Wer 24 Stunden am Tag arbeitet, soll diese Zeit auch vergütet bekommen. Was sich zunächst offensichtlich anhört, musste sich eine Pflegekraft aus Bulgarien vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hart erkämpfen. Ihre Vollzeitbetreuung war ihrem Arbeitgeber nämlich nur 30 Wochenstunden Wert.
Pflegerin arbeitet mehr als im Arbeitsvertrag geregelt
Im Januar 2014 vermittelte eine deutsche Agentur die Klägerin an eine 96-jährige Dame. Obwohl die Agentur nach außen hin mit einer „24-Stunden-Betreuung” warb, wurde im Arbeitsvertrag eine Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche festgehalten.
Zum Aufgabenfeld der Arbeitnehmerin gehörten u.a. Hilfestellungen beim Essen, der Körperpflege und der Haushaltsführung. Der Arbeitsvertrag sah außerdem vor, dass die Pflegerin in der Wohnung ihrer Patientin wohnen und übernachten sollte.
Um ihr Arbeitspensum erfüllen zu können, arbeitete die Pflegerin nach eigenen Angaben regelmäßig von 6:00 Uhr bis 22 bzw. 23:00 Uhr und musste während der restlichen Zeit in Bereitschaft bleiben. Aus diesem Grund forderte sie von ihrem Arbeitgeber die Vergütung ihrer zusätzlich geleisteten Stunden.
Hinweis: Mindestlohn in der Pflegebranche
Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es auch Branchenmindestlöhne. In der Pflege richtet er sich nach der Art der Tätigkeit und dem Ausbildungsgrad der Pflegekraft. Für Pflegefachkräfte liegt er seit dem ersten September 2022 bei 17,10 EUR pro Stunde.
Arbeitgeber verweigert zusätzlichen Lohn
Der verwies jedoch auf ihren Arbeitsvertrag. Darin sei ganz klar nur eine 30-Stunden-Woche festgehalten. Ebenfalls vereinbart wurde ein Verzicht auf Überstunden. Zudem sei eine 24-Stunden-Betreuung weder vereinbart noch notwendig gewesen. Nur weil die Klägerin eigenmächtig mehr gearbeitet habe, dürfe sie noch lange keinen zusätzlichen Lohn verlangen.
LAG: Tatsächliche Arbeitszeit muss bezahlt werden
Die Pflegerin zog vor Gericht und gewann vor dem LAG. Die Berliner Richter:innen bestätigten der Pflegekraft eine tägliche Arbeitszeit von 21 Stunden und verurteilten den Arbeitgeber zur Zahlung des noch fälligen Lohns. 30 Wochenstunden seien für die versprochene Arbeitsleistung mehr als unrealistisch, heißt es in der Urteilsbegründung.
Der Bulgarin wurde sogar mehrmals klargemacht, dass die Pflege der Seniorin – anders als im Arbeitsvertrag behauptet – ein „24-Stunden-Job” sei. Sich dennoch auf die vereinbarten 30 Wochenstunden im Arbeitsvertrag zu berufen, sei treuwidrig. So schätzte das Gericht, dass der Klägerin nur ca. 3 Stunden pro Tag zur freien Nutzung zur Verfügung standen.
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