Die Grundsätze der Insolvenz

Die Insolvenz ist ein gesetzlich festgelegtes Verfahren für Unternehmen, die zahlungsunfähig sind. Die gesetzlichen Regelungen dazu stehen in der Insolvenzordnung (InsO). Eine akute Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Unternehmer seinen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann. Neben diesem Hauptgrund können in seltenen Fällen auch eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung einen Insolvenzgrund darstellen.

Was passiert, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt?

Liegt ein Insolvenzgrund vor, wird vor dem Insolvenzgericht ein Insolvenzantrag gestellt. Dieser wird dann geprüft und es kommt je nach Ergebnis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das Ziel des Insolvenzverfahrens ist die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit und Fortführung des Unternehmens oder dessen geordnete Abwicklung und Verwertung.

Dabei sollen die ausstehenden Forderungen der Gläubiger zumindest anteilig erfüllt werden. Ein Insolvenzverfahren endet also mit einer Verwertung des Unternehmens oder mit einer Fortführung dessen mit einem festgeschriebenen Insolvenzplan.

Hinweis: Informationspflicht des Arbeitgebers

Sobald ein Arbeitgeber einen Insolvenzantrag stellt, muss er entweder alle Mitarbeiter unverzüglich selbst informieren oder einen vorhandenen Betriebsrat. Der Insolvenzverwalter ist auch für Sie als Arbeitnehmer ein wichtiger Ansprechpartner.

Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird ein Insolvenzverwalter bestimmt. Dieser übernimmt die Geschäftsführung während der Insolvenz. Das bedeutet, dass die Insolvenzmasse in seinen Besitz übergeht und er die Verwaltung und gegebenenfalls Verwertung übernimmt. Er agiert als Bindeglied zwischen dem Unternehmer und seinen Gläubigern und soll beide Interessen berücksichtigen.

Gehaltszahlungen vor und nach der Insolvenzeröffnung

Droht eine Insolvenz beim Arbeitgeber, werden die Zahlungen der Arbeitsentgelte häufig unregelmäßig oder bleiben sogar ganz aus. Wenn Sie als Arbeitnehmer davon betroffen sind, sollten Sie Ihren Arbeitgeber unbedingt schriftlich darüber informieren und diesen zur Zahlung auffordern. Legen Sie dem Schreiben am besten eine Forderungsaufstellung bei und setzen Sie eine Zahlungsfrist. Das ausstehende Arbeitsentgelt stellt eine Forderung gegenüber dem Arbeitgeber dar.

Darf die Arbeit eingestellt werden, wenn kein Gehalt mehr fließt?

Erhalten Sie kein Arbeitsentgelt mehr oder weniger als Ihnen zusteht, sollten Sie nicht sofort die Arbeitsleistung einstellen. Damit riskieren Sie die Auslegung als Arbeitsverweigerung und die laufenden Gehaltsansprüche. Sogar eine verhaltensbedingte Kündigung kommt infrage. Erst wenn größere Gehaltslücken von etwa zwei Monatsgehältern entstanden sind, besteht das Recht der Arbeitsverweigerung. Dass Sie davon Gebrauch machen möchten, sollten Sie vorab dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen und vor allem vorher abmahnen.

Empfehlung: Lassen Sie sich beraten

Bevor Sie voreilig folgenschwere Schritte unternehmen, sollten Sie sich von einem Betriebsrat, der Gewerkschaft oder einem Rechtsanwalt ausführlich beraten lassen.

Was passiert mit den ausstehenden Gehaltszahlungen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens?

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, werden die ausstehenden Gehaltsforderungen je nach Entstehungszeitpunkt unterschiedlich behandelt.

  • Ansprüche auf das Gehalt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Ihre Gehaltsansprüche gehören zu den Insolvenzforderungen. In diesem Fall müssen Sie nach der Eröffnung des Verfahrens die Forderungen dem Insolvenzverwalter schriftlich innerhalb der gesetzlichen Frist mitteilen. Der Insolvenzverwalter prüft die Rechtmäßigkeit und nimmt die Forderungen bei Rechtmäßigkeit in die Insolvenztabelle auf.

In dieser sind die gesammelten Insolvenzforderungen des Unternehmens aufgeführt. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erhalten alle Gläubiger dieser Tabelle in der Höhe der Insolvenzquote einen Teil Ihrer Forderungen zurück. Sie erhalten dieses Geld also, wenn überhaupt, nur anteilig.

Beispiel: Bezahlung nach Höhe der Insolvenzquote

Das Insolvenzverfahren wird am 1. Juli beantragt. Für die Monate April, Mai und Juni haben Sie kein Gehalt erhalten. Diese Forderung ist eine Insolvenzforderung und geht in die Insolvenztabelle ein. Beträgt bei Abschluss des Insolvenzverfahrens die Gläubigerquote 7 %, erhalten Sie 7 % Ihrer ausstehenden Gehaltsforderungen für diese drei Monate. In diesem Fall steht Ihnen Insolvenzgeld zu.

  • Gehaltsansprüche nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Der Insolvenzverwalter muss Ihnen das Gehalt weiterhin bezahlen. Besteht der Arbeitsvertrag also nach Verfahrensöffnung weiter, ist der Insolvenzverwalter als Geschäftsführer verpflichtet, Sie zu bezahlen. Bei Ausbleiben der Zahlungen sollten Sie diesen schriftlich zur Zahlung auffordern und eine Frist setzen.

Sie können den Insolvenzverwalter im Zweifel sogar verklagen. Es handelt sich somit nicht um Insolvenzforderungen, sondern um Masseforderungen. Diese müssen vorrangig in voller Höhe beglichen werden und werden nicht in die Insolvenztabelle aufgenommen.

Beispiel: Bezahlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Die Arbeitsverträge werden nicht gekündigt und am 1. Juli erfolgt der Insolvenzantrag. Die laufenden Gehälter für Juli und die Folgemonate muss der Insolvenzverwalter aus der Masse bezahlen. Sie gehen nicht in die Tabelle ein und Sie erhalten diese in voller Höhe, sofern es nicht zu einer Massearmut kommt. Diese liegt vor, wenn die Insolvenzmasse nicht für alle Masseforderungen ausreicht.

Was ist das Insolvenzgeld?

Um Arbeitnehmer vor eigenen finanziellen Schäden zu schützen, gibt es das sogenannte Insolvenzgeld. Das Insolvenzgeld ist eine staatliche Leistung, welche die Agentur für Arbeit auszahlt. Das Insolvenzgeld soll die Lohnforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung ausgleichen, also die Insolvenzforderungen.

Um das Insolvenzgeld zu erhalten ist ein Antrag bei der Agentur für Arbeit notwendig. Dabei müssen Sie eine gesetzliche Frist von zwei Monaten ab Insolvenzeröffnung beachten. Die Zahlung ist auf die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begrenzt. Die Höhe entspricht dem vollen Nettogehalt inklusive Sonderzahlungen wie Provisionen, Überstundenvergütung oder Weihnachtsgeld. In den einzelnen Bundesländern gibt es unterschiedliche Höchstgrenzen für das Insolvenzgeld.

Hinweis: Vorschuss möglich

Wenn Sie bereits dringend auf die Zahlung des Insolvenzgeldes angewiesen sind, können Sie während der Bearbeitungszeit einen Vorschuss bei der Agentur für Arbeit beantragen. Dieser beträgt bis zu 70 % des zu erwartenden Insolvenzgeldes.

Welche Auswirkungen haben ausbleibende Sozialversicherungsbeiträge?

Wenn keine Gehaltszahlungen fließen, sind auch die Sozialversicherungsbeiträge in Gefahr. Der Arbeitgeber ist zur Zahlung dieser aber gesetzlich verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, begeht er sogar eine Straftat nach § 266a StGB. In der Regel versucht der Arbeitgeber daher die Sozialversicherungsbeiträge weiter zu bezahlen, auch wenn er Ihnen kein Gehalt überweisen kann.

Hinweis: Krankenversicherungsschutz behalten

Kommt Ihr Arbeitgeber seiner Pflicht die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen nicht nach, müssen Sie sich um Ihren Krankenversicherungsschutz dennoch keine Sorgen machen. Die Krankenkassen müssen Sie weiter versorgen, da Sie keine Schuld an den ausbleibenden Zahlungen haben. Für diese ist alleine der Arbeitgeber verantwortlich.

Für die Krankenkasse entstehen Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber. Sie bleiben versichert. Im schlimmsten Fall entstehen für Sie Säumniszuschläge für Ihren Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen und aufschiebbare medizinische Leistungen werden nicht erbracht. Wichtige Behandlungen erhalten Sie. Dies gilt auch für freiwillig versicherte Arbeitnehmer.

Wie werden vereinbarte Abfindungen bewertet?

Haben Sie einen Aufhebungsvertrag unterschrieben oder im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung zugesprochen bekommen, haben Sie rechtlich Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber. Auch bei der Abfindung kommt es auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung an.

Wurde die Abfindung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart oder zugesprochen handelt es sich um Insolvenzforderungen, die in die Insolvenztabelle aufgenommen werden. Diese sind meistens verloren oder werden nur mit einer geringen Quote erfüllt.

