Die Zwangsversteigerung: Ein Vollstreckungsverfahren

Zwangsversteigerung ist ein Vollstreckungsverfahren, das gesetzlich geregelt ist. Beantragt wird die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger beim zuständigen Amtsgericht. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erwirbt der Gläubiger einen Vollstreckungstitel und die Vollstreckungsklausel. Das ist eine amtliche Urkunde, die mächtig ist und die Zwangsvollstreckung möglich macht. Die Zwangsversteigerung wird im Grundbuch in der Abteilung 2 („Lasten und Beschränkungen“) eingetragen.

Was ist eine Teilungsversteigerung?

Nicht immer ist es die Bank, die als Hauptgläubiger zu diesen harten Maßnahmen greift. Es häufen sich die Fälle von Teilungsversteigerungen, z. B., wenn nach einer Trennung ein Paar sich darüber nicht einigen kann, was mit dem Haus geschehen soll. In diese Situationen auch Erben geraten, die keine Einigung über den Umgang der geerbten Immobilie erzielen können. Die Teilungsversteigerungen sind Formen der Zwangsversteigerung.

Was genau fällt unter den Begriff „unbewegliches Vermögen“?

Unter „unbewegliches Vermögen“ sind sowohl Gegenstände als auch Rechte zu verstehen. Das können Ein- und Mehrfamilienhäuser sein

  • Eigentumswohnungen
  • Garagen und Stellplätze
  • bebaute oder unbebaute Grundstücke
  • sogar Flugzeuge und Schiffe werden wie unbewegliche Güter behandelt, soweit sie in ein Register eingetragen sind

Es können aber auch Rechte unter diesem Begriff fallen wie

  • Erbbaurechte
  • Teileigentumsrechte

Informationen über Zwangsversteigerungen erlangen

Das zuständige Amtsgericht gibt bekannt, wann und welche Immobilien zwangsversteigert werden. Das geschieht durch:

  • Aushänge in ihren Räumlichkeiten
  • Bekanntmachung in den Tageszeitungen („amtliche Bekanntmachungen“)
  • Aushänge in den Banken

Hinweis: Kurzgutachten auf den Online-Seiten der Amtsgerichte

Besonders wichtig: Sie finden auf den Seiten der Amtsgerichte oft ein „Exposé“ als PDF. Das Exposé ist ein Kurzgutachten, das zumeist auch Bilder des Objekts enthält. Nicht selten sind auch die vollständigen Gutachten online als PDF zu finden.

Natürlich gibt es inzwischen zahlreiche Internetplattformen, sogenannte Versteigerungspools, die über Zwangsversteigerungen informieren. Auch die Amtsgerichte selbst stellen online durchaus umfängliche Informationen zur Verfügung. Sie erfahren auf diesen Onlinediensten zum Beispiel folgende Angaben:

  • Anschrift des Objekts
  • Verkehrswert
  • Wohnfläche bzw. Nutzungsfläche
  • Name des Gläubigers
  • Angaben zum Grundbuch
  • Ort der Versteigerung
  • Wortlaut der amtlichen Bekanntmachung

Ermittlung des Verkehrswerts

Der Verkehrswert – das ist der Schätzwert – drückt aus, wie die Immobilie bewertet wird. Er orientiert sich an bestehenden Marktwerten vergleichbarer Objekte in vergleichbaren Lagen. Der Verkehrswert wird vor der Versteigerung festgesetzt – oft lange vorher. Damit sind für die Gläubiger und den Schuldner die Wertgrenzen gesetzt.

Bei einer Zwangsversteigerung wird der Verkehrswert von einem Sachverständigen ermittelt. Im Auftrag des zuständigen Amtsgerichts erstellt er ein Gutachten. Das Gutachten kann nach der Terminveröffentlichung auf der Geschäftsstelle der Zwangsversteigerungsabteilung eingesehen werden oder gegebenenfalls online.

Was enthält das Gutachten?

Das Gutachten nimmt einen zentralen Platz in der Bewertung der Immobilie ein. Sie sollten sich auf eine anspruchsvolle Lektüre einstellen. Die Gutachten sind in der Regel recht umfangreich: Hundert Textseiten zu einem Objekt sind keine Ausnahme. Natürlich ist der Sachverständige gehalten, alle Merkmale der Immobilie präzise zu benennen, die wertsteigernden Merkmale sowie diejenigen Mängel, die er feststellen kann.

Bedeutend sind obendrein die Grundbucheinträge, die wesentliche Inhalte zu Rechten und Lasten des Grundstücks aufführen.

Hinweis: Was beinhaltet ein Grundbuchauszug?

Der Grundbuchauszug ist eine Abschrift der Grundbucheintragung zu einem bestimmten Grundstück bzw. einer Immobilie. Sie erfahren den Namen des Besitzers und wesentliche Inhalte zu Rechten und Lasten des Grundstücks. Sie müssen ein berechtigtes Interesse nachweisen (z. B. einen Vorvertrag), wenn Sie einen Auszug beantragen. Das geht auch online. Die Bearbeitung kann drei Wochen dauern.

Wie zuverlässig ist das Gutachten?

Es ist hinsichtlich des Gutachtens Skepsis angebracht. Vermutlich werden Sie selber versuchen, den Wert einer Immobilie nach Ihren eigenen Einschätzungen zu ermitteln. Das ist auch gut so, denn auch erfahrene Sachverständige können den Verkehrswert zu hoch ansetzen.

Hinweis: Wie aktuell ist das Gutachten?

Zwischen der Terminansetzung und der Versteigerung können sogar zwei Jahre vergehen. Nach Fertigstellung des Gutachtens kann sich der Zustand der Immobilie verschlechtern. Das sollten Sie berücksichtigen.

Dem Sachverständigen ist es oft nicht möglich, das Innere des Hauses bzw. die Wohnung in Augenschein zu nehmen. Wie alt sind die elektrischen Leitungen, wie steht es mit den Abwasserrohren aus, gibt es Schimmel? Diese Fragen kann der Gutachter nicht sicher beantworten, wenn er keinen Zutritt zum Gebäude hat.

Ebenso wenig gibt das Gutachten Auskunft darüber, ob der Boden absackt, die Baugenehmigung ausreichend ist, weitere Altlasten vorliegen. