Ehevertrag: Abmachungen im Falle einer Scheidung
Ein Ehevertrag ist ein rechtlich bindender Vertrag zwischen Ehepartnern. Der Gesetzgeber sieht im Familienrecht pauschale Regelungen für den Fall, dass Sie die Scheidung einreichen. Es wird geregelt, wer welchen Anteil am Vermögen erhält und wer wem in welcher Höhe zu Ehegattenunterhalt verpflichtet ist. Möchten die Ehepartner von diesen Regelungen abweichen, müssen sie einen rechtlich bindenden Ehevertrag schließen. In diesem Vertrag einigen sich die Partner darauf, welche Abmachungen im Falle einer Scheidung greifen.
Das Familienrecht stammt aus den 70er Jahren. Das damalige Bild von Familie liegt diesem Recht zugrunde. Zu dieser Zeit waren meist nur die Männer und Familienväter berufstätig, während die Frau sich zu Hause um die Kinder und den Haushalt kümmerte. Entsprechend hat das Gesetz vor allem den Versorgungsausgleich bei Scheidung im Zentrum und möchte die weniger verdienende Frau schützen.
In der heutigen modernen Gesellschaft gibt es sicher auch noch Familien, auf die diese Aufteilung zutrifft. Aber nicht ausschließlich. Das Familien- und Rollenbild hat sich stark geändert. Doppelverdiener, Patchworkfamilien, Zweit- und Drittehen. Das Familienbild hat wesentlich mehr Facetten.
Bei welchen Konstellationen ist ein Ehevertrag sinnvoll?
- Die Vermögensverhältnisse der Ehepartner sind sehr unterschiedlich. Im Falle einer Scheidung würde nach gesetzlichem Recht das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen in gleiche Teile aufgeteilt werden. Oft entsteht hier der Verdacht, dass der weniger vermögende Partner nur heiratet, um sich mit einer späteren Scheidung finanzielle Vorteile zu erschleichen. Mit einem Ehevertrag kann dem entgegengewirkt werden.
Gleichzeitig kann sich in diesem Fall aber auch der finanziell schlechter gestellte Partner absichern, wenn er beispielsweise wegen der Kinderbetreuung auf ein eigenes Einkommen verzichtet. - Einer der Ehepartner ist selbständig und besitzt ein eigenes Unternehmen. Im Falle einer Scheidung wäre hier das Unternehmen gefährdet.
- Die Ehepartner haben eine unterschiedliche Nationalität bzw. Staatsbürgerschaft. In diesem Fall ergibt ein Ehevertrag Sinn, um den Rechtsstandort bei einer Scheidung zu regeln.
Die Länder haben hier unterschiedliche Regelungen, welche Länderrechte angewandt werden. Im Ehevertrag kann festgehalten werden, welches Recht zur Anwendung kommt, um den bürokratischen Aufwand bei einer Scheidung zu minimieren.
Ist das Vermögen und Einkommen der Ehepartner in etwa gleich hoch, könnte man annehmen, dass ein Ehevertrag weniger sinnvoll ist. Allerdings ändern sich die Einkünfte häufig im Laufe der Ehe. Dies gilt auch hinsichtlich der Kindererziehung. Selbst wenn Sie sich diese aufteilen, riskiert ein Ehepartner eventuell trotzdem niedrigere Rentenansprüche als der andere.
Gleiches gilt, wenn Kinder vorhanden sind, aber Erziehung und Berufstätigkeit gleichermaßen geteilt werden. Dann ist das Einkommen in etwa gleich hoch und ein besonderer Versorgungsausgleich bei Scheidung nicht notwendig. Auch bei einem verschuldeten Ehepartner ist ein Ehevertrag nicht unbedingt notwendig. Voreheliche Schulden übertragen sich durch die Heirat nicht auf den Ehepartner.
Zeitpunkt einen Ehevertrag abzuschließen
Klassischerweise wird ein Ehevertrag vor dem Eintritt der Ehe geschlossen. Jedoch ist das nicht die einzige Möglichkeit. Der Vertrag kann auch im Verlauf der Ehe noch geschlossen werden. Dies macht zum Beispiel Sinn, wenn einer der Partner ein Unternehmen gründet.
Auch in Krisenzeiten kann der Vertrag noch geschlossen werden sowie unmittelbar vor der Scheidung. Die sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung ist dem Ehevertrag sehr ähnlich und erfolgt kurz vor dem gesetzlichen Scheidungsverfahren.
Empfehlung: Ehevertrag präventiv abschließen
Je länger eine Ehe dauert und je mehr Krisen bereits aufgetreten sind, desto weniger entgegenkommend sind die Ehepartner für gewöhnlich. Insbesondere bei der Scheidungsfolgenvereinbarung sind die Fronten häufig schon verhärtet und jeder wieder mehr auf sein Recht bedacht.
Ein guter Zeitpunkt für den Ehevertrag ist daher bereits vor der Ehe oder in guten Ehezeiten.
Inhalte des Ehevertrags
Die typischen Themen für einen Ehevertrag sind
- die Vereinbarung der Güterstande in der Ehe
- eventuelle Unterhaltszahlungen sowie
- die Versorgung im Alter.
Was wird über den Güterstand geregelt?
Die gesetzliche Regelung sieht für jede Ehe den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vor. Das bedeutet, dass während der Ehe das Vermögen der Ehepartner getrennt gesehen wird. Jeder wirtschaftet im ehelichen Rahmen für sich selbst.
Im Falle einer Scheidung gibt es dann einen Ausgleich zwischen den Ehepartnern. Dieser sieht vor, dass derjenige mit dem geringeren Zugewinn an Vermögen während der Ehe einen Ausgleich erhält. Und zwar in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den jeweiligen Zugewinnen. Ausgenommen sind Zugewinne durch Erbschaften oder Schenkungen.
Beispiel: Berechnung Zugewinn
Der Ehemann hat während der Ehe einen Zugewinn von 50.000 EUR, die Ehefrau einen Zugewinn von 80.000 EUR erwirtschaftet. Die Differenz beträgt. 30.000 EUR. Von diesen 30.000 EUR erhält der Ehemann die Hälfte, also 15.000 EUR.
Wer diese Regelung nicht anwenden möchte, kann im Ehevertrag andere Güterstande in der Ehe vereinbaren. Die Vereinbarungen sind hier sehr variabel. Die Partner können die Zugewinngemeinschaft individuell anpassen und den Ausgleich minimieren oder den Güterstand der Gütertrennung oder der Gütergemeinschaft vereinbaren.
Welche Möglichkeiten es gibt und wie genau diese dann umgesetzt werden können, kann der Notar erläutern.
Wann besteht eine Unterhaltspflicht?
Bereits im Trennungsjahr vor der Scheidung kann es zur Entstehung einer Unterhaltspflicht gegenüber einem Ehepartner kommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn einer der Partner nach der Trennung für seinen Lebensunterhalt nicht selbst aufkommen kann.
Die Betreuung der Kinder, das Alter oder eine Krankheit sind die häufigsten Auslöser für diesen Umstand. Wie hoch der Unterhalt dann ist, hängt von dem bisherigen Lebensstandard und dem individuellen Einkommen ab.
In einem Ehevertrag lässt sich teilweise abweichend vom Gesetz regeln, ob es eine Unterhaltszahlung geben soll, in welchen Fällen und in welcher Höhe. Doch nicht jede Unterhaltspflicht kann über den Ehevertrag ausgeschlossen werden.
Werden auch Vereinbarung für das Alter getroffen?
Das Gesetz sieht auch bei der Rentenversorgung einen Ausgleich vor. Dies ist sinnvoll, wenn zum Beispiel einer der Ehegatten beruflich zurücksteckt und weniger verdient, um die Betreuung der gemeinsamen Kinder zu übernehmen. In diesem Fall erwirbt derjenige auch wenige Rentenansprüche.
Im Falle einer Scheidung gehen daher gesammelte Rentenpunkte des anderen Partners auf denjenigen über. Auch diese gesetzlichen Grundlagen lassen sich durch einen Ehevertrag anpassen oder ausschließen.
Notwendigkeit eines Notars
Der Vertrag hat nur dann Gültigkeit, wenn Sie ihn vor einem Notar abschließen. Tatsächlich kann nur so sichergestellt werden, dass beide Ehepartner über die Folgen der Vereinbarung informiert und beraten wurden und den Vertrag einvernehmlich und ohne offensichtlichen Druck oder Zwang geschlossen haben. Daher ist der Weg zum Notar unerlässlich. Damit sind natürlich auch Kosten verbunden.
Wie hoch diese sind, hängt vom Geschäftswert des Vertrages ab. Dieser entspricht dem Vermögensstand der beiden Partner (abzüglich eventueller Schulden). Ein Paar, das ein Vermögen von 80.000 EUR besitzt, muss mit etwa 550 EUR Notarkosten rechnen. Grundlage hierfür bilden die Gebührensätze aus dem Gerichts- und Notarkostengesetz.
Empfehlung: Vertrag bei geringem Einkommen abschließen
Je weniger Vermögen bei den Ehepartnern vorhanden ist, desto geringer sind die Notarkosten. Auch aus diesem Grund empfiehlt sich ein zeitiges Abschließen des Ehevertrags, um die Kosten möglichst gering zu halten. In der Regel wächst das Vermögen im Laufe einer Ehe.
Grenzen des Ehevertrags
Im Rahmen der Vertragsfreiheit darf der Ehevertrag nahezu alles regeln. So finden sich gelegentlich auch Regelungen im Falle eines Seitensprungs sowie zur vereinbarten Anzahl an Kindern oder gar zum ehelichen Beischlaf. Auch Alkohol- oder Drogenabstinenz werden bisweilen vereinbart. Gesetzlich ist das solange in Ordnung, wie die Regelungen nicht sittenwidrig sind.
Sittenwidrige Vereinbarungen dagegen können gesetzlich ausgehebelt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Klauseln sehr einseitig sind und ein Ehepartner stark benachteiligt wird. Unzulässig wird der Vertrag ebenso, wenn ein Ehepartner finanziell oder psychisch unterlegen ist und die Regelungen des Ehevertrages dies ausnutzen.