Werdende Mütter sind durch diverse Arbeitsgesetze besonders geschützt. Um den arbeitsrechtlichen Beginn der Schwangerschaft zu ermitteln, nutzen Gerichte seit langem eine bestimmte Formel des Bundesarbeitsgerichts. Die hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg jedoch vor kurzem modifiziert und den Schwangerschaftsbeginn nach hinten verlagert. Was bedeutet das für Arbeitnehmerinnen?

Schwangerschaftsbeginn: 266 oder 280 Tage vor der Geburt?

Fast alle Regelungen des Mutterschutzes stellen auf den Beginn einer Schwangerschaft bzw. auf die Befruchtung der Eizelle ab. Im Streitfall ist es daher wichtig zu wissen, wann genau die betroffene Mitarbeiterin schwanger war. Um den Zeitpunkt der Empfängnis zu bestimmen, rechnete das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der Vergangenheit 280 Tage vom ermittelten Geburtstermin zurück.

Das decke sich jedoch nicht mit typischen Schwangerschaftsverläufen, meint das LAG Baden-Württemberg in einem Urteil. „Die Befruchtung der Eizelle erfolge durchschnittlich (…) erst am 12. oder 13. Zyklustag, weshalb nur eine Rückrechnung vom voraussichtlichen Entbindungstag um 266 Tage stattfinden könne“, begründete das LAG seine Entscheidung. Schon das erstinstanzliche Arbeitsgericht rebellierte gegen die Berechnungsmethode des BAG.

Hinweis: Covid-19 besondere Gesundheitsgefahr für Schwangere
Das Coronavirus gehört offiziell zur Risikogruppe 3 der Biostoffverordnung. Deshalb gilt für Schwangere ein Beschäftigungsverbot in Betrieben, in denen eine Ansteckung wahrscheinlich ist.

Mutterschutz darf nicht zu weit ausgedehnt werden

Der größte Kritikpunkt beider Gerichte war eine Überdehnung des Mutterschutzes auf nicht-schwangere Arbeitnehmerinnen. Der Beginn einer Schwangerschaft würde nach der Methode des BAG nämlich auf einen Zeitpunkt vorverlagert, in dem sie eigentlich so gut wie ausgeschlossen sei. Das sei nicht mehr mit dem Sinn und Zweck des Mutterschutzgesetzes vereinbar.

Das Bundesarbeitsgericht erkennt diese Schwachstelle zwar selber, argumentiert jedoch gleichzeitig, dass es sich bei den Berechnungen immer um Wahrscheinlichkeiten handle. Um einen effektiven Mutterschutz gewährleisten zu können, müsse man deshalb auch unwahrscheinliche Szenarien bedenken und den Empfängniszeitraum größtmöglich ausgestalten.

Die Arbeitnehmerin, die diese Diskussion mit ihrem Vorgehen gegen ihre Kündigung angestoßen hat, hat jetzt die Möglichkeit, Revision gegen das Urteil des LAG einzulegen. Ob Deutschlands höchste Arbeitsrichter:innen von ihrer bisherigen Position abweichen, bleibt fraglich. Die Chancen für die Mutter stehen also ganz gut.

Muss der Arbeitgeber überhaupt von einer Schwangerschaft erfahren?

Wer Angst vor Problemen oder Stigmatisierung hat, darf seine Schwangerschaft vor seinem Arbeitgeber verheimlichen. Da es aber gerade in den Wochen vor und nach der Entbindung diverse Schutzvorschriften zu beachten gilt, haben werdende Mütter in aller Regel ein Interesse daran, ihren Arbeitgeber über den Familienzuwachs zu informieren.

Selbiges gilt übrigens auch für den Geburtstermin. Wer ihn geheim halten möchte, kann das zunächst tun. Doch spätestens beim Thema Beschäftigungsverbot oder Mutterschutzlohn muss der Arbeitgeber wissen, was Sache ist. Hierfür ist es wichtig, dass neben dem errechneten Termin auch der tatsächliche Tag der Entbindung angegeben wird.

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