Normalerweise orientieren sich Autofahrer:innen im Straßenverkehr an der „Rechts vor links”-Vorfahrtsregelung. Auf öffentlichen Parkplätzen ohne extra Vorfahrtsregelung gilt diese allerdings nicht, wie jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschied. Vielmehr sollen Autofahrer:innen Rücksicht aufeinander nehmen und sich gegenseitig über die Vorfahrt verständigen.
Kein eindeutiger Straßencharakter auf Parkplätzen
Fast gebetsmühlenartig widerholen Fahrlehrer:innen im Fahrschulunterricht die „Rechts vor links”-Vorfahrtsregel. Doch ausgerechnet die gilt auf öffentlichen Parkplätzen nicht, wie jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschied. In dem verhandelten Fall ging es um zwei Lübecker Autofahrer, die auf einem Baumarktparkplatz kollidierten, weil sie sich wegen eines parkenden Sattelzugs nicht rechtzeitig gesehen haben. Der Kläger vertrat die Meinung, nicht für den Schaden haften zu müssen, da er von rechts kam und Vorfahrt gehabt habe.
Hinweis: § 8 Straßenverkehrsordnung (StVO)
In § 8 Abs. 1 S. 1 der StVO ist die Vorfahrtsregel „rechts vor links” festgelegt: „An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt”.
Ein Trugschluss: Der BGH ist nämlich der Ansicht, dass eine Anwendung der „Rechts vor links”-Regelung auf Parkplätzen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Und zwar dann, wenn die Fahrspuren eindeutigen Straßencharakter haben. In dem betreffenden Fall sei dem allerdings nicht so. Eine Straße diene dem zügigen Vorwärtskommen, während ein Parkplatz vorrangig dem Be- und Entladen diene. Zudem seien in der Regel viele Menschen auf Parkplätzen unterwegs, was einer zügigen Fahrweise entgegen stehe. Nicht zuletzt müsse zwischen Fahrgasse und Kreuzung unterschieden werden. Letztere liege nur dann vor, wenn zwei oder mehr Straßen sich schnitten. Bei den Fahrgassen auf besagtem Baumarktparkplatz handele es sich demzufolge nicht um eine Kreuzung. Strenge Vorfahrtsregeln seien in der Schlussfolgerung also nicht erforderlich, so die Karlsruher Richter:innen.
Gebot der Verständigung Rücksichtnahme
Laut BGH stehe die allgemeine Rücksichtnahmepflicht des § 1 Abs. 2 StVO also eindeutig über einer Anwendung der „Rechts vor links”-Regelung. Für Autofahrer:innen bedeutet das: Auf Parkplätzen ohne extra Vorfahrtsregelung müssen sie aufeinander Rücksicht nehmen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen. Die beiden Fahrer müssen sich die Kosten für den entstandenen Schaden übrigens zu 30 und 70 % zugunsten des langsameren Fahrers teilen.
Quellen: