Das ist im Abgasskandal passiert
Im Jahre 2015 wurde bekannt, dass VW seine Fahrzeuge mit einer Schummelsoftware versehen hat. Diese Software erkennt, ob ein Fahrzeug auf der Straße genutzt oder im Prüfstand getestet wird und reguliert dementsprechend die Abgasreinigung.
Was bewirkt die Schummelsoftware?
Für Neuwagen und Diesel-Fahrzeuge gelten entsprechende Richtlinien im Hinblick auf die Abgaswerte. Die EU hat einen Grenzwert bezüglich der Stickstoffoxide festgesetzt, welcher einzuhalten gilt. Insbesondere für Altfahrzeuge droht daher in vielen deutschen Städten ein Diesel-Fahrverbot, weil die Fahrzeuge diesen Grenzwert nicht mehr einhalten können.
Neuwagen dürfen diese festgesetzten Werte ebenfalls nicht überschreiten, denn ansonsten werden diese Fahrzeuge erst gar nicht zum Verkauf zugelassen. Die Schummelsoftware dient nun dazu, diese Abgaswerte zu erreichen, ohne dass dies tatsächlich der Fall ist. Durch diese Software erleiden die betroffenen Diesel-Fahrzeuge einen Wertverlust, weshalb die betroffenen Kunden juristisch gegen die Autokonzerne vorgehen.
Welche Fahrzeuge sind betroffen?
Die Liste der betroffenen Modelle und Fahrzeuge im Dieselskandal wird immer länger. Mittlerweile ist bekannt, dass zahlreiche Diesel-Fahrzeuge von folgenden Herstellern neben Volkswagen betroffen sind:
- Audi
- Mercedes
- Opel
- Porsche
- Seat
- Skoda
Hinweis: Abgasnorm Euro 5
Fast alle Dieselmotoren der Abgasnorm 5 sind vom Dieselskandal betroffen. Mittlerweile wurde jedoch auch in Fahrzeugen der Abgasnorm 6 die Software zur Manipulation der Abgaswerte entdeckt.
Ob Ihr Fahrzeug vom jeweiligen Hersteller ebenfalls vom Dieselskandal betroffen ist, lässt sich auf den Internetseiten der Hersteller herausfinden. Schließlich wissen lediglich die Hersteller und das übergeordnete Kraftfahrtbundesamt, in welchen Fahrzeugen eine Manipulationssoftware integriert ist. Der sicherste Weg, um herauszufinden, ob Ihr Fahrzeug betroffen ist, ist daher, mithilfe der Fahrgestellnummer eine Anfrage durchzuführen.
Ihre Rechte im Abgasskandal
Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Hersteller?
Der Hersteller hat wissentlich ein mit einer manipulierten Software ausgestattetes Fahrzeug in Verkehr gebracht, weshalb Sie in der Regel auch einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Hersteller haben. Hier findet das Deliktsrecht des bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Demnach ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schadenswert ist in diesem Fall der von Ihnen gezahlte Kaufpreis. Beachten Sie jedoch, dass Sie sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen.
Tipp: Rechnen Sie Ihren Anspruch aus
Sie können die Höhe Ihres Anspruchs ausrechnen. Dazu können Sie gerne unseren Dieselskandal Rückabwicklungsrechner nutzen.
Welche Ansprüche bestehen gegenüber dem Verkäufer?
Sie als Kunde können gegenüber dem Verkäufer grundsätzlich die gesetzliche Sachmängelhaftung geltend machen. Hierzu gehören der Anspruch auf Nacherfüllung, die Minderung sowie der Rücktritt vom Kaufvertrag. Diese Rechte können Sie innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Übergabe des Autos geltend machen. Bei Gebrauchtwagen kann diese Verjährungsfrist ggf. auf ein Jahr reduziert werden.
Beachten Sie jedoch, dass Sie in erster Linie ein Recht auf Nacherfüllung haben, bevor Sie vom Kaufvertrag zurücktreten können. Nacherfüllung meint, dass das Fahrzeug entweder repariert oder ausgetauscht wird.
Hinweis: Neulieferung
Der BGH hält eine Neulieferung selbst dann für möglich, wenn es Ihr Fahrzeugmodell gar nicht mehr gibt. Sie haben dann einen Anspruch darauf, ein Fahrzeug des gleichen Typs und Ausstattung zu bekommen. Hier müssen Sie jedoch beachten, dass der Fahrzeugverkäufer eine Neulieferung wegen unverhältnismäßig hohen Kosten verweigern kann.
Ist eine Einzelklage gegen VW erfolgversprechend?
