Ein Wechsel ist aus Sicht der Rechtsschutzversicherungen – und der Gerichte – etwa dann nötig, wenn eine sorgfältige Prozessführung durch die Fortsetzung des Mandats nicht mehr gewährleistet wäre.
Lässt sich diese Voraussetzung nicht klar darlegen bzw. beweisen, müssen Sie die durch den Wechsel doppelt anfallenden Kosten selbst tragen.
Kann bei Prozesskostenhilfe der Anwalt gewechselt werden?
Wurde Ihnen für einen Gerichtsprozess Verfahrenskostenhilfe bewilligt, haben Sie dennoch das Recht, aus begründetem Anlass den Rechtsanwalt zu wechseln. Ihr künftiger Anwalt muss den Antrag stellen, dass er Ihnen für das Verfahren beigeordnet wird.
Hinweis: Kostenfrage klären
Zwar steht dem Wunsch, den Anwalt zu wechseln, auch für Prozesskostenhilfeberechtigte selten etwas entgegen. Prinzipiell gilt jedoch der Grundsatz, dass der Landeskasse keine Mehrkosten entstehen dürfen. Sprechen Sie deshalb mit beiden Anwälten über anfallende Kosten.
Richtiges Vorgehen bei Anwaltswechsel
Oberster Grundsatz ist: Bleiben Sie sachlich, auch wenn Sie sich noch so geärgert haben oder sich vollkommen missverstanden fühlen. Erzielt eine Aussprache zwischen Ihnen und Ihrem Anwalt keine Konfliktlösung, bestehen Sie in Ihrem eigenen Interesse auf einer Beendigung des Mandats.
Wichtige Schritte bei Anwaltswechsel:
- Teilen Sie den Mandatsentzug schriftlich mit
- Nennen Sie die Gründe
- Bitten Sie höflich um Herausgabe der Unterlagen
- Nennen Sie Ihren neuen Bevollmächtigten, damit dieser die Akte rechtzeitig erhält
Wann muss der Rechtsanwalt die Akten herausgeben?
Nach § 50 Abs. 1 S. 1 BRAO sind Rechtsanwälte verpflichtet, Handakten zu führen. Zu dem ist festgelegt, dass die Handakten auch elektronisch geführt werden können. Je nachdem, in welcher Form die Akten vorliegen, können Sie diese von Ihrem bisherigen Rechtsanwalt verlangen. Er ist allerdings nicht verpflichtet, diese an Sie oder seinen Nachfolger zu übersenden.
Lediglich eine Übergabe ist vorgesehen. In der Praxis und bei einem einvernehmlichen Auseinandergehen steht jedoch selten einer Übersendung etwas im Wege. Alle Schriftstücke wie die Korrespondenz oder Unterlagen der Gegenseite, die Ihnen bereits übersandt wurden, müssen nicht noch einmal herausgegeben werden. Sollten Ihnen diese nicht mehr oder nur noch teilweise vorliegen, kann ein zivilrechtlicher Anspruch auf erneute Herausgabe bestehen.
Eine Ausnahme bildet jedoch das Zurückbehaltungsrecht. Es tritt dann in Kraft, wenn Sie die bislang angefallenen und Ihnen in Form einer ordentlichen Kostenrechnung bekanntgegebenen Anwaltsgebühren noch nicht bezahlt haben. Allerdings zählt hier die Verhältnismäßigkeit. Geringe Kosten dürfen kein Grund sein, vor allem dann nicht, wenn durch die verweigerte Herausgabe ein Prozessverlauf gefährdet wäre.
Eine weitere Möglichkeit könnte sein, dass der bisherige Rechtsanwalt nur Kopien herausgibt, bis die Rechnung beglichen ist. Wenn sie allerdings für ein Gerichtsverfahren oder wichtige Vergleichsverhandlung benötigt werden, ist es üblich, dass der bisherige Rechtsanwalt sie direkt zu treuen Händen an den neuen Bevollmächtigten übergibt.