Momentan sind mehrere Online-Glücksspiel-Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig. Viele deutsche Gerichte pausierten deshalb auf Anfrage der Wettanbieter ihre Verhandlungen, bis die Richter:innen in Luxemburg über Grundsatzfragen im Glücksspielrecht entschieden haben. Ganz so einfach dürfen es sich Gerichte und Betreiber aber nicht machen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).
Aussetzung des Verfahrens
N1 ist ein maltesischer Glücksspielanbieter, der deutschland- und europaweit mehrere Online-Casinos betreibt. Wie viele andere Anbieter auch steht N1 unter Verdacht, jahrelang gegen geltendes Glücksspielrecht verstoßen zu haben und befindet sich nun in mehreren Rechtsstreits mit seinen ehemaligen Spieler:innen. Eine davon hat das Unternehmen vor dem Landgericht Hamburg auf Erstattung ihrer verlorenen Spieleinsätze verklagt.
Das LG setzte das Verfahren aus, weil es die Entscheidung des EuGH in einem anderen Glücksspielfall erst abwarten wollte. Das Problem: Die Gesetzeslage war in beiden Fällen unterschiedlich! Während die Vorlage beim EuGH noch Bezug auf den alten Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) nahm, war für das Hamburger Verfahren die 2021 reformierte Fassung des Glücksspielstaatsvertrags maßgeblich.
Aus diesem Grund beantragte die Klägerin die Fortführung des Verfahrens und bekam vor dem Oberlandesgericht Hamburg Recht. Weil N1 dieses Ergebnis nicht akzeptieren wollte, zog der Anbieter vor den BGH – und verlor.
Hinweis: EuGH muss über Lizenzstreitigkeiten entscheiden
In dem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH geht es in erster Linie um die Frage, ob Glücksspielanbieter ohne deutsche Glücksspiellizenz auch dann ersatzpflichtig sind, wenn sie eine Konzession aus einem anderen Mitgliedstaat vorweisen können.
BGH bestätigt Aufhebungsbeschluss gegen N1
Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG, das Verfahren nicht auszusetzen und folgte der Begründung der Klägerin. Da in beiden Fällen die Gesetzeslage unterschiedlich sei, spiele der Ausgang des EuGH-Verfahrens für den Hamburger Fall keine Rolle. Ein Aussetzungsgrund sei daher nicht gegeben, so die Karlsruher Richter:innen.
Verfahrensverschleppung durch Anbieter nicht mehr möglich
So simpel die Entscheidung des BGH auch sein mag: Dahinter steckt ein großer Sieg für geschädigte Spieler:innen. Bislang konnten Online-Wettanbieter unter dem Deckmantel des Europarechts Verfahren (und damit auch spielerfreundliche Urteile) in die Länge ziehen. Der BGH-Beschluss, an dem sich Gerichte von nun an orientieren werden, hat solch eine Verfahrensverschleppung deutlich schwieriger werden lassen. Und dass es mit N1 ausgerechnet ein Glücksspielbetreiber war, der das BGH-Verfahren angestoßen hat, dürfte bei vielen Kundinnen und Kunden für Genugtuung sorgen.