Schmerzensgeld nach Unfall: Anspruchsvoraussetzungen
Schmerzensgeld stellt einen Ausgleich für einen immateriellen Schaden – auch Nichtvermögensschaden genannt – nach z.B. einem Unfall oder Behandlungsfehler dar. Bedeutet: Ein Anspruch besteht, sofern Sie als Geschädigte bzw. Geschädigter körperliche oder seelische Beeinträchtigungen erlitten haben, die sich negativ auf Ihre Lebensqualität und/oder Lebensfreude auswirken.
Gleichzeitig erfüllt das Schmerzensgeld eine Genugtuungsfunktion: Der Schädiger soll Wiedergutmachung leisten. Wohl wissend, dass eine Wiedergutmachung bei gesundheitlichen Schäden nach einem Unfall oftmals hinfällig ist, ist die Genugtuungsfunktion hinten anzustellen – die Ausgleichsfunktion ist entscheidend.
Info am Rande: In diesem Beitrag beziehen wir uns ausschließlich auf Schmerzensgeldansprüche nach einem Verkehrsunfall.
Hinweis: Art der erlittenen Schäden
Die Art der erlittenen Schäden – ob physisch oder psychisch – spielt bei Schmerzensgeldansprüchen keine Rolle. Entscheidend ist, dass Sie nach einem Unfall mit (bleibenden) Beeinträchtigungen zu kämpfen haben.
Dabei geht der Schadensersatzanspruch mit folgenden Voraussetzungen einher:
- Der bzw. die Verletzte darf keine Schuld am Unfall treffen bzw. nur zum Teil.
- Die Verletzungen müssen eine körperliche oder seelische Wunde oder Schädigung darstellen, verursacht durch äußerliche Gewalt. Darunter fallen z.B. akute körperliche Beeinträchtigungen, chronische Folgen, Traumata, selbst Todesfälle.
Im Falle des Todes eines Unfallopfers kann den Hinterbliebenen Schmerzensgeld zustehen – das setzt allerdings gewisse Umstände voraus. So muss der Tod bspw. bei einem nahen Angehörigen selbst ein Leiden auslösen – etwa in Form eines Schockschadens. Ein besonderes Näheverhältnis zum bzw. zur Verunglückten muss dabei in der Regel nachgewiesen werden. Zudem kann ein Anspruch auf Hinterbliebenengeld bestehen – insbesondere für Eheleute und nahe Verwandte. Es kann aber auch Personen zustehen, die eine nahe Verbundenheit zum bzw. zur Verstorbenen nachweisen können.
Hinweis: Hinterbliebenengeld
Das Hinterbliebenengeld fällt, verglichen mit dem Schmerzensgeld bei Schockschaden, oftmals etwas geringer aus. Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld ist dabei für Eheleute und nahe Angehörige weitaus einfacher durchzusetzen als für nahestehende Personen. Immerhin müssen diese das besondere Verhältnis zum bzw. zur Toten erst einmal nachweisen.
Nicht immer machen sich Verletzungen oder eine psychische Belastung nach einem Unfall sofort bemerkbar. So können gewisse Schäden erst im Nachhinein auftreten. Wir raten deshalb grundsätzlich, nach einem Unfall einen Arzt aufzusuchen – allein zu Dokumentationszwecken.
Verletzungen dokumentieren: Seien Sie auf der sicheren Seite
Wollen Sie Schmerzensgeld nach einem Unfall geltend machen, sind Berichte von Arzt und/oder Krankenhaus unerlässlich. Insbesondere bei erst später auftretenden Folgen können so Zusammenhänge nachgewiesen werden. Deshalb ist ein Arztbesuch selbst dann ratsam, wenn Sie erst einmal selbst keine Verletzung ausmachen können.
Schmerzensgeldanspruch: Wie hoch fällt er aus?
Pauschal lässt sich die Schmerzensgeldhöhe nicht beziffern – sie hängt vom Einzelfall ab. Nicht zuletzt ist der Verletzungsgrad maßgeblich, sprich: die Schwere der Verletzung. Zudem entscheidend:
- die Behandlungsdauer und Dauer des Krankenhausaufenthaltes
- die Intensität der Schmerzen
- das Alter des bzw. der Verletzten
- mögliche weitere Folgen in Form von bspw. bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen und/oder anderen psychischen Problemen
In Zusammenhang mit Schmerzensgeldansprüchen finden auch immer wieder Schmerzensgeldtabellen Beachtung. Wichtig in dem Kontext ist allerdings, dass diese Tabellen lediglich Orientierungswerte liefern – nicht aber verbindliche Entschädigungssummen.
So liefert Ihnen auch die folgende Schmerzensgeldtabelle nur Anhaltspunkte für mögliche Schadensersatzansprüche nach einem Unfall.
Schmerzensgeldhöhe bei Teilschuld des Unfallopfers
Nicht immer trägt der Schädiger bei einem Unfall die alleinige Schuld am Unglück. Auch Unfallopfer trifft mitunter mindestens eine Teilschuld. Wird eine Teilschuld festgestellt, mindert das in der Regel den Schmerzensgeldanspruch. Je nach Schwere der Mitschuld kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld auch ganz entfallen.
Tragen Sie eine Teilschuld an einem Verkehrsunfall, bei dem Sie zu Schaden gekommen sind, lassen Sie sich anwaltlich beraten. Ein Fachanwalt bzw. eine Fachanwältin für Verkehrsrecht liefert Ihnen eine reelle Einschätzung zu Ihren Ansprüchen und unterstützt bei der Geltendmachung.
Schmerzensgeldrente: Voraussetzungen für lebenslange Zahlung
Üblicherweise ist Schmerzensgeld mit einer Einmalzahlung abgegolten. Unerheblich ist dabei, ob der bzw. die Geschädigte dauerhafte Schäden erlitten hat. In besonderen Fällen kann jedoch auch Anspruch auf eine Schmerzensgeldrente bestehen – anstelle einer Einmalzahlung oder aber ergänzend. Das setzt allerdings besonders schwere, bleibende Schäden voraus. Um Beispiele zu nennen: Querschnittslähmung, Amputation von Gliedmaßen, schwerwiegende Hirnschädigung.
Wichtig: Schmerzensgeldrente ist Ermessensentscheidung
Die Entscheidung darüber, ob eine Schmerzensgeldrente gezahlt wird, liegt im Ermessen des jeweiligen Richters bzw. der Richterin – mit einer Ausnahme: Der bzw. die Geschädigte lehnt eine lebenslange Rente ab.
Übrigens: Eine Schmerzensgeldrente darf nicht höher ausfallen als eine Einmalzahlung.
Schmerzensgeld und Schadensersatz: Besteht gleichzeitiger Anspruch?
Schmerzensgeld und Schadensersatz schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil: Beide Forderungen gehen oftmals miteinander einher. Immerhin entstehen bei einem Unfall auch oft materielle Schäden. Ebenso sind weitere Schadenspositionen denkbar:
- Verdienstausfall: Im Falle von Krankheit ist Ihr Arbeitgeber zu einer Lohnfortzahlung von sechs Wochen verpflichtet. Danach übernimmt in der Regel die Krankenkasse, wobei das Krankengeld lediglich 70 % des Bruttoverdienstes ausmacht. Die Differenz zwischen Netto-Gehalt und Netto-Krankengeld kann als Verdienstausfall im Rahmen von Schadensersatz geltend gemacht werden.
- Haushaltsführungsschaden: Können Sie infolge eines Unfalls Ihren Haushalt nicht oder nur bedingt führen und benötigen deshalb Unterstützung, kann auch das Schadensersatzansprüche rechtfertigen.
Wie hoch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche tatsächlich sein können, lässt sich von Laien in der Regel nicht ermitteln. Wir raten grundsätzlich zu anwaltlichem Beistand.
Verjährung von Schmerzensgeldansprüchen: Wichtige Fristen
Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz verjähren in der Regel nach drei Jahren. Wichtig dabei: Die Frist beginnt nicht automatisch mit dem Tag des Unfalls zu laufen. Grundsätzlich liegt der Fristbeginn am Ende des Jahres, in dem der Schmerzensgeld- bzw. Schadensersatzanspruch entstanden ist.
Anhand eines Beispiels wollen wir das einmal verdeutlichen:
Im Oktober 2019 wurden Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt. Vorsorglich haben Sie sich von Ihrem Arzt auf etwaige Verletzungen untersuchen lassen – ohne nennenswerten Befund. Im März 2020 bemerken Sie eine körperliche Beeinträchtigung. Ihr Arzt bestätigt Ihnen, dass diese mit dem Unfall zusammenhängt. Da sich diese Verletzung erst im darauffolgenden Jahr bemerkbar gemacht hat, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2020.
Mögliche Schadensersatzansprüche sind in dem Kontext separat zu betrachten. Da die Schäden an Ihrem Fahrzeug direkt offensichtlich bzw. spätestens mit einem zeitnahen Gutachten belegt sind, beginnt die Verjährungsfrist hier mit Ablauf des Jahres 2019. Was bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu berücksichtigen ist, erfahren Sie in unserem Ratgeber: Unfallschadensregulierung: Zügig Ausgleich schaffen.