Bei Einzelklagen zeigt sich mit Blick auf die BGH-Rechtsprechung eine verbraucherfreundliche Tendenz. Gleichwohl besteht immer ein Prozessrisiko.
Sie müssen bei einer Einzelklage bedenken, dass Sie bei einer Niederlage die gesamten Kosten des Verfahrens tragen müssen. Das wären dann Ihre Rechtsanwaltskosten, die Rechtsanwaltskosten des Gegners sowie die Gerichtskosten. Wie hoch diese Kosten sind, hängt von dem Streitwert ab, der sich in der Regel an dem Wert Ihres Fahrzeuges orientiert.
Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, dann macht eine Einzelklage durchaus Sinn, denn hier werden die Kosten des Verfahrens von der Versicherung übernommen.
Hinweis: BGH-Urteil zugunsten des Einzelklägers
Im Mai 2020 hat der BGH erstmals in einem Verfahren gegen den VW Konzern ein Urteil gesprochen (VI ZR 252/19). Der BGH hat den VW-Konzern verurteilt, Schadensersatz an den Kläger zu leisten. Dieser erhielt den gesamten Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges zurück.
An dieser verbraucherfreundlichen Rechtsprechung werden sich in ähnlich gelagerten Fällen künftig auch die untergeordneten Gerichte orientieren.
Wann verjähren Ihre Ansprüche?
Ansprüche gegen den Verkäufer verjähren in der Regel nach zwei Jahren. Bei Gebrauchtwagen kann die Verjährung sogar ggf. früher eintreten. Aus diesem Grund ist ein Vorgehen gegen den Verkäufer meist gar nicht mehr möglich. Etwas anders gilt für den Hersteller, denn dieser hat ja bewusst eine fehlerhafte Software in Ihr Fahrzeug eingebaut und Sie somit betrogen.
Hinweis: Ansprüche bereits verjährt?
Nach unserer Rechtsauffassung sind die Ansprüche keinesfalls verjährt. Vielmehr beginnt die Verjährungsfrist bei Schadensersatzansprüchen gegen VW in vielen Fällen erst Ende 2020 zu laufen. Die Verjährung würde dann erst Ende 2023 eintreten.
Sollten Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen?
Im Abgasskandal entscheidet die Rechtsprechung über den Erfolg Ihrer geltend gemachten Ansprüche. Wenn Sie daher vorhaben, Ihre Ansprüche im Wege einer Einzelklage durchzusetzen, sollten Sie in jedem Fall einen spezialisierten Anwalt im Dieselskandal mit der Angelegenheit beauftragen. Dieser kennt die aktuelle Rechtsprechung und weiß, welche Vorgehensweise in Ihrem Fall Erfolg hat.
Der Widerrufsjoker
Sollten Sie Ihr Fahrzeug finanziert haben, dann haben Sie neben den oben genannten Ansprüchen auch die Möglichkeit des Widerrufsjokers, also den Widerruf Ihres Autokredits. Wichtig ist jedoch in diesem Fall, dass der Kredit für das Fahrzeug noch nicht abbezahlt ist.
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im März 2020 steht nämlich fest, dass fast alle Kreditverträge, die seit dem 11.06.2010 geschlossen wurden, von den Verbrauchern widerrufen werden können (Az.: C-66/19). Grund hierfür ist, dass diese Verträge einen Kaskadenverweis enthalten. Kaskadenverweis meint, es wird auf einen Paragraphen im BGB hingewiesen, der auf einen anderen Paragraphen verweist, der wiederum auf einen weiteren Paragraphen verweist.
Finanzdienstleister können von Ihnen nicht verlangen, dass Sie eine solche Verweisstruktur im BGB verstehen bzw. durchschauen können. Die Kreditverträge widersprechen daher dem Grundsatz der Klarheit und Prägnanz, welcher seit dem 11.06.2010 in den EU-Richtlinien festgeschrieben ist.
Die Finanzierungsverträge sind somit unwirksam und können widerrufen werden. Wird das Widerrufsrecht ausgeübt, müssen Sie dann Ihr Fahrzeug zurückgeben.
Welche Ansprüche bestehen bei geleasten Fahrzeugen?
Das Landgericht Köln hat in einem Urteil entschieden, dass auch geleaste Fahrzeuge zurückgegeben werden können, sofern Sie vom Abgasskandal betroffen sind. Das Fahrzeug wird dann Zug um Zug gegen Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises zurückgegeben.
Ob auf den Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung angerechnet wird, wird von den Gerichten teilweise unterschiedlich entschieden.
Unser Kanzlei-Team vertritt Sie im Abgasskandal und setzt Ihre Interessen gegenüber Autobauer und/oder Verkäufer durch.
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