Fast zwei Jahre sind seit dem Untergang des Finanzdienstleisters Wirecard vergangen. Anleger:innen des Aschheimer Unternehmens warten allerdings bis heute auf eine Entschädigung. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will deshalb mithilfe einer eigenen Stiftung gegen die Wirtschaftsprüfer:innen von Ernst & Young (EY) vorgehen.

Dank Stiftung zur Entschädigung?

Bislang hatten vom Wirecard-Skandal geschädigte Aktionär:innen zwei Möglichkeiten: Entweder eine Individualklage einreichen oder sich dem kürzlich eröffneten Kapitalmusterverfahren anschließen. Beide Optionen sind jedoch mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Am Mittwoch stellte der DSW dann eine weitere Alternative vor, die schneller und rechtssicherer sein soll: Ein europaweiter Vergleich zwischen Anleger:innen und EY Global.

Möglich werden soll das durch eine eigens dafür eingerichtete Stiftung, die die Anlegerschutzvereinigung zusammen mit einer deutschen und einer niederländischen Kanzlei gegründet hat. Da die Stiftung nach niederländischem Recht gegründet wurde, profitieren Betroffene von Möglichkeiten, die sie nach deutschem Recht nicht hätten, so die DSW auf ihrer Internetseite.

Hinweis: Keine Beteiligung an anderen Verfahren
Um sich bei der DSW registrieren zu können, dürfen Geschädigte an keinem anderen Verfahren gegen EY beteiligt sein.

Klagegegner ist EY Global

Während alle bisherigen Verfahren sich allein gegen EY Deutschland richteten, wollen die Anlegerschützer auch EY Global an den Verhandlungstisch holen. Denn das weltweite Netzwerk von EY habe ebenfalls Fehler gemacht und seiner Untereinheit in der Bundesrepublik nicht streng genug auf die Finger geguckt. „Es kann nicht sein, dass EY Global sich hier aus der Verantwortung stiehlt“, heißt es.

Sollte ein außergerichtlicher Vergleich mit EY scheitern, bleibe nur noch der Weg über ein Zivilgericht. An der Klageschrift werde bereits gearbeitet. Auf die Anleger:innen sollen aber in keinem Fall Kosten zukommen, versichert die DSW.

Erfolgsaussichten bleiben fraglich

Die Lösung der Stiftung ist zwar eine kreative Idee, bietet aber nicht besser Erfolgsaussichten als die Individualklage oder das Musterverfahren. Anhaltspunkte für ein Versagen von EY Global gibt es nach bisherigem Kenntnisstand nämlich nicht. Und inwieweit EY Deutschland die Abschlussberichte Wirecards falsch testiert hat, muss erst noch im Kapitalmusterverfahren geklärt werden.

Zudem gilt die Sperrwirkung des § 8 KapMuG auch in Verfahren, die die DSW mit ihrer Stiftung einleitet. Bedeutet im Klartext: Jeder Prozess, der eine mögliche Mitschuld EYs am Milliardenbetrug von Wirecard zum Gegenstand hat, wird ausgesetzt, bis das Kapitalmusterverfahren abgeschlossen ist. Ein Zeitersparnis dürfte damit vom Tisch sein.

Natürlich bleibt es jeder Anlegerin und jedem Anleger selbst überlassen, auf welchem Weg sie oder er versucht, sein Geld zurückzubekommen. Von der DSW und der Stiftungs-Lösung dürfen allerdings keine Wunder erwartet werden.

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