Dass Frauen trotz gleicher Arbeit weniger verdienen als Männer, ist noch immer in vielen Betrieben üblich. Dieses Problem geht der EuGH in einem aktuellen Urteil nun an. Der Gerichtshof stellt dabei ganz klar fest, dass der Grundsatz der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen auch für private Unternehmen gilt.

Tesco-Mitarbeiterinnen verdienen weniger

Geklagt hatten rund 6000 Mitarbeiter*innen der britischen Supermarktkette Tesco Stores, weil die in den Ladengeschäften beschäftigten Mitarbeiterinnen grundsätzlich weniger verdienten als ihre in den Vertriebszentren arbeitenden männlichen Kollegen. Das verstoße gegen britisches und europäisches Recht, da die Arbeit im Geschäft und in den Vertriebszentren vergleichbar seien und dementsprechend auch gleich bezahlt werden müssten, so die Kläger*innen.

Tesco als Arbeitgeberin wehrte sich gegen diese Anschuldigungen. Denn zum einen seien die Arbeitsbedingungen an den unterschiedlichen Einsatzorten der Mitarbeiter*innen nicht miteinander vergleichbar. Zum anderen sei Tesco als Arbeitgeberin überhaupt nicht an den Grundsatz der Entgeltgleichheit gebunden. Der binde Unternehmen aus der Privatwirtschaft nur dann, wenn beide Arbeitnehmergruppen die gleiche Arbeit verrichten. Im vorliegenden Fall handle es sich, wenn überhaupt, nur um vergleichbare Arbeit, sodass eine Bindungswirkung für Tesco entfalle.

Hinweis: Zuständigkeit des EuGH trotz Brexit
Zwar ist Großbritannien bereits aus der Europäischen Union ausgetreten, der EuGH ist aber nach Art. 86 Abs. 1 des Abkommens über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union weiterhin für Rechtssachen zuständig, die vor dem Austritt an den Gerichtshof herangetragen wurden.

Gleichheitsgrundsatz gilt unmittelbar

Der EuGH vertritt bei der Auslegung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen eine ganz klare Linie. Art. 157 AEUV, der diesen Grundsatz im Europarecht kodifiziert, sei in seinem Wortlaut eindeutig und entfalte auch unmittelbare Wirkung im Beschäftigungsverhältnis zwischen Privaten.

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Eine Unterscheidung zwischen gleicher und gleichwertiger Arbeit, wie Tesco sie vertrete, sei künstlich und umgehe den Schutz, den Art. 157 AEUV gerade gewähren soll. Aus Sicht der Richter*innen treffe den*die Arbeitgeber*in die Pflicht zur gleichen Vergütung sowohl bei gleicher als auch bei gleichwertiger Arbeit der Arbeitnehmer*innen. Entscheidend sei nur, ob beide Arbeitnehmergruppen ihr Gehalt von einer einheitlichen Quelle beziehen, was bei Tesco jedenfalls der Fall sei.

Unionsweiter Diskriminierungsschutz

Der EuGH hat den Fall an das britische Arbeitsgericht zurückgewiesen, das in dieser Sache zuständig ist. Zwar bleibt die Entscheidungshoheit bei den nationalen Gerichten. Diese müssen aber die Auffassung des EuGH bei der Auslegung von Unionsrecht berücksichtigen. Daher ist das Urteil des EuGH ein weiter wichtiger Schritt zur unionsweiten Gleichstellung von Männern und Frauen.

Quellen: