Krankheit und Kündigung: Das sagt das Arbeitsrecht
Kündigung trotz Krankschreibung? Ja, das geht! Nach deutschem Arbeitsrecht kann Arbeitnehmern, die krankgeschrieben sind, gekündigt werden – ob ordentlich oder außerordentlich. Dass eine Kündigung unwirksam ist, wenn diese an einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer adressiert ist, entspricht also nicht der Realität. Dementsprechend bietet auch ein gelber Schein keinen Schutz vor einer möglichen Kündigung.
Vielmehr können Arbeitgeber gerade aufgrund von Krankheit Angestellten kündigen. Nämlich dann, wenn der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung nicht mehr in vollem Umfang entsprochen werden kann und das Fehlen eines Arbeitnehmers sich negativ betrieblichen Interessen auswirkt. Die personenbedingte Kündigung rückt hierbei besonders in den Fokus.
Wichtig: Sonderkündigungsschutz
In besonderen Situationen kann der Sonderkündigungsschutz greifen. Krankheit zählt – unabhängig von Art und Schwere – allerdings nicht dazu. Besonders geschützt sind beispielsweise Schwangere, Elternzeitler und Schwerbehinderte.
So hart es auch klingt: Welche gesundheitlichen Leiden ein Arbeitnehmer hat – ob psychischer oder physischer Natur – spielt in dem Zusammenhang keine Rolle. Auch nicht die Schwere einer Erkrankung.
Keinesfalls aber müssen Sie eine Kündigung während Krankheit einfach hinnehmen. Und das sollten Sie auch nicht. Schließlich kann die Kündigung aus unterschiedlichen Gründen unwirksam sein.
Gesetzlicher Kündigungsschutz
Krankgeschriebene Arbeitnehmer genießen allein aufgrund der Tatsache, dass sie krankgeschrieben sind, keinen besonderen Kündigungsschutz – eine Sperrfrist tritt für die Dauer der Krankheit nicht in Kraft. Dennoch unterliegen oftmals dem allgemeinen Kündigungsschutz, weshalb eine Kündigung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
Wichtig: Voraussetzungen Kündigungsschutz
Unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fallen Sie, wenn in Ihrem Unternehmen mehr als zehn Angestellte in Vollzeit beschäftigt sind. Zudem müssen Sie die Probezeit bereits hinter sich haben – also mindestens für die Dauer von sechs Monaten dort arbeiten.
Allem voran bedarf die Kündigung einer Begründung. Hierbei werden dreierlei unterschieden:
- Personenbedingte Kündigung
- verhaltensbedingte Kündigung
- betriebsbedingte Kündigung
Personenbedingte Kündigung als krankheitsbedingte Kündigung
Die personenbedingte Kündigung ist der häufigste Kündigungsgrund bei einer Kündigung wegen Krankheit. Der betroffene Arbeitnehmer kann seiner vertraglich festgesetzten Arbeitsleistung nicht mehr in vollem Umfang entsprechen. Unerheblich ist dabei, ob es sich um wiederkehrende Kurzerkrankungen oder um eine Langzeiterkrankung handelt, die ggf. sogar eine generelle Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht.
Ehe Ihnen als Arbeitnehmer aber personenbedingt gekündigt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es liegt eine negative Gesundheitsprognose vor: Die ist gegeben, wenn bei Ihnen längerfristig mit weiteren Erkrankungen zu rechnen ist, wodurch es zu andauernden Fehlzeiten oder mehreren Kurzerkrankungen in erheblichem Umfang kommt.
- Betriebliche Interessen werden erheblich beeinträchtigt: Im Zuge einer Interessenabwägung muss festgestellt werden, ob dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, Sie weiterhin zu beschäftigen. Dabei müssen unter anderem Ihre Beschäftigungsdauer sowie Alter und Familienstand berücksichtigt werden.
Insgesamt muss ausgeschlossen sein, dass Sie in dem Unternehmen weiterbeschäftigt werden können – inklusive der Option einer alternativen Weiterbeschäftigung auf einer anderen Stelle.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Bei einer Krankheitsdauer von insgesamt sechs Wochen innerhalb eines Jahres muss einer Kündigung während Krankheit ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vorausgehen. In dem Zuge werden auch Möglichkeiten einer alternativen Weiterbeschäftigung geprüft.
Wichtig: Kündigung ohne BEM
Kommt es zum Ausspruch einer Kündigung ohne vorheriges BEM wird das im Falle einer Kündigungsschutzklage vom Gericht negativ gewertet. Zur Unwirksamkeit einer Kündigung führt das allerdings nicht.
Kündigungsschutz während der Probezeit oder in Kleinbetrieben
Sind Sie in einem Kleinbetrieb beschäftigt, sind Sie nicht durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt. Gleiches gilt, wenn Sie sich noch in der Probezeit bzw. Wartezeit befinden. Die Folge: Arbeitgeber können Kündigungen aussprechen, ohne sich an die im KSchG festgelegten Regelungen halten zu müssen.
Hinweis: Wartezeit
Das KSchG findet grundsätzlich erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten Anwendung – unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht. Um durch das Gesetz geschützt zu sein, müssen Sie also in jedem Fall mindestens sechs Monate in einem Betrieb beschäftigt sein.
Gleichwohl darf eine Kündigung aber auch nicht willkürlich oder aufgrund von sachfremden Tatsachen erfolgen – andernfalls kann das zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
In folgenden Fällen ist eine Kündigung angreifbar:
- Sie ist nach § 138 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) als sittenwidrig einzustufen – ein Beispiel stellt Rachsucht als Beweggrund für die Kündigung dar.
- Die Kündigung stellt eine unzulässige Maßregelung dar und verstößt gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB. Bedeutet: Ihr Arbeitgeber betraft mit einer Kündigung, dass Sie von Ihrem Recht (Krankschreibung im Falle von Krankheit) Gebrauch gemacht hat.
- Sie stellt eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Die Kündigung basiert bspw. auf der Tatsache, dass Sie Ihrem Chef unsympathisch sind oder ihm Ihre Religion missfällt.
- Die Kündigung verstößt gegen den sogenannten Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, was meint, dass der Arbeitgeber keinerlei Rücksicht auf Ihre Interessen genommen hat, wobei diese höher zu bewerten gewesen wären, als die des Unternehmens.
Insgesamt muss auch in Kleinbetrieben und bei Kündigung während der Probezeit bzw. Wartezeit ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme eingehalten werden.
Ob Ihr Arbeitgeber sich daran gehalten hat oder nicht, lässt sich oft nur im Zuge einer anwaltlichen Einschätzung klären. Verzichten Sie also nicht auf fachmännischen Rat.
Lohnfortzahlung bei Kündigung während Krankheit
Sind Sie während eines andauernden Arbeitsverhältnisses längere Zeit krankgeschrieben, ist der Arbeitgeber zwar zur Entgeltfortzahlung während der Krankheit verpflichtet. Nach sechs Wochen übernimmt aber die Krankenkasse mit der Auszahlung von Krankengeld.
Hinweis: Krankengeld
Das Krankengeld beträgt zwischen 70 und 90 % Ihres letzten Nettogehalts. Dabei können Sie wegen einer Krankheit bis zu 78 Wochen Krankengeld beziehen. Kommt während der Arbeitsunfähigkeit noch eine andere Krankheit hinzu, verlängert sich die Zahlung in der Regel.
Endet das Arbeitsverhältnis noch ehe die sechs Wochen vorüber sind, muss Ihr Arbeitgeber lediglich bis zum Beschäftigungsende Lohnfortzahlung leisten.
Anlasskündigung und Lohnfortzahlung
Wird Ihnen unmittelbar nach einer Krankmeldung gekündigt, entsteht unter Umständen der Eindruck, dass die Krankschreibung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend war – Stichwort: Anlasskündigung.
Dass es sich dann bei der Kündigung nicht um eine Anlasskündigung handelt, muss Ihr Arbeitgeber beweisen und andere bzw. den eigentlichen Kündigungsgrund für die Kündigung während der Krankschreibung offenlegen.
Kann er das nicht, ist Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet, auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses den Lohn fortzuzahlen – für eine Dauer von bis zu sechs Wochen.
Fristlose Kündigung aufgrund von Krankheit
Die Krankheit eines Arbeitnehmers kann einen Arbeitgeber zwar dazu berechtigen, eine Kündigung auszusprechen. Dabei handelt es sich in der Regel aber um eine ordentliche personenbedingte Kündigung unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist.
Wichtig: Krankheit kann kein Vorwurf sein
Eine Krankheit ist nicht vorwerfbar. Ihnen als Arbeitnehmer kann im Falle einer Erkrankung kein Pflichtverstoß zulasten gelegt werden. Das schließt eine fristlose Kündigung aus.
Begeht ein Arbeitnehmer aber einen Pflichtverstoß, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen. In dem Fall stellt nicht die Krankheit den Kündigungsgrund, sondern vielmehr das Fehlverhalten des Arbeitnehmers.
Folgende Gegebenheiten können Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung berechtigen:
- vorgetäuschte Krankheit
- gefälschtes Attest
- Androhung einer Erkrankung („angekündigte Krankheit“)
Kündigung während Krankheit: So können Sie sich wehren
Berücksichtigen Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung nicht die gesetzlichen Vorgaben, kann das zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Sie als Arbeitnehmer sind in jedem Fall gut beraten, eine Kündigung anwaltlich prüfen zu lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn Sie:
- dem Kündigungsschutzgesetz unterliegen – dabei spielt es keine Rolle, auf welchen Kündigungsgrund sich der Arbeitgeber beruft
- die soziale Rechtfertigung der Kündigung anzweifeln
- grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit Ihrer Kündigung hegen
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht schätzt Ihre Erfolgschancen hinsichtlich eines Vorgehens gegen Ihre Kündigung ein. Das kann im Zuge einer Kündigungsschutzklage erfolgen. Alternativ können auch Aussichten auf eine Abfindung bestehen.
Wichtig: Kündigungsschutzklage
Mithilfe einer Kündigungsschutzklage soll gerichtlich geklärt werden, ob eine Kündigung rechtswirksam ist oder nicht. Wollen Sie Klage einreichen, muss das binnen drei Wochen nach Erhalt der Kündigung erfolgen. Aufgrund der knappen Klagefrist ist schnelles Handeln gefragt.
Als Arbeitnehmer während Krankheit kündigen
Kündigen Sie als Arbeitnehmer während und aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalls haben Sie nach § 8 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) auch weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dafür müssen Sie allerdings folgende Bedingungen erfüllen:
- Ihre Krankheit hält Sie davob ab, Ihre Arbeitsleistung zu erbringen.
- Sie haben die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet.
- Ihre Beschäftigungsdauer in dem Betrieb beträgt mindestens vier Wochen.
Auch hier raten wir Ihnen dazu, sich bei Unsicherheiten anwaltlichen Rat einzuholen.