Das Trennungsjahr: eine gesetzliche Pflicht

Das Familien, Ehe- und Scheidungsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Dieses enthält auch die gesetzliche Regelung zum Trennungsjahr. Das Trennungsjahr muss daher zwingend eingehalten werden. Der Zweck besteht darin, dass sich die beiden Ehepartner sicher sein sollen, dass die Ehe gescheitert ist, bevor es zu einer endgültigen Scheidung per Gericht kommt. Das Gesetz möchte sicher gehen, dass die Scheidung keine Kurzschlusshandlung ist, sondern ein bewusst getroffene Entscheidung nach reiflichen Überlegungen.

Dabei ist der Begriff Trennungsjahr leicht irrtümlich. Denn nur im günstigsten Fall handelt es sich lediglich um ein einziges Trennungsjahr. Nämlich dann, wenn sich beide Ehepartner einig sind die Scheidung zu wollen und es sich demnach um eine einvernehmliche Scheidung handelt.

Bei einer strittigen Scheidung dagegen verlängert sich das Trennungsjahr auf drei Trennungsjahre. Stimmt also ein Partner der Scheidung nicht zu, sondern möchte die Ehe aufrechterhalten, muss für drei Jahre ein Getrenntleben erfolgen bevor Sie tatsächlich die Scheidung einreichen.

Was genau bedeutet Trennung?

Während der gesetzlichen Trennungszeit müssen Sie voneinander getrennt leben. Gesetzlich leben Sie nach § 1567 BGB voneinander getrennt, wenn keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und mindestens ein Ehepartner diese auch nicht mehr herstellen möchte. Dies kann auch dann vorliegen, wenn Sie nach wie vor in der gleichen Wohnung leben. Folgende Faktoren zeigen, dass Sie keine häusliche Gemeinschaft mehr darstellen:

  • Sie schlafen in unterschiedlichen Betten.
  • Sie haushalten getrennt, d. h. Sie waschen und kochen getrennt.
  • Sie haben getrennte Konten und Haushaltskassen.
  • Sie unternehmen keine gemeinsamen Aktivitäten.

Leben Sie weiter in einer gemeinsamen Wohnung oder einem gemeinsamen Haus müssen Sie gut darauf achten, dass Sie diese Faktoren einhalten, um eine tatsächliche Trennung im Zweifel belegen zu können.

Wann beginnt das Trennungsjahr?

Das Trennungsjahr beginnt mit der tatsächlichen räumlichen Trennung. Entweder innerhalb einer Wohneinheit oder durch Auszug eines Partners. Sie müssen und können das Trennungsjahr an keiner öffentlichen Stelle anzeigen. Im Zweifelsfall, vor allem bei einer strittigen Scheidung, müssen Sie diese aber nachweisen können.

Es empfiehlt sich daher einen Beleg über die Trennung zu führen. Zieht einer der beiden Partner aus dem gemeinsamen Wohnraum aus, ist ein eindeutiger Beleg vorhanden. In anderen Fällen sollten Sie durch einen Brief oder eine E-Mail eine eindeutige Trennungsabsicht mit Datum aussprechen. Bei hohem Konfliktpotential ist die Gegenzeichnung des Partners oder die Hinzuziehung eines Zeugen sinnvoll.

Was passiert, wenn das Trennungsjahr nicht eingehalten wird?

Reichen Sie vor Ablauf der Trennungszeit die Scheidung ein, kann das Konsequenzen haben. Erfährt das Gericht durch den anderen Partner oder durch weitere Umstände von der Nichteinhaltung der gesetzlichen Trennungsfrist, kommt es zu einer gebührenpflichtigen Zurückweisung des Scheidungsantrags.

Dieser wird nicht zur Seite gelegt und für einen späteren Zeitraum aufbewahrt. Er wird komplett zurückgewiesen und Sie müssen ihn nach Ablauf der Zeit erneut stellen. Zudem kann es im schlimmsten Fall sogar zu einer Anzeige wegen versuchtem Prozessbetrug nach dem Strafgesetzbuch kommen.

Empfehlung: Auch nicht einvernehmlich schummeln

Auch wenn Sie und Ihr Partner die Scheidung einvernehmlich möchten, kann das Gericht durch andere Umstände oder Ungereimtheiten in den Aussagen einen Betrug eventuell erkennen. Sie können auch nicht sicher sein, dass sich Ihr Ehepartner an die Vereinbarung hält und vor Gericht tatsächlich lügt. Um unangenehme Folgen für sich zu vermeiden, sollten Sie daher bei der Wahrheit bleiben.

Ein Versöhnungsversuch: Auswirkungen auf das Trennungsjahr

Das Trennungsjahr soll Ihren Entschluss reifen lassen, dass Sie die Scheidung tatsächlich wollen. Da liegt es nahe, dass Sie eventuell noch einen oder mehrere Versuche unternehmen wieder mit Ihrem Ehepartner zusammenzuleben. Sind diese Versuche nur von kurzer Dauer, schadet das dem Trennungsjahr nicht. Die Zeit beginnt nach dem Scheitern nicht von vorne, sondern der Versöhnungsversuch zählt zur Trennungszeit.

Dabei ist gesetzlich nicht genau festgelegt, was eine kurze Zeit ist. Dies entscheidet im Zweifel das Gericht. Entscheidend ist dabei auch die Gesamtdauer der Trennung bis zum Scheidungsantrag. Waren Sie bereits zwei Jahre getrennt, ist ein Versöhnungsversuch von drei Monaten sicher anders zu werten, als bei einer bisherigen Trennungsdauer von nur elf Monaten. Bei einem längeren Versöhnungsversuch beginnt das Trennungsjahr nach einem Scheitern von vorne.

Hinweis: Mehrere Versöhnungsversuche sind schädlich

Kommt es während der Trennungszeit zu mehreren Versöhnungsversuchen ist ein tatsächliches Scheitern der Ehe vor Gericht schwer nachzuweisen. Viel mehr deuten viele Versuche auf eine gewisse Unentschlossenheit hin.

Ausnahmen vom Trennungsjahr: die Härtefallregelung

Es gibt nur sehr wenige, gravierende Tatsachen, die dazu führen können, dass ein Trennungsjahr entfällt. Ganz bewusst möchte der Gesetzgeber jeder Ehe eine letzte Chance geben. Dies gilt auch dann, wenn beide Ehepartner ausdrücklich eine Scheidung wünschen. Die Härtefallregelung nach § 1565 BGB greift daher nur in wenigen Fällen.

Das Gesetz sieht vor, dass vom Trennungsjahr abgesehen werden kann, wenn die formale Aufrechterhaltung der Ehe für einen der Ehegatten eine besondere Härte darstellen würde. Diese Härte erkennt das Gesetz nur dann an, wenn der Grund dafür in der Person des anderen Ehepartners liegt. Die Härtefallregelung greift also nicht bei eigenen Motiven, sondern, nur wenn der andere Partner ein schwerwiegendes Fehlverhalten zeigt.

Was sind anerkannte Gründe für einen Härtefall?

Das Gericht entscheidet auf Antrag, ob die Härtefallregelung greift oder das Trennungsjahr eingehalten werden muss. Sie müssen die Gründe für den Härtefall nachweisen können. Bei einer strittigen Scheidung steht häufig Aussage gegen Aussage. Das Gericht weist den Antrag dann kostenpflichtig zurück. Überlegen Sie daher gut, ob Sie das Risiko tatsächlich eingehen möchten.

In der Regel wird ein Härtefall anerkannt bei:

  • Gewalt oder Bedrohung durch den Partner
  • verschwiegenen Vorstrafen, die zu einer Haftstrafe führen
  • schwerer psychischer oder sexueller Erniedrigung
  • Untreue, durch die eine Schwangerschaft entstanden ist
  • schwerem Drogen- und Alkoholmissbrauch ohne Besserungsabsichten
  • einseitiger Scheinehe

Gruende fuer Haertefallscheidung

Hinweis: Die Länge der Ehe ist nicht entscheidend

Bei der Einhaltung des Trennungsjahres ist nicht entscheidend, ob die Ehe kurz oder lange bestanden hat. Die Härtefallregelung greift also nicht alleine deshalb, weil die Ehe nur kurze Zeit geführt wurde.

Weitere rechtliche Aspekte im Trennungsjahr

Im Trennungsjahr stellen sich häufig auch weitere Fragen und es gibt viel zu klären. Der Hausstand muss aufgeteilt, die Wohnsituation geklärt und die gemeinsamen Finanzen auseinander dividiert werden.

Wer bleibt in der gemeinsamen Wohnung?

Grundsätzlich können Sie auch beide in der gemeinsamen Wohnung oder dem Haus leben bleiben. Auf lange Sicht wird aber auch eine räumliche Trennung gewünscht sein. Sie dürfen sich frei darauf einigen, wer den gemeinsamen Wohnraum weiter nutzt.

Im Streitfall darf derjenige in der Wohnung bleiben, der sie dringender benötigt. Zum Beispiel wegen der Kinder oder der direkten Nähe zum Arbeitsort. Dieses Recht lässt sich auch gerichtlich durchsetzen. Die tatsächlichen Eigentums- oder Mietverhältnisse spielen zunächst keine Rolle. Diese werden erst bei der Scheidung relevant, wenn es um die konkrete dauerhafte Aufteilung geht.

Zu beachten ist bei einem möglichen Auszug noch die sogenannte Sechs-Monats-Regelung. Nach dieser darf der ausziehende Partner innerhalb von sechs Monaten nach dem Auszug wieder bedingungslos zurückkehren und den Wohnraum ebenfalls nutzen. Nach Ablauf der sechs Monate ist dieser Wohnanspruch verwirkt. Eine Rückkehr ist ausgeschlossen sofern sich die Partner nicht freiwillig darauf einigen.

Wer erhält die Haushaltsgegenstände und das Auto?

Sofern Sie die Aufteilung Ihrer Güter nicht in einem Ehevertrag festgelegt haben, können Sie sich für die Zeit der Trennung mit Ihrem Partner frei darauf einigen, wer welche gemeinsam angeschafften Haushaltsgegenstände erhält. Es besteht jedoch wie bei der Wohnung das Recht darauf, dass derjenige die Gegenstände behalten darf, der aufgrund der Kinder oder der Lebensverhältnisse stärker darauf angewiesen ist.

Gegenstände, die eindeutig einem von beiden gehören, gehen in dessen Besitz über. Bei der Scheidung kommt es dann zu einem finanziellen Ausgleich, falls der Hausstand nicht genau gleichwertig aufgeteilt wurde. Ein gemeinsames Familienauto geht in den Besitz des Eigentümers über. Dies ist in der Regel derjenige von beiden, der im Fahrzeugpapier eingetragen ist oder das Auto mit eigenem Geld bezahlt hat. Handelte es sich bei dem Auto um ein Geschenk, muss dies nachgewiesen werden.

Ist ein Steuerklassenwechsel notwendig?

Als Verheiratete haben Sie Steuervergünstigungen, die Ihnen nun nicht mehr zustehen. Dies gilt bereits für die Zeiten des Getrenntlebens. Im Kalenderjahr des Trennungsbeginns dürfen Sie Ihre Steuerklasse noch behalten. Ab dem darauffolgenden Kalenderjahr ist dies nicht mehr möglich. Sie müssen dann in die Steuerklassen I oder II (für Alleinerziehende) wechseln. Auch eine steuerliche Zusammenveranlagung ist nur noch im Kalenderjahr des Trennungsbeginns möglich.

Steuerklassen Trennungsjahr

Der Kinderfreibetrag wird auf beide Partner gleichermaßen aufgeteilt, da Sie beide weiterhin finanziell für Ihre Kinder aufkommen müssen. Entweder durch Unterhaltszahlungen oder im Rahmen des Zusammenlebens. Die Steuerentlastung steht daher ab dem Kalenderjahr nach der Trennung beiden Elternteilen hälftig zu.

Beispiel: Trennung in der Mitte des Jahres

Sie trennen sich im Mai 2020. Das Jahr 2020 darf noch mit den bisherigen Steuerklassen und mit Zusammenveranlagung abgeschlossen werden. Ab dem Jahr 2021 müssen Sie einen Steuerklassenwechsel vornehmen, um folgenschwere Nachzahlungen zu vermeiden.

Welchen Familienstand haben Sie im Trennungsjahr?

Rechtlich festgelegte Familienstände sind ledig, verheiratet, geschieden und verwitwet. Den Familienstand getrennt lebend gibt es offiziell nicht. Rein rechtlich sind Sie auch nach wie vor verheiratet. Lediglich das Finanzamt hat aus den genannten Steuergründen den Familienstand “dauerhaft getrennt lebend” auf seinen Formularen vorgedruckt.

Wer bezahlt die gemeinsamen Schulden?

Schulden muss grundsätzlich derjenige bezahlen, der Sie eingegangen ist. Die Unterschrift ist maßgeblich. Für gemeinsame Schulden müssen Sie auch während der Trennung gemeinsam aufkommen. Die Gläubiger interessiert nicht, ob Sie verheiratet sind oder nicht. Zahlt ein Partner alleine die Schulden weiter, wird dies bei einem möglichen Trennungsunterhalt oder bei der Vermögensaufteilung bei der Scheidung berücksichtigt.

Erlischt die Familienversicherung der Krankenkasse?

Der Krankenkassenschutz als familienversicherter Ehepartner erlischt nicht mit der Trennung. Während des Trennungsjahres dürfen Sie bei Bedarf weiter über Ihren Ehepartner krankenversichert bleiben. Erst mit der Scheidung endet diese Möglichkeit und Sie müssen die Krankenkasse informieren.

Auswirkungen des Trennungsjahres auf Hartz IV

Beziehen Sie als Ehepaar Hartz IV und bleiben gemeinsam in einem Haushalt leben, bilden Sie eine Wohngemeinschaft mit getrennter Haushaltsführung. Dies müssen Sie dem Jobcenter gegenüber belegen. Wer von Ihnen bedürftig und erwerbsfähig ist, erhält dann getrennt vom anderen Hartz IV.

Leben Sie räumlich getrennt, erhalten Sie als bedürftiger und erwerbsfähiger Mensch ebenfalls Hartz IV. Ein möglicher Ehegattenunterhalt wird als Einkommen angerechnet. Schwierigkeiten können eventuell entstehen, wenn Sie in der gemeinsamen Wohnung bleiben, diese aber formell zu groß ist. Das Jobcenter kann dann die Mietzahlungen kürzen oder Sie innerhalb einer gewissen Frist zum Umzug auffordern.

Sind Sie der ausziehende Partner, steht Ihnen für das Einrichten einer neuen Wohnung bei Bedarf eine Erstausstattung als Sonderbedarf zu.