Seit 2015 gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn. Der ist aber noch lange nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union etabliert. Deshalb haben sich das EU-Parlament und die Länder Anfang Juni auf eine neue Mindestlohnrichtlinie geeinigt. Welche Auswirkungen hat das auf das deutsche Arbeitsrecht?

Einheitliches Verfahren zur Festlegung von Mindestlöhnen

Sinn und Zweck der neuen Richtlinie ist die Schaffung eines einheitlichen Rahmens zur Ermittlung und Durchsetzung von Mindestlöhnen. Inhaltlicher Schwerpunkt der Regelung ist dabei deren regelmäßige Anpassung. Die verläuft in einigen Mitgliedstaaten eher schleppend bis gar nicht. In Zukunft sollen sich die Gehälter alle zwei Jahre an die Preisentwicklung der EU-Länder anpassen, um einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände müssen zudem an den Anpassungsverfahren beteiligt werden.

Die für die Ermittlung und Anpassung von Mindestlöhnen maßgeblichen Kriterien sollen laut Richtlinie stabil und klar sein. Beispiele hierfür sind:

  • Kaufkraft
  • Lohnverteilung
  • Lohnniveau
  • Wachstumsrate der Durchschnittslöhne
    und
  • Nationale Produktivität

Ein europaweit einheitlicher Mindestlohn ist dagegen nicht vorgesehen. Die Mitgliedstaaten sollen und müssen wegen ihrer unterschiedlichen Arbeitsmarktmodelle und Lohnniveaus unterschiedliche Mindestlöhne festsetzen.

Höhere Tarifbindung angestrebt

Neben einem gesetzlichen Mindestlohn nutzen einige europäische Staaten Tarifverträge, um die Bezahlung fair zu gestalten. Daher zielt die Richtlinie auch auf eine höhere Tarifbindung in den Mitgliedstaaten ab. Mindestens 80% aller Arbeitnehmer:innen sollen auf Grundlage eines Tarifvertrages beschäftigt sein.

Länder, die diese Quote verfehlen, müssen einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen zu erstellen und durchsetzen. Überwacht wird das Ganze dann von der Europäischen Kommission.

Hinweis: Regelmäßige Berichterstattung an die Kommission
Die EU-Länder müssen die Kommission in regelmäßigen Abständen über die Quote der tarifvertraglichen Abdeckung, das Niveau der Mindestlöhne und den Anteil an fair bezahlten Arbeitnehmer:innen informieren.

Deutschland braucht mehr Tarifverträge

Ab Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben aus Brüssel umzusetzen. Während die Ermittlung und regelmäßige Anpassung des Mindestlohns in Deutschland die Anforderungen der Richtlinie schon jetzt erfüllt, sieht es bei der Tarifbindung eher schlecht aus. Denn die geht seit Jahren zurück.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind bundesweit lediglich 43% aller Arbeitnehmer:innen tariflich angestellt. Im Westen liegt die Quote etwas höher als in Ostdeutschland. Wie die Bundesregierung den Tarifvertrag für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen wieder attraktiver machen möchte, bleibt abzuwarten.

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