Wurde die Abfindung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart oder zugesprochen, gilt Ihre Forderung als Masseforderung. Sie muss dann vor der Aufstellung der Insolvenztabelle aus der Insolvenzmasse beglichen werden. Die Wahrscheinlichkeit ist somit höher, dass Sie Ihr Abfindung erhalten so fern keine Massearmut vorliegt.

Kündigung des Arbeitsvertrages bei Insolvenz

Das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch bei einer Insolvenz beim Arbeitgeber. Erst während des Insolvenzverfahrens wird über die Verwertung oder das Fortbestehen des Unternehmens und den Insolvenzplan entschieden. Die Arbeitsverhältnisse bestehen also erstmal weiter. Bei Bedarf erfolgt eine ordentliche Kündigung.

Die Eröffnung des Verfahrens alleine ist jedoch kein Kündigungsgrund. Nur aufgrund dieser Tatsache und ohne sonstigen erheblichen Grund dürfen weder der Arbeitgeber noch der Insolvenzverwalter Arbeitsverträge kündigen.

Kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Frage?

Möglich ist aber eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber zum Beispiel wegen mangelnder Auftragslage oder Stilllegung des Betriebs. Das Kündigungsrecht ist dabei ganz regulär zu beachten. Die Kündigung muss also sozial gerechtfertigt sein und bei schwerbehinderten Menschen muss das Integrationsamt zustimmen. Auch eine Kündigungsschutzklage ist möglich. Wie in anderen Fällen auch muss dazu innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

Eine rechtliche Änderung bei Kündigungen im Insolvenzverfahren gibt es aber dennoch. Diese betrifft die Kündigungsfristen. Während vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die regulären Kündigungsfristen nach § 622 BGB eingehalten werden müssen, gelten abweichende Fristen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 113 der InsO beschränkt die maximale Kündigungsfrist auf drei Monate zum Monatsende. Längere Kündigungsfristen verfallen.

Welche Auswirkungen treffen Mitarbeiter in der Elternzeit?

Befinden Sie sich zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung in Elternzeit oder Mutterschutz bleibt das ruhende Beschäftigungsverhältnis zunächst regulär bestehen. Bei Sanierung oder Veräußerung des Unternehmens wird das Arbeitsverhältnis nach Ende der Elternzeit wieder aktiv und Sie können einen Anspruch auf einen Arbeitsplatz geltenden machen.

Der besondere Kündigungsschutz, den Sie während dieser Schutzzeit genießen, darf jedoch auch aufgehoben werden, wenn es gerechtfertigt erscheint. Ob dies so ist, entscheidet das Gewerbeaufsichtsamt beziehungsweise die Landesbehörde für Arbeitsschutz. Eine betriebsbedingte Kündigung ist somit auch in der Elternzeit möglich.

Die betriebliche Altersvorsorge bei Insolvenz des Arbeitgebers

Neben den aktuellen Gehaltszahlungen stellt sich bei einer Insolvenz beim Arbeitgeber schnell die Frage nach dem Fortbestehen und dem Anspruchserhalt der betrieblichen Altersvorsorge. Diese soll der Absicherung in der Rente dienen und Sie haben als Arbeitnehmer in diese mit einbezahlt. Der Verlust des Anspruchs wäre daher sehr verlustreich.

Glücklicherweise sind die Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge jedoch gesichert. Auch wenn bei einer Kündigung nicht weiter in die Vorsorge eingezahlt wird, die bis dahin bestehenden Ansprüche müssen per Gesetz versichert sein. Der Träger der Insolvenzversicherung ist der Pensions-Sicherungs-Verein. Dieser deckt das Risiko durch eine Versicherung ab und leistet im Insolvenzfall die betriebliche Altersvorsorge.

Ihre Ansprüche gehen bei Insolvenz entsprechend automatisch auf diesen Träger über und Sie müssen keine weiteren Schritte veranlassen. Der Pensions-Sicherungs-Verein meldet seine Ansprüche selbst an den Insolvenzverwalter. Diese werden in der Insolvenztabelle aufgenommen. Unabhängig von der Insolvenzquote erhalten Sie Ihre Altersvorsorge in voller Höhe durch den Versicherungsträger.

Bleiben Urlaubsansprüche im Insolvenzverfahren bestehen?

Urlaubsansprüche bleiben unabhängig von der Insolvenz beim Arbeitgeber bestehen, auch wenn die Geschäfte auf den Insolvenzverwalter übergehen. Sie können bei diesem Urlaub beantragen und bereits genehmigten Urlaub nehmen. Sollte der Insolvenzverwalter aus dringenden betrieblichen Gründen bereits genehmigten Urlaub streicht, können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen.

Endet Ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen der Insolvenz, muss Ihnen nicht gewährter Urlaub ausbezahlt werden. Diese Forderungen sind wie ausstehende Gehaltszahlungen zu betrachten.