Die Frage, wann genau die Ansprüche von geschädigten Kund*innen verjähren, beschäftigen Gerichte fast genauso lange wie der Abgasskandal selbst. Ein Fall, der aktuell beim BGH verhandelt wird, könnte allerdings Licht ins Dunkel bringen. Haben Spätkläger*innen noch eine Chance oder ist es für sie bereits zu spät?

Handhabung der Verjährung unterschiedlich

Dass VW seine Kund*innen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, indem das Unternehmen die Abgaswerte seiner Fahrzeuge manipulierte, ist längst höchstrichterlich geklärt und völlig unumstritten. Spannender ist jedoch die Frage der Verjährung von Ansprüchen, die sich aus der Schädigung ergeben. Hier sind sich die Gerichte nicht ganz einig.

Während einige Gerichte und Volkswagen der Auffassung sind, dass Ansprüche bereits Ende 2018 verjährt sind, weil die Öffentlichkeit schnell und umfassend nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2015 aufgeklärt wurde, entscheiden andere Gerichte wiederum verbraucherfreundlicher. Sie stellen auf den Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt als maßgeblichen Zeitpunkt ab. Das würde den Fristbeginn und damit die Verjährung deutlich nach hinten schieben.

Hinweis: Regelmäßige Verjährungsfrist
Ansprüche gegen VW fallen unter die regelmäßige Verjährungsfrist. Die beträgt nach §195 BGB drei Jahre.

BGH äußerte sich bereits zur Verjährung

Über die Verjährungsfrage entschied der BGH bereits im Dezember 2020. Damals urteilte der Gerichtshof, dass die Ansprüche eines Diesel-Besitzers, der erst 2019 Klage einreichte, schon verjährt sind. Allerdings war das eine Sonderkonstellation, in der das Gericht festgestellt hat, dass der Kläger seit 2015 von der Manipulation wusste. Wirklich aussagekräftig war das Urteil also nicht.

Hemmt die Sammelklage die Verjährungsfrist?

Anders verhält es sich mit dem Fall, den der BGH jetzt verhandeln muss. Hier gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Kläger bereits 2015 von den Machenschaften VWs Kenntnis hatte. Das Urteil in diesem Fall ist somit weitaus repräsentativer und könnte die Verjährungsfrage klären.

Dabei müssen die Richter*innen einen Punkt besonders beachten: Der Kläger nahm im Jahr 2018 kurzzeitig an der Musterfeststellungsklage (MFK) gegen VW teil. Kurze Zeit später trug er sich jedoch wieder aus dem Klageregister aus und reichte Individualklage ein. Die unteren Instanzen sahen hierin einen Versuch, die Verjährungshemmung der Sammelklage auszunutzen, um die Verjährung rechtsmissbräuchlich zu umgehen. Nun muss der BGH auch klären, ob die Hemmungswirkung der MFK in solchen Fällen gilt.

BGH-Urteil entscheidend für ausstehende Verfahren

Die Entscheidung des BGH ist nicht nur wegweisend für die rund 20.000 noch offenen Verfahren gegen VW, sondern könnte anhand der in dem Fall aufgeworfenen Rechtsfragen allgemein zu den bedeutungsvollsten Urteilen im Abgasskandal zählen. Die Richter*innen geben ihr Urteil Ende Juli bekannt.

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