Der BGH wollte am 14.12.2020 wieder über Schadensersatzansprüche im Abgasskandal verhandeln. Nun wurde die Verhandlung kurzfristig abgesagt. Der Grund: Der Kläger hat die Klage überraschend zurückgezogen. Eine ähnliche Verhandlung ist nun für März 2021 angesetzt.

In dem Verfahren am sollte es um ein Diesel-Fahrzeug des Herstellers Daimler gehen, in welchem ein Thermofenster als Abschalteinrichtung verbaut wurde. Die Rechtslage im Hinblick auf das Thermofenster ist derzeit noch unklar, weshalb erwartet wurde, dass dieses Urteil ein weiterer Meilenstein im Abgasskandal würde.

Die Funktionsweise des Thermofensters

Im Hinblick auf das Thermofenster wird Daimler vorgeworfen, dass die Abgasrückführung bei einer Temperatur unter 7 Grad Celsius bis zu 45 % reduziert und dann ganz abgeschaltet wird. So funktioniert das in Diesel-Fahrzeugen verbaute Thermofenster, bei welchem die Abgasreinigung durch die Außentemperatur beeinflusst wird. Bei Diesel-Fahrzeugen ist beispielsweise festgelegt, dass die Abgasreinigung lediglich bei einer Temperatur zwischen 20°C und 30°C einwandfrei funktioniert. Somit reduziert sich die Abgasreinigung bei kälteren Temperaturen oder schaltet sich ganz ab.

Das Thermofenster als illegale Abschalteinrichtung

Daimler bestreitet, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Das Thermofenster sei zum Schutz des Motors notwendig. Ferner würde sich die Abgasrückführung erst bei einer Außentemperatur von -50°C abschalten.

Im April dieses Jahres hatte die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) jedoch einen Schlussantrag zum Abgasskandal veröffentlicht. In diesem Antrag stufte sie sämtliche Fahrzeugfunktionen als illegale Abschalteinrichtung ein, wenn es durch diese im Realbetrieb zu einem höheren Abgasausstoß kommt als im Prüfstand.

Hinweis: Deshalb verwendeten die Hersteller Thermofenster

Die festgelegte Temperaturspanne für die Thermofenster kann in einigen Ländern kaum oder gar nicht erreicht werden. Bei der Verwendung wurde jedoch nicht auf die Außentemperatur geachtet, sondern auf die Temperatur im Prüfstand. Für die Hersteller war lediglich von Bedeutung, im Prüfstand die von der EU geforderten Schadstoffgrenzwerte einzuhalten.

OLG lehnt vorsätzliche Handlung der Beklagten ab

Die Klage, um die es am Montag gehen sollte, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht war der Auffassung gewesen, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zustehe. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass den Verantwortlichen der Beklagten nicht einfach unterstellt werden könne, diese haben in dem Bewusstsein gehandelt, eine unzulässige Abschalteinrichtung in den Verkehr zu bringen. Somit lehnte das Oberlandesgericht eine vorsätzliche Handlung der Beklagten ab.

Reicht das Thermofenster für den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung?

Grundsätzlich reicht die Verwendung des Thermofensters jedoch für den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung aus. So hat das Landgericht München Anfang des Jahres VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verurteilt. Hier wurde in einem VW T6 Bulli mit dem Motor EA288 ein Thermofenster verwendet. Die Abgasreinigung wurde bei einer Außentemperatur von unter 15°C zurückgefahren.

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