Seit klar ist, dass Autohersteller auch ohne Vorsatz für den Einbau von Thermofenstern haften, versuchen sie mit allen möglichen Mitteln, ihre Verantwortung zu umgehen. Ein besonders beliebter Rechtfertigungsgrund ist dabei der sogenannte Verbotsirrtum. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat jetzt aber klargestellt, dass die rechtlichen Hürden für einen Verbotsirrtum extrem hoch sind.

Verbotsirrtum als Geheimwaffe?

Die Schlupflöcher, mit denen Autobauer ihre Haftung und Verantwortung im Dieselskandal zu umgehen versuchen, sind vielfältig. Lange Zeit hielten sie sich an einem vermeintlich fehlenden Schädigungsvorsatz fest. Als aber sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGh) als auch der Bundesgerichtshof (BGH) in diesem Jahr Fahrlässigkeit für eine Haftung ausreichen ließen, musste eine neue Geheimwaffe her.

Seitdem stützen sich VW und Co. auf den sogenannten Verbotsirrtum: Erkennt der Schädiger (in diesem Fall die Hersteller) nicht, dass sein Verhalten rechtswidrig ist, so hat er seine Pflichtverletzung nicht zu verschulden. Die Haftung entfällt – zumindest in der Theorie.

Ein Fall des OLG Karlsruhe aus der Praxis zeigt aber, dass sich ein Verbotsirrtum nicht so leicht durchsetzen lässt wie von der Industrie angenommen. Geklagt hatte ein Audi-Kunde, der seinen manipulierten Wagen 2014 gekauft hat. Anders als die meisten Dieselkläger verlangte er keine komplette Rückabwicklung des Kaufvertrages, sondern nur eine Entschädigung für den Wertverlust seines Fahrzeugs.

Hinweis: Kleiner Schadensersatz
Beim sogenannten kleinen Schadensersatz behält der Geschädigte die mangelhafte Sache und macht dem Schädiger gegenüber nur den Wert geltend, den die Sache in Folge der Schädigung eingebüßt hat. Beim großen Schadensersatz hingegen wird auch die mangelhafte Sache zurückgegeben; es folgt eine komplette Rückabwicklung des Vertrages.

OLG: Anforderungen an Verbotsirrtum sind hoch

Im Prozess wurde schnell klar, dass die Gerichte ziemlich hohe Anforderungen an einen Verbotsirrtum stellen. Die Beweislast liegt dabei bei den Autobauern. Sie müssen darlegen, dass:

  • sie die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
    sorgfältig geprüft haben,
  • sie auch angesichts der in der Automobilbranche erforderlichen Sorgfalt nicht mit gegenteiligen Gerichtsentscheidungen zu rechnen brauchten
    und
  • der von ihnen beschriebene Irrtum unvermeidbar war.

Die Richter:innen betonten dabei, dass es nicht ausreicht, das Thermofenster als Industriestandard abzutun, der ja schon deswegen nicht illegal sein könne. Stattdessen brauche es ganz konkrete und detaillierte Vorstellungen über die Zulässigkeit dieser Abschalteinrichtungen.

Audi begründet Verbotsirrtum nicht ausreichend

Audis Ausführungen diesbezüglich sind aber sehr dünn. Wie sich aus dem Urteil ergibt, sind die Verantwortlichen einfach davon ausgegangen, dass das Thermofenster zum Schutz des Motors eingebaut wurde und somit zulässig sei. Das reichte dem Gericht aber nicht, um einen Verbotsirrtum zu begründen. Die Haftung blieb bestehen und der Kläger erhielt seinen Schadensersatz in Höhe von 10% des Kaufpreises.

Autobauer in der Bredouille

Zwar ist das OLG-Urteil kein Präzedenzfall. Trotzdem zeigt er aber deutlich, wie schwer es für die Autobauer in Zukunft sein wird, aus der Haftung herauszukommen. Sind auch Sie vom Abgasskandal betroffen? Dann vereinbaren Sie jetzt eine kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung bei uns.

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