Pedelec, S-Pedelec, E-Bike: Wo liegt der Unterschied?

Pedelec, S-Pedelec, E-Bike – auf deutschen (Rad-) Wegen sind immer mehr elektrisch betriebene bzw. unterstützende Zweiräder unterwegs. Dabei gelten für die unterschiedlichen Fahrrad-Typen nicht zwingend die gleichen Verkehrsregeln. Ehe also die rechtlichen Bestimmungen erläutert werden können, bedarf es einer klaren Unterscheidung. Die aber ist gar nicht so einfach zu treffen.

Laut Gesetz lassen sich drei unterschiedliche Fahrrad-Varianten benennen:

Ein Hinweis vorab: Der Begriff E-Bike hat sich im Alltagsgebrauch weitestgehend durchgesetzt und wird als Synonym für Pedelecs verwendet. Deshalb greifen auch wir auf diesen Begriff zurück. Nehmen wir es aber ganz genau, ist ein E-Bike mehr Mofa denn Fahrrad. Im Weiteren heben wir die Unterschiede hervor.

E-Bike: Streng genommen handelt es sich bei dem E-Bike um ein Zweirad, das auch fährt, wenn niemand in die Pedalen tritt. Dabei bringt es max. 20 km/h aufs Tacho. Dementsprechend wäre der zutreffendere Begriff hierfür “Mofa”. Immerhin ist für das Führen eines E-Bikes ein Mindestalter von 15 Jahren vorgesehen sowie mindestens eine Mofaprüfbescheinigung. Zudem ist dieser Zweiradtyp zulassungspflichtig. Eine Helmpflicht besteht indes nicht.

Pedelec: Pedelecs bringen mithilfe eines elektrischen Antriebs bis zu 25 km/h aufs Tacho. Der Gesetzgeber behandelt diesen Zweiradtyp als Fahrrad. Ausschlaggebend dafür ist nicht zuletzt, dass es eine Tretunterstützung durch den Fahrer braucht. Ist die Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h erreicht, schaltet sich der elektrische Antrieb ab.

S-Pedelec: S-Pedelecs bedürfen einer Fahrerlaubnis der Klasse AM und ein Mindestalter von 16 Jahren. Die Zweiräder sind mit Mopeds gleichzusetzen. Dementsprechend werden für die Teilnahme am Straßenverkehr Versicherung und Kennzeichen benötigt. Das ist vor allem der Antriebsunterstützung bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h geschuldet. Die “schnellen Pedelecs” verfügen über eine Motorleistung bis 450 Watt.

Wichtig: S-Pedelecs nur auf Straße und mit Helm
S-Pedelecs dürfen nur auf der Straße fahren. Rad-, Radschnellwege oder gar Gehwege sind tabu. Auch Einbahnstraßen dürfen in der Regel nur in Fahrtrichtung genutzt werden. Ausnahme: Radwege sind gezielt für S-Pedelecs freigegeben. Achten Sie auf entsprechende Hinweise.

Pedelec-Unfälle nehmen zu

E-Bikes erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das führt unweigerlich dazu, dass die Unfallzahlen steigen. Die Statistik zeigt: Seit 2014 ist die Zahl der Unfälle, an denen Pedelecs beteiligt waren, drastisch gestiegen – 2014 registrierte die Polizei 2.245 Unfälle, 2021 waren es etwa 17.285. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Jahresanstieg von rund 1.880 Unglücksfällen.

Hinweis: Schwere nimmt ebenfalls zu
Nicht nur die Fallzahlen steigen. Oft waren die Unglücke verglichen mit unmotorisierten Fahrrädern auch schwerwiegender. Experten sehen den Grund im höheren Alter der Pedelec-Fahrer.

Doch sind auch jüngere Menschen vor (schweren) Unfällen nicht gefeit. Jeder vierte verunglückte Pedelec-Fahrer ist unter 45 Jahre alt. Zum Vergleich: 2014 war lediglich jeder neunte E-Biker unter 45 Jahre in einen Unfall verwickelt.

Bei Unfällen mit nicht motorisierten Fahrrädern ist währenddessen eine Gegenentwicklung zu beobachten. Im Zeitraum zwischen 2014 und 2021 nahmen die Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sind, um knapp 9.000 ab. Dabei ist von einer weitaus höheren Dunkelziffer auszugehen – immerhin handelt es sich lediglich um von der Polizei registrierte Unfälle.

Straßenverkehrsordnung: Das gilt für E-Bikes

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) legt für sämtliche Verkehrsteilnehmer – ob Fußgänger, Radler oder Autofahrer – Vorschriften fest. Wer mit dem E-Bike unterwegs ist, hat dabei die für Radfahrer geltenden Regelungen zu beachten, Fahrer von S-Pedelecs die für Kraftfahrzeuge geltenden Verkehrsregeln.

Verstöße gegen die StVO werden mit Bußgeldern geahndet, können Punkte in Flensburg sowie ein Fahrverbot oder Führerscheinentzug nach sich ziehen. Die Konsequenzen orientieren sich an der Schwere des Vergehens.

Bei Fahrradverstößen sieht der Bußgeldkatalog folgende Bußgelder vor:

Diese Konsequenzen drohen bei Verstößen mit dem S-Pedelec:

Weitere Verkehrsverstöße mit dem S-Pedelec wie beispielsweise Rotlichtverstöße werden bezugnehmend auf Bußgeldhöhe und weiterer Strafen ähnlich geahndet wie Verstöße mit einem PKW. Das ist darauf zurückzuführen, dass S-Pedelecs Kraftfahrzeugen zuzuordnen sind.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, kann sich ein Einspruch lohnen. In unserem Ratgeber Einspruch gegen Bußgeldbescheid stellen wir Ihnen alle wichtigen Informationen zur Verfügung.

Mit dem Pedelec unterwegs: Was ist zu beachten?

Neben den allgemeingültigen Verhaltensregeln im Verkehr, muss natürlich auch das E-Bike selbst verkehrstauglich sein. Unabhängig vom Fahrradtyp setzt die Verkehrstauglichkeit folgende Standardausstattung voraus:

  • eine helltönende Klingel
  • zwei voneinander unabhängig wirkende Bremsen (Vorder- und Hinterradbremse)
  • Fahrradbeleuchtung, die Sichtbarkeit unabhängig von Tages- oder Nachtzeit sicherstellt
  • weiße bzw. rote Reflektoren
  • gelbe Reflektoren an den Pedalen
  • seitliche Reflektoren

Unfall mit dem E-Bike oder S-Pedelec: Wer haftet?

Fakt ist: Unfälle mit motorisierten Fahrrädern nehmen drastisch zu. Beim Thema Haftung kommen in diesem Kontext unterschiedliche Fragen auf:

Wird im Falle eines Unfalls zwischen E-Bike und normalem Rad unterschieden?

Dem Pedelec selbst wird in der Regel erst einmal keine erhöhte Unfallgefahr zugeschrieben. Daraus ergeben sich dementsprechend auch keine haftungsrechtlichen Unterschiede. Kommt es zu einem Unfall zwischen einem E-Bike-Fahrer und einem Radfahrer bzw. Fußgänger, muss im Einzelfall geprüft werden, wer den Unfall verschuldet hat.

Hinweis: Unterschied Unfall mit dem Auto
Autofahrer tragen bei einem Unfall mit einem Rad- bzw. E-Bike-Fahrer oder Fußgänger in der Regel immer eine Teilschuld. Das ist auf die Betriebsgefahr beim Auto zurückzuführen. Die wird bei Pedelecs und E-Bikes nicht vorausgesetzt.

Welche Versicherung übernimmt entstandene Schäden?

E-Bikes ohne Tretunterstützung und S-Pedelecs sind als Kraftfahrzeuge zu bewerten, nicht als Fahrräder. Deshalb ist für diese beiden Zweiradtypen eine Kfz-Haftpflichtversicherung abzuschließen, um im Straßenverkehr entsprechend abgesichert zu sein.

Pedelecs mit Tretunterstützung bis 25 km/h sind in der Regel mit der Privat-Haftpflichtversicherung abgedeckt. Dennoch: Prüfen Sie sicherheitshalber, ob Ihre private Haftpflichtversicherung im Schadensfall greift.

Wichtig: Fehlender Versicherungsschutz
Ist kein Versicherungsschutz durch eine private Haftpflicht- oder eine Kfz-Versicherung gewährleistet, haftet der Unfallverursacher mit seinem eigenen Vermögen. Vor allem bei Personenschäden können die Kosten aufgrund eventueller Schmerzensgeldansprüche enorm hoch ausfallen.

Welche Ansprüche ergeben sich aus einem Unfall mit E-Bike für Geschädigte?

Ob mit einem Pkw, Fahrrad oder Pedelec – kommt es zu einem Unfall, gilt grundsätzlich: Der Verursacher ist in der Regel in der Pflicht, entstandene Schäden zu regulieren. Dabei sind immaterielle und materielle Schäden zu differenzieren. Bei materiellen Schäden kann ein Sachverständigengutachten für Klarheit sorgen – es belegt die genaue Schadenshöhe am E-Bike. Daneben können auch Kosten für beschädigte Kleidung, Fahrradhelm etc. geltend gemacht werden.

Bei immateriellen Schäden kommt Schmerzensgeld in Betracht. Die Höhe bemisst sich dabei an der Schwere möglicher Verletzungen nach einem Unfall. Entscheidend sind hierbei vor allem die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes sowie Heilbehandlungen im Nachhinein. Insbesondere bei langanhaltenden bzw. dauerhaften Beeinträchtigungen sind hohe Schmerzensgeldansprüche nicht auszuschließen.

Wann sollte ein Anwalt hinzugezogen werden?

Ist eine Person bei einem Unfall zu Schaden gekommen, ist es grundsätzlich ratsam, einen Anwalt zwecks Schadensregulierung zu kontaktieren. Dabei ist es unerheblich, ob Sie die Haupt- oder eine Teilschuld tragen, oder ob Sie unverschuldet in den Unfall verwickelt und geschädigt wurden. Trifft Sie mindestens eine Teilschuld, kann das bei einem Personenschaden auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Hinweis: Anwalt auch bei ausschließlich materiellen Schäden ratsam
Auch bei materiellen Schäden kann anwaltliche Unterstützung vonnöten sein. Insbesondere dann, wenn der Sachschaden nicht unerheblich ausfällt.

Auch wichtig für Sie zu wissen ist, dass die Kosten für einen Rechtsanwalt grundsätzlich vom Unfallverursacher getragen werden müssen. Steht auf der Gegenseite eine Versicherung, wird diese versuchen, den Schaden möglichst gering zu halten. Damit der Ihnen entstandene Schaden vollumfänglich reguliert wird, ist es für Sie umso wichtiger, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht an der Seite zu haben.

Verkehrsverstöße und Unfälle mit dem E-Bike: Urteile

Das vermehrte Aufkommen motorisierter Zweiräder erfordert bei zunehmenden Verkehrsverstößen sowie Unfällen eine einheitliche Rechtsprechung. Ein zentraler Streitpunkt dabei ist vor allem das Thema Alkohol auf dem Sattel. Die geltende Promillegrenze sorgt oft für Zündstoff. Wann ist die Grenze der Fahruntüchtigkeit von Pedelec-Fahrern erreicht?

Hinweis: Ähnliche Diskussion bei E-Scootern
Auch E-Scooter erhitzen vor dem Hintergrund von Alkoholgenuss die Gemüter. Die Tatsache, dass die Roller ohne Zutun der Fahrer vorankommen, veranlasst die Richter dazu, die für Autofahrer geltenden Promillegrenzen heranzuziehen und die Gefährte als Kraftfahrzeug einzustufen.

Doch mehren sich nicht nur Unfälle mit alkoholisierten E-Bikern. Wie bereits erwähnt, ist grundsätzlich eine zunehmende Anzahl an Unfällen zu verzeichnen. Für Gerichte ergeben sich daraus mitunter ganz neue Herausforderungen. Vor allem vor dem Hintergrund der nicht enden wollenden Diskussion darüber, ob Pedelecs als Kraftfahrzeuge oder Fahrräder zu bewerten sind.

Wir haben für Sie beispielhaft zwei Urteile nach Unfällen, an denen Pedelec-Fahrer beteiligt waren, unter die Lupe genommen.

Ein Pedelec-Fahrer war mit 1,59 Promille in einen Unfall verwickelt. Der Fall landete aufgrund des nicht unerheblichen Promillewertes als Strafsache vor Gericht. Dass der Alkoholkonsum des Radlers aber dazu führte, dass er außerstande war, sein Pedelec zu fahren, konnte nicht belegt werden. Die Vorinstanzen – das Amtsgericht Staufen und das Landgericht Freiburg – zeigten sich gnädig und entschieden, dass Pedelecs nicht als Kraftfahrzeug einzustufen seien, weshalb die für Radfahrer geltenden Promillegrenzen von 1,6 Promille maßgeblich seien. Die Staatsanwaltschaft aber legte Revision ein.

Das OLG wiederum schloss sich den Vorinstanzen mit der Begründung an, dass neben der Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,3 auch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hätten nachgewiesen werden müssen.

Aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit bis 25 km/h seien Pedelecs zudem nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen. Dementsprechend liege auch keine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG) vor.

  • Landgericht (LG) Bonn vom 18.12.2020 (1 O 334/18, Zivilrecht):

Zwischen Pkw und Pedelec ist es zu einem Zusammenstoß gekommen – mit tödlichem Ausgang für den 78-jährigen Pedelec-Fahrer. Dem Pkw-Fahrer war keine Schuld an dem Unglück nachzuweisen, weshalb es als zivilrechtliche Sache eingestuft wurde. Dennoch musste das Gericht die Betriebsgefahr des Pkw – diese ist Ursache dafür, dass Autofahrer an Unfällen in der Regel mindestens eine Teilschuld tragen – gegen das Fehlverhalten und damit das Verschulden des Pedelecs-Fahrers abwägen. Das LG Bonn entschied zugunsten des Autofahrers und sah bei ihm nur eine geringe Teilschuld von 20 %. Die Betriebsgefahr entfiel, da sich der Autofahrer wie ein sog. Idealfahrer verhalten hat. Bedeutet: Der Pkw-Fahrer hat im Straßenverkehr äußerste Umsicht bewiesen und hätte den Unfall keinesfalls verhindern können.