Wartezeiten in der Rechtsschutzversicherung: Grundsätzliche Regelungen

Stehen Sie vor einer Erbauseinandersetzung, haben Sie Streit mit Ihren Nachbarn oder hält sich Ihr Arbeitgeber nicht an die gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen, so kann es sich lohnen, wenn Sie einen spezialisierten Rechtsanwalt einschalten. Dieser vertritt Ihre Interessen und geht bei Bedarf auch vor Gericht. Die damit verbundenen Anwaltskosten sind im Optimalfall Gegenstand Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Diese soll für den Notfall sicherstellen, dass Sie ohne finanzielle Sorge die fachliche Unterstützung in Anspruch nehmen können, die Ihnen zu Ihrem Recht verhilft. Allerdings prüft eine Rechtsschutzversicherung jeden Leistungsfall akribisch – und zwar in folgenden Punkten:

  • Wann wurde die Ursache für den Streit gelegt?
  • Welcher Rechtsschutzbereich ist betroffen?
  • Gilt hier eine vertraglich vereinbarte Wartezeit?

Erfüllen Sie Vorgaben so erhalten Sie wahrscheinlich die Deckungszusage von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Andernfalls müssen Sie davon ausgehen, dass  Rechtsschutzversicherung nicht zahlt. Es kann also vorkommen, dass Ihr Rechtsschutzvertrag Sie im konkreten Fall nicht schützt. Ein wichtiger Streitpunkt ist zum Beispiel die Wartezeit, die die meisten Versicherer für Leistungsfälle vorsehen.

Was bedeutet Wartezeit in einer Rechtsschutzversicherung?

Als Wartezeit verstehen die Versicherer den Zeitraum ab Vertragsbeginn, in dem Sie trotz Prämienzahlung noch keinen Schutz genießen – also auch keine in dieser Zeit entstehenden Streitigkeiten als Leistungsfälle einreichen können.

Beispiel: Schadenfalls muss sich nach der Wartezeit ereignen

Sie erhalten eine Abmahnung von Ihrem Arbeitgeber und sind der Meinung, dass diese nicht gerechtfertigt ist. Um Sicherheit zu haben wollen Sie einen Rechtsanwalt mit der Klärung des Sachverhaltes beauftragen. Sie suchen Ihren Versicherungsfachmann auf und wollen für diesen Fall eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Dieser erklärt Ihnen jedoch, dass es zu spät sei – wegen der dreimonatigen Wartezeit, die zunächst einzuhalten wäre.

Sie müssen einen Rechtsschutzvertrag rechtzeitig vor Begründung oder Ursache eines Schadenfalls abschließen. Der Versicherungsschutz tritt in den meisten Rechtsschutzbereichen erst nach Ablauf der Wartezeiten in Kraft. Doch auch hier gibt es Ausnahmen.

Tipp: Sinnvollen Rechtsschutz frühzeitig besorgen

Eine Rechtsschutzversicherung ist modulartig aufgebaut und lässt sich auf Ihren Bedarf zuschneiden. Wägen Sie den Versicherungsumfang genau ab und schließen Sie den Vertrag als Vorsorge ab.

In welchen Bereichen gilt eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit und wo nicht?

Die Wartezeiten können sehr unterschiedlich ausfallen, die Bandbreite reicht von null bis 36 Monaten. Auch innerhalb eines Vertrages gelten demnach für die verschiedenen Rechtsschutzgebiete, die in den Versicherungsschutz fallen, separate Wartezeiten-Regelungen. Ganz unabhängig davon gehen die Versicherungsgesellschaft hier jedoch eigene Wege, die Versicherungsbedingungen können also gravierend voneinander abweichen.

Meist greift der Rechtsschutz im Verkehrsbereich sofort, beim Miet- oder Arbeitsrecht hingegen haben Sie in der Regel eine Wartezeit von drei Monaten zu berücksichtigen. Die folgende Übersicht gilt daher nur als Beispiel:

Tipp: Prüfen Sie Angebote und Verträge in puncto Bedingungen

Da es keine einheitlichen Regelungen beim Thema Wartezeiten gibt, sollten Sie unbedingt auf die jeweiligen Versicherungsbedingungen achten. Ein Spezialist kann Ihnen dazu fundiert Auskunft geben.

Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit bei Versichererwechsel

In einigen Fällen können Sie die Wartezeiten umgehen – das ist jedoch die Ausnahme. Wenn Sie beispielsweise Ihre Rechtsschutzversicherung kündigen, um zu einem anderen Anbieter zu wechseln, kann dieser die Wartezeiten erlassen. Die Voraussetzungen sind:

  • Die beiden Verträge gehen nahtlos ineinander über.
  • Der neue Vertrag umfasst denselben Versicherungsumfang wie der alte.

Mit diesem Entgegenkommen wird der Versicherungswechsel im Bereich Rechtsschutz deutlich erleichtert.

Tipp: Vor Vertragsabschluss bestätigen lassen

Achten Sie beim Wechsel Ihrer Rechtsschutzversicherung darauf, dass Ihnen die Wartezeiten beim neuen Versicherer wirklich erlassen werden.

Ausnahme: Die reguläre Rechtschutzversicherung ohne Wartezeit

Die meisten Rechtsschutzversicherer nutzen die Wartezeiten, um die Wahrscheinlichkeit von Leistungsfällen nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Besteht die Möglichkeit, eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit abzuschließen, könnten Sie den Abschluss solange hinauszögern, bis ein Leistungsfall ansteht. Den Versicherungsgesellschaften würden Beitragseinnahmen entgehen.

Die Rechtsschutzversicherung ist aber als Risikovorsorge für den Ernstfall gedacht: Sie zahlen über Jahre ein, um dann auch Anspruch auf die Erstattung Ihrer Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zu haben. Fallen diese Regeln weg, würde sich das Verhältnis von Beitrags- und Leistungsaufkommen verändern – die Beiträge müssten zwangsläufig für alle Versicherten steigen.

Und doch gibt es derzeit einen Versicherer, der in den Rechtsschutzbereichen beim Mietrecht und beim Verkehrsrecht auf die Wartezeiten verzichtet. So ist es bei übrigen Bereichen wie beispielsweise bei einer Arbeitsrechtsschutzversicherung sinnvoll sein, diese rechtzeitig im voraus abzuschließen.

Welche Bedingungen gelten bei einer Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit?

Verzichtet die Rechtsschutzversicherung auf die Wartezeit, können Sie die Leistungen also sofort in Anspruch nehmen, so gelten dafür jedoch strenge Regeln. So weicht der Versicherungsumfang von dem üblicher Rechtsschutzversicherungen in diesem Bereich ab.

Darüber hinaus müssen Sie vor Abschluss beim Versicherer anfragen und Ihren konkreten Leistungsfall schildern. Die Konditionen werden dann in Abhängigkeit von der zu erwartenden Schadenhöhe festgelegt – es gibt also keine einheitlichen Tarife.

Kann eine Rechtschutzversicherung ohne Wartezeit und / oder rückwirkend abgeschlossen werden?

Eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit und auch noch rückwirkend abzuschließen ist aktuell nur bei bestimmten Versicherern im Bereich Miet- und Verkehrsrecht möglich. Im Mietrecht können Sie für bis zu zwölf Monate rückwirkend einen Vertrag abschließen, im Verkehrsrecht lässt sich der Vertragsbeginn immerhin um drei Monate nach hinten verschieben. Aber auch dieses Entgegenkommen lässt sich der Rechtsschutzversicherer bezahlen.

Wann lohnt sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit?

Haben Sie für sich die Frage “Lohnt sich eine Rechtschutzversicherung?” positiv beantwortet, stellt sich als nächstes die Frage, ob Sie auf die Wartezeit verzichten wollen. Natürlich klingt es verlockend, noch Rechtsschutz zu erhalten, wenn sich bereits ein Leistungsfall abzeichnet. In welcher Höhe letztendlich die Rechtsanwaltskosten ausfallen werden und ob das ganze Verfahren nicht doch noch vor Gericht ausgetragen werden muss, lässt sich meist nicht gleich überblicken. Umso beruhigender ist dann das Gefühl, dass ein Rechtsschutzversicherer bereitsteht.

Allerdings wägt die Rechtsschutzversicherung ihr Risiko auch genau ab: Er wird einen im Vergleich zum regulären Rechtsschutz-Tarif deutlich höheren Preis verlangen, Leistungen begrenzen und natürlich auch mit Selbstbeteiligungen arbeiten. Unter dem Strich wird er nichts verschenken, davon können Sie bei Ihrer Entscheidung ausgehen. Auf der anderen Seite werden Ihre Kosten kalkulierbar, was für viele Menschen ausgesprochen wichtig ist.

Tipp: Prüfen Sie Preise und Leistungen

Um eine sinnvolle Entscheidung treffen zu können, sollten Sie einen Fachmann konsultieren. Wann eine Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit sinnvoll ist, muss immer im Einzelfall entschieden werden.

Alternativen zur Rechtsschutzversicherung ohne Wartezeit

Statt eine Rechtschutzversicherung ohne Wartezeit abzuschließen, können Sie eine Versicherung wählen, bei der der Versicherer auf Einrede wegen Vorvertraglichkeit verzichtet. Was das bedeutet, soll ein Beispiel erläutern:

Sie haben vor fünf Jahren eine BU-Versicherung abgeschlossen, vor zwei Jahren eine private Rechtsschutzversicherung. Im letzten Jahr wollen Sie die BU-Versicherung wegen einer dauerhaften Erkrankung in Anspruch nehmen. Der BU-Versicherer verweigert die Leistung, weil Sie im damaligen Antrag einige Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet hätten. Sie wollen dagegen vorgehen und fragen bei Ihrer Rechtsschutzversicherung an. Die reagiert in Abhängigkeit von den Bedingungen so:

  • ohne Verzicht auf Einrede wegen Vorvertraglichkeit:

Sie lehnt ab, weil der als Leistungsfall gewertete Verstoß vor Vertragsabschluss stattfand – nämlich bei Beantragung der BU-Versicherung.

  • mit Verzicht auf Einrede wegen Vorvertraglichkeit:

Sie tritt in den Leistungsfall ein und wird Sie finanziell unterstützen.

Diese Leistungsverbesserung wird zwischenzeitlich von einigen Rechtsschutzversicherern angeboten. Auch hier gibt es jedoch Unterschiede: Einige Anbieter begrenzen die Erweiterung auf einige Rechtsschutzgebiete, einzelne haben ihre Bedingungen grundsätzlich verbessert.