Eine gute Nachricht für Dieselkunden: Nicht nur VW als Hersteller der Motoren muss seine Kund*innen entschädigen, sondern auch Unternehmen, die diese manipulierten Motoren in ihre Fahrzeuge einbauen ließen. Das hat das OLG München entschieden.
Geklagt hatte ein Audi Q5-Besitzer, der nach Bekanntwerden des Dieselskandals Entschädigung forderte. Das Besondere an diesem Fall ist, dass sich die Klage nicht gegen den Hersteller des Motors VW richtet, sondern gegen Audi als Hersteller des Fahrzeugs, in das der Motor lediglich eingebaut ist. Die Richter*innen mussten also entscheiden, ob Audi sich durch sein Verhalten in Bezug auf die VW-Motoren etwas hat zuschulden kommen lassen.
Audi soll wegen eines fehlerhaften VW-Motors zahlen
Audi selbst ist sich keiner Schuld bewusst: Das Unternehmen führt an, dass es den Motor, wie viele andere Fahrzeugteile auch, nicht selbst hergestellt hat. Man habe zurecht auf die Mangelfreiheit des Motors vertrauen dürfen. Insbesondere sei man nicht dazu verpflichtet gewesen, ohne Anhaltspunkte aufwendige Tests durchzuführen, die den Fehler sowieso nicht erkannt hätten.
Audi auch nur ein “Abgas-Opfer”?
Audi argumentierte, selbst wenn eine solche Pflicht bestanden hätte, hätte es für den Konzern keine Möglichkeit gegeben, dieser Pflicht nachzukommen. Denn die Software der Motoren sei von VW unter Verschluss gehalten worden. Audi sei lediglich dazu in der Lage gewesen, die Software von VW-Servern herunterzuladen, hatte ansonsten aber keinerlei Zugriffsmöglichkeit. Auch das gesamte Genehmigungsverfahren beim Kraftfahrt-Bundesamt lief über die Konzernmutter VW.
Hinweis: Auch andere Hersteller betroffen
Neben dem Audi Q5 sind auch weitere Modelle vieler verschiedener Hersteller vom Abgasskandal betroffen. Eine Übersicht dazu finden Sie auf dieselskandal-helfer.de.
Autohersteller sind für alle Fahrzeugteile verantwortlich
Das Gericht war von Audis Verteidigungsvorbringen nicht überzeugt. Grundsätzlich haben Produzenten von Fahrzeugen die Pflicht sicherzustellen, dass alle von ihnen hergestellten Fahrzeuge den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Das gilt auch und besonders dann, wenn einzelne Teile nicht vom Hersteller selber stammen, sondern eingekauft wurden. In solchen Fällen muss der Hersteller sichergehen, dass auch seine Zulieferer auf die Einhaltung geltenden Rechts achten.
Dass Audi keine Einwirkungsmöglichkeit auf den Motor und dessen Software hatte, überzeugte die Richter*innen ebenfalls nicht. Es sei völlig unplausibel, dass ein weltweit agierender Automobilkonzern wie Audi, Motoren in seine Fahrzeuge einbauen lässt, ohne sie richtig zu prüfen. Der Motor ist Kernbestandteil eines jeden Fahrzeugs und daher wäre es für jedes Unternehmen allein schon aus Haftungsgründen katastrophal, einen serienmäßigen Einbau einfach “blind” vorzunehmen.
Hinzu kommt, dass Audi selber ebenfalls Dieselmotoren herstellt und somit um das “Dilemma” in dieser Branche, einen Ausgleich zwischen Gewinnmaximierung und Einhaltung der europäischen Abgasvorgaben zu schaffen, weiß. Der Autobauer hätte mindestens bei VW nachfragen müssen, ob und wie dies beim neuen Motormodell gelungen ist.
Audi und Co. haften in vollem Umfang
Das Gericht sah eine Schädigung des Klägers durch Audi also als erwiesen an und erlegte dem Konzern eine Entschädigungszahlung auf. Auch andere Autohersteller sollten sich auf Klagewellen gefasst machen, da die Herstellerpflichten und die Erwägungsgründe des Gerichts potentiell auf andere ähnliche Fälle übergreifen können, sollte der Bundesgerichtshof dieses Urteil bestätigen.
Quellen:
- Oberlandesgericht (OLG) München