Nicht immer verläuft das Mietverhältnis so harmonisch, wie es sein sollte. Begeht der Vermieter aber Straftaten, um seinen Mieter:innen eins auszuwischen, können sie sich mit einer Anzeige wehren, ohne Angst vor einer Kündigung haben zu müssen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Außerordentliches Kündigungsrecht bei Anzeige
Beleidigungen, Giftköder oder sogar körperliche Angriffe – immer wieder berichten Mieter:innen, wie sie Opfer von Straftaten ihrer Vermieter werden. Trotz deutlicher Grenzüberschreitungen des Vermieters stecken sie als seine Vertragspartei aber schnell in einer Zwickmühle: Anzeigen und eine Kündigung riskieren oder die Schikanen weiter ertragen?
Befinden auch Sie sich in einer derartigen Situation? Dann ist Folgendes wichtig zu wissen: Eine Strafanzeige kann Ihren Vermieter tatsächlich zu einer fristlosen Kündigung berechtigen. Immerhin braucht es für die fristlose Kündigung nach § 543 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen wichtigen Grund, der die Fortsetzung des Mietverhältnisses für eine Seite unzumutbar macht. Eine Anzeige stellt mitunter einen solchen Grund dar. Schließlich ist das Verhältnis zwischen der anzeigenden und der angezeigten Person nach einer Strafanzeige nachhaltig gestört, wie auch der BGH in einem Urteil bestätigt. Allerdings muss differenziert werden.
Wichtig: Einordnung von Vorfällen
Wollen Sie Ihren Vermieter anzeigen, sollte im Vorfeld geklärt sein, ob nach dem Gesetz eine strafbare Handlung vorliegt. Lassen Sie sich hierzu anwaltlich beraten. Nur so sind Sie auf der sicheren Seite und riskieren nicht den Verlust Ihrer Wohnung.
Verdacht auf Straftat beim Vermieter
Geklagt hatte ein Vermieter aus Berlin, der seiner Mieterin nach knapp 26 Jahren fristlos kündigte. Grund dafür war ein polizeiliches Ermittlungsverfahren, das sich zwar nicht speziell gegen ihn richtete, in dessen Verlauf er aber als möglicher Täter infrage kam.
Die Frau hatte Anzeige gegen Unbekannt erstattet, nachdem sie mehrfach gegen ihren Willen Bestellungen erhielt und für die Mitgliedschaft auf einem Datingportal zahlen sollte, auf dem sie sich nie angemeldet hatte. Der Täter nutzte offenbar sensible Informationen wie Anschrift oder IBAN der Beklagten, um ihr zu schaden.
Weil sie kurz vor den Taten noch eine Auseinandersetzung mit ihrem Vermieter über Mängel in der Wohnung hatte, vermutete die Frau, dass er dahintersteckte. Diesen Verdacht äußerte sie gegenüber der Polizei. Auch wenn das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt werden musste, zog der Vermieter Konsequenzen: Es folgte eine außerordentliche Kündigung und kurz darauf eine Räumungsklage.
Berechtigte Strafanzeige kein Kündigungsgrund
Vor Gericht bekam die Mieterin Recht. Die außerordentliche Kündigung des Vermieters war nach Auffassung des BGH unwirksam. Zwar könne eine Strafanzeige zu einer Kündigung berechtigen. Die Berechtigung steht und fällt jedoch mit drei wesentlichen Faktoren:
- Berechtigung: Stützt sich die Anzeige auf einen nachvollziehbaren Verdacht?
- Verfolgungsinteresse: Will der bzw. die Mieter:in, dass die Tat aufgeklärt wird oder geht es eher darum, dem Vermieter „eins auszuwischen“?
- Wahrheitsgehalt der Aussage: Wurden bewusst unwahre oder leichtfertig falsche Angaben bei der Schilderung der Tat gemacht, die den Vermieter belasten?
Im vorliegenden Fall sei die Anzeige der Mieterin durchaus glaubhaft gewesen. Da der Täter für sein Vorgehen sensible Informationen über sein Opfer (Anschrift und IBAN) benötigte, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er eine persönliche Beziehung zu der Frau habe. Es sei daher nicht abwegig gewesen, den Täter in ihrem engeren Bekanntenkreis zu vermuten.
Auch der Tatzeitpunkt spräche für den Vermieter als Täter, da die Bestellungen zeitnah nach der Auseinandersetzung zwischen ihm und der Mieterin erfolgten. Zu guter Letzt habe die Tat eher wie ein Streich denn als richtiges Verbrechen gewirkt: Der Täter habe weder finanziell noch sonst wie von seinem Handeln profitiert. Dem Opfer entstand nur ein kleiner Sachschaden und sehr viel Aufwand. Ob der Vermieter es war oder nicht, spiele keine Rolle. Der Verdacht der Mieterin habe Hand und Fuß und durfte der Polizei gegenüber kommuniziert werden.
Mieter dürfen Verdacht äußern
Zusammengefasst bedeutet der Beschluss des BGH Folgendes: Mieter:innen, die tatsächlich Opfer einer Straftat durch ihren Vermieter wurden oder dies vermuten, sollten keine Angst davor haben, diese Taten bei der Polizei anzuzeigen. Eine Kündigung darf nur dann ausgesprochen werden, wenn die Anschuldigungen ausschließlich dazu dienen, dem Vermieter zu schaden.
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