Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr werden auf verschiedene Arten gemessen. Neben den automatisierten Messgeräten gibt es auch manuelle Verfahren, in denen die Polizei Rasern hinterher fährt und dabei auf das eigene Tacho schaut. Zulässig ist das aber nur in wenigen Fällen, wie ein Urteil des Amtsgerichts (AG) Dortmund zeigt.

Hinterherfahren als Geschwindigkeitsmessung

Unter welchen Bedingungen ist das Messen durch Nachfahren möglich? Mit dieser Frage musste sich das AG Dortmund vor einiger Zeit befassen. Geklagt hatte ein Autofahrer, der nachts auf dem Heimweg von zwei Polizistinnen angehalten wurde. Zuvor hatten die Beamtinnen das Fahrzeug beobachtet und wegen des Verdachts der Geschwindigkeitsüberschreitung verfolgt.

Um zu ermitteln, wie schnell der Kläger nun gefahren ist, verließen sich die Polizeibeamtinnen auf ihr Einschätzungsvermögen. Sie folgten dem Auto, beobachteten den Abstand zwischen dem „Tatfahrzeug“ und ihrem Streifenwagen und schauten währenddessen auf ihr eigenes Tacho.

Daraus ergaben sich folgende Werte: Statt den erlaubten 60 km/h ermittelten die Polizistinnen eine Geschwindigkeit von 120 km/h. Selbst nach Abzug einer großzügigen Toleranz hätte der Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit somit weit überschritten. Es folgte ein Bußgeldbescheid, den der Mann mit einer Klage vor dem AG angriff.

Hinweis: Messungen durch Nachfahren zulässig
Ein wie oben beschriebenes manuelles Messverfahren ist zulässig und darf als Grundlage für einen Bußgeldbescheid und als Beweis in einem Gerichtsverfahren dienen.

Anlasslose Geschwindigkeitskontrolle

Das Gericht gab der Klage statt. Gerügt wurde aber nicht das manuelle Messen durch Hinterherfahren an sich, sondern die Art und Weise, wie die Polizeibeamtinnen vorgegangen sind: Neben vielen (groben) Messfehlern häuften sich auch die Widersprüche in den Aussagen der Beamtinnen, sodass eine Verurteilung des Fahrers dem Gericht weder angebracht noch verhältnismäßig erschien.

Erstens erfolgte die Kontrolle ohne einen vernünftigen Anlass. Die Ermittlerinnen seien auf das Fahrzeug aufmerksam geworden, als noch 100 km/h erlaubt waren. Selbst wenn der Kläger bereits 120 km/h gefahren wäre, dürfte dieser recht kleine Unterschied dem menschlichen Auge kaum auffallen. Warum die Polizistinnen trotzdem beschlossen haben, den Wagen zu verfolgen, sei nicht nachvollziehbar gewesen.

Unsaubere Geschwindigkeitsmessung

Zweitens befürchtete das Gericht grobe Messfehler, die aus einer mangelnden Kommunikation zwischen den Beamtinnen resultieren. So gab es beispielsweise keine Absprache zur Messstrecke und -dauer. Beide maßen unabhängig voneinander, was zu einem eindeutigen Ergebnis führte. Auch die Nachtzeit sei ein weiterer Faktor, der Zweifel am Messergebnis aufkommen ließe – zumal die Straße nicht beleuchtet war.

Unklar ist auch, wer von den beiden letzten Endes den Polizeibericht anfertigte. Selbst die mündliche Verhandlung konnte keinen Aufschluss darüber geben, da beide Beamtinnen in ihren Aussagen die jeweils andere als Verantwortliche nannten. Das Gericht schloss aus den zahlreichen Mess- und Verfahrensfehlern, dass es für ein Bußgeld an einem belastbaren Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften fehlte.

Bußgeldbescheid kann angegriffen werden

Zusammengefasst steht oder fällt ein Bußgeldbescheid also mit der Verwertbarkeit der Messergebnisse. Folgende Punkte können betroffene Autofahrer:innen angreifen:

  • Tatzeit: Nachts lassen sich Fahrzeuge nur mit genügend Licht eindeutig erkennen.
  • Anlass der Kontrolle: Sind Sie erkennbar zu schnell gefahren?
  • Dauer der Messung: War die Messstrecke lang genug, um belastbare Aussagen tätigen zu können?
  • Art und Weise der Messung: Wie viele Personen saßen im Polizeiwagen? Wie sind die Ermittelnden vorgegangen? Eine schlecht bis gar nicht organisierte Messung entzieht dem Bußgeld seine Grundlage.

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