Akteneinsicht: Dann sind Einblicke wichtig
Wird Ihnen eine Straftat vorgeworfen, ist es in der Regel unumgänglich, Akteneinsicht zu beantragen. Wurden Sie im Zuge einer Anklage bereits vorgeladen, gilt: Machen Sie keine Aussagen, solange Sie keine Akteneinsicht erhalten haben. Wissen Sie nicht im Detail, was Ihnen vorgeworfen wird, können voreilige Äußerungen schlimmstenfalls dazu führen, dass Ihnen diese zur Last gelegt werden.
Hier sind einige Fakten im Überblick:
- Eine Ermittlungsakte gibt Aufschluss über den Kenntnisstand der Ermittlungsbehörden.
- Aus der Akte geht hervor, worin genau der Vorwurf besteht und auf welchen Tatsachen er beruht.
- Beweise werden ebenfalls der Ermittlungsakte beigefügt.
Die Fakten verdeutlichen: Akteneinsicht ist in einem Strafverfahren mitunter ein bedeutender Baustein, wenn es um das weitere, strategische Vorgehen geht. Auf anwaltlichen Beistand sollten Sie nicht verzichten.
Akteneinsicht beantragen – mit Anwalt oder ohne?
Grundsätzlich ist es möglich, dass Sie Akteneinsicht selbst beantragen. Dieses Recht ergibt sich aus dem Grundsatz auf rechtliches Gehör. Voraussetzung ist, dass Sie ein berechtigtes Interesse vorweisen können.
Hinweis: rechtliches Gehör
Nach dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs muss jeder Beteiligte vor Gericht die Möglichkeit haben, sich zu gewissen Umständen zu äußern, ehe ein Urteil gefällt wird. Das ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Das trifft in aller Regel auf Sie zu, sofern Sie:
- einer Straftat beschuldigt werden,
- Opfer einer Straftat geworden sind,
- als Nebenkläger:in in einem Strafverfahren auftreten.
Unbeteiligte Dritte haben dementsprechend keinen Anspruch auf Akteneinsicht.
Haben Sie ein Recht auf Akteneinsicht, umfasst das auch die Sichtung von Beweisstücken, sofern welche in der jeweiligen Akte angeführt sind.
Wird Ihnen eine Straftat vorgeworfen, ist es grundsätzlich nicht ratsam, selber Akteneinsicht ohne Anwalt zu beantragen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Sie oftmals Einschränkungen hinnehmen müssen – insbesondere, wenn eine vollständige Akteneinsicht dazu führen könnte, dass anstehende Untersuchungen, bspw. eine Hausdurchsuchung, gefährdet werden würden. Zum anderen deutet und bewertet ein Anwalt die Einträge in einer Strafakte juristisch und baut eine entsprechende Verteidigungsstrategie auf. Laien ist das aufgrund der oft komplexen Formulierungen in der Regel nicht möglich.
Wichtig: Verpflichtungen Ihres Verteidigers
Haben Sie einen Anwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragt, ist er dazu verpflichtet, Sie über die Inhalte der Akte zu informieren. Voraussetzung ist, dass das Ihrer Verteidigung dient. In dem Zusammenhang darf Ihr Anwalt Ihnen auch Aktenabschriften und Kopien aushändigen.
Wird Ihnen auf einen Eigenantrag hin Akteneinsicht gewährt, ist diese in der Regel nur in der jeweiligen Geschäftsstelle möglich. An Privatpersonen werden keine Akten verschickt. Auch deshalb ist der Weg über einen Anwalt mitunter sinnvoller.
Akteneinsicht für Geschädigte und Nebenkläger
Treten Sie in einem Verfahren als Geschädigte:r auf, ergibt sich das Recht auf Akteneinsicht aus dem Umstand der Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche. Es muss Ihnen bzw. Ihrem Anwalt möglich sein, Ansprüche zu ermitteln und Erfolgsaussichten abschätzen zu können.
Ebenso gewährt die Strafprozessordnung (StPO) Nebenkläger:innen bzw. ihren Anwälten Akteneinsicht. Die kann allerdings mit Einschränkungen einhergehen. Treten Sie als Nebenkläger:in auf, kann ein Antrag auf Einsicht in die Ermittlungsakte untersagt werden, sofern sich dadurch Nachteile für die oder den Beschuldigte:n ergeben können. Das ist beispielsweise der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass Sie durch die Wissensstände aus der Akte beeinflusst werden.
Antrag stellen: So ist Akteneinsicht zu beantragen
Möchten Sie Akteneinsicht beantragen, müssen Sie sich an die zuständige Stelle wenden. Je nach Stand der Ermittlungen ist das entweder die Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht. Vor Erhebung der Anklage liegt die Entscheidung bei der Staatsanwaltschaft, nach der Anklage beim Gericht. Eine besondere Form müssen Sie nicht wahren – ein einfacher Brief genügt. Allerdings sollten Sie darauf achten, den Antrag möglichst genau zu formulieren. Ebenso sollte Ihr Aktenzeichen im Schreiben auftauchen.
Um Ihnen den Antragsvorgang zu erleichtern, stellen wir Ihnen eine Vorlage zur Verfügung:
Akteneinsicht beantragen Muster
Hinweis: Akteneinsicht bei der Polizei beantragen
Es ist ebenso möglich, Akteneinsicht bei der Polizei zu beantragen. Die leitet Ihr Anliegen dann an die zuständige Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht weiter. Dort wird über Ihre Anfrage entschieden.
Akteneinsicht online beantragen: Das sind die Möglichkeiten
Um Akteneinsicht zu beantragen bei einer Behörde, braucht es grundsätzlich einen schriftlichen Antrag in Papierform. Ein einfaches Schreiben per E-Mail wird nicht anerkannt. Hintergrund ist, dass es sich dabei nicht um einen sicheren Übermittlungsweg handelt, den es für die Kommunikation mit Staatsanwaltsschaften oder Gerichten jedoch braucht.
Ebenso wenig ist es Privatpersonen möglich, eine elektronische Akteneinsicht zu beantragen. Dafür braucht es eine Registrierung in einem sogenannten SAFE-Verzeichnisdienst für den elektronischen Rechtsverkehr.
Akteneinsicht beantragen: Kosten & Dauer
Beantragen Sie bzw. Ihr Anwalt Akteneinsicht, ist das mit Kosten verbunden. Die ergeben sich aus unterschiedlichen Positionen. Mit anwaltlicher Unterstützung fallen folgende Gebühren an:
- für die Anwaltsdienste ein variabler Betrag zwischen 44,00 und 396,00 EUR nach dem dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) angefügten Vergütungsverzeichnis (VV), Nr. 4100 VV RVG,
- Kopierkosten für die ersten 50 Seiten á 0,50 EUR/Seite,
- Kopierkosten für alle weiteren Seiten á 0,15 EUR/Seite,
- Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG,
- Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 EUR (bei elektronischen Akten fällt keine Pauschale an).
Die Kosten variieren also je nach Honorar Ihres Anwalts und Umfang der Ermittlungsakte. Erkundigen Sie sich im Zweifelsfall vorab bei Ihrem Verteidiger.
Wie lange es dauert, bis Sie nach einem Antrag tatsächlich Akteneinsicht erhalten, lässt sich pauschal nicht voraussagen. Das hängt stark vom Ermittlungsverfahren und dessen Fortschritt ab. Die Wartezeit kann wenige Tage, aber auch mehrere Monate betragen.
Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt: Ihre Optionen
Haben Sie selbst versucht, Akteneinsicht im Strafverfahren zu beantragen und Ihr Antrag wurde abgelehnt, ist anwaltlicher Beistand unumgänglich. Zwar stehen Ihnen Rechtsmittel zur Verfügung, mit denen Sie gegen die Entscheidung angehen können – zu nennen ist hier insbesondere der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Für juristische Laien gestaltet sich das jedoch oft schwierig. Hinzu kommt, dass ein Anwalt grundsätzlich ein umfassenderes Recht auf Akteneinsicht besitzt als eine Privatperson. Das macht die Durchsetzung des Anspruches leichter.
Entscheidend bei einem Vorgehen gegen die Ablehnung einer Akteneinsicht ist in erster Linie der Grund für die Zurückweisung. Infrage kommen z.B.:
- Schutz der Ermittlungen
- Schutz von Personen
- fehlende Berechtigung
- fehlendes berechtigtes Interesse
Ein Anwalt beurteilt den Ablehnungsbescheid und formuliert einen juristisch fundierten Widerspruch. Ein Hauptargument liefert dabei die Notwendig der Akteneinsicht zur effektiven Verteidigung seiner Mandantin oder seines Mandanten.
Quellen: