Immer mehr Menschen arbeiten im Homeoffice. Dadurch steigt jedoch auch die Gefahr, dass sich Arbeitnehmer*innen innerhalb ihrer eigenen vier Wände während der Arbeitszeit verletzten. Das Bundessozialgericht musste jetzt entscheiden, ob der Sturz vom Bett ins Homeoffice als Arbeitsunfall zählt oder nicht.

Arbeitnehmer stürzt auf dem Weg zum Schreibtisch

Nur weil der Arbeitsweg kurz ist, heißt das nicht, dass er ungefährlich ist. Das musste auch ein Gebietsverkaufsleiter aus Aachen feststellen, der für ein großes Handelsunternehmen arbeitet. Auf dem Weg von seinem Schlafzimmer ins häusliche Arbeitszimmer rutschte er an einer Wendeltreppe aus und brach sich einen Brustwirbel.

Als er die Behandlungskosten an seine Berufsgenossenschaft weiterleitete, lehnte diese eine Zahlung jedoch ab. Der Unfallversicherungsschutz greife erst ab Betreten des Arbeitszimmers. Alles, was sich davor ereigne, liege in der privaten Risikosphäre des Beschäftigten. Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen diese Behauptung mit einer Klage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Hinweis: Unfallzahlen sind 2020 gesunken
Homeoffice scheint sich positiv auf die Unfallstatistik auszuwirken. Die Gesetzliche Unfallversicherung meldete 2020 einen Rückgang der Unfallzahlen von 13,7% im Vergleich zum Vorjahr.

Weg muss im Interesse der Arbeitgeber*innen sein

Der Fall ging durch alle Instanzen bis zum Bundessozialgericht. Das entschied zugunsten des Arbeitnehmers. Ein Betriebsweg könne ausnahmsweise auch innerhalb der Wohnung von Arbeitnehmer*innen angenommen werden, so die Richter*innen. Dafür entscheidend sei die Frage, ob der Weg im Interesse des Unternehmens zurückgelegt werde und deshalb im Zusammenhang mit der Arbeit stehe.

Das sei vorliegend der Fall gewesen. Denn der Unfall ereignete sich, als der Kläger morgens auf dem Weg zu seinem Schreibtisch war, um seine Arbeit aufzunehmen. Dass Arbeitnehmer*innen sich auf dem Weg zum Arbeitsplatz machen, damit sie auch tatsächlich arbeiten können, liege unzweifelhaft im Interesse der Arbeitgeber*innen. Somit sei der Weg vom Schlaf- ins Arbeitszimmer als Betriebsweg zu qualifizieren.

Gleichstellung im Homeoffice

Unterstützt wird die Rechtsprechung des BSG zudem durch eine relativ neue Vorschrift im siebten Sozialgesetzbuch. Dort heißt es in §8 Abs. 1 Satz 3: „Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.”

Der Gesetzgeber hat hier also die Gleichstellung von Arbeitnehmer*innen im Homeoffice und Beschäftigten im Betrieb extra normiert. Arbeitnehmer*innen sollen eben überall da geschützt werden, wo sie arbeiten.

Quellen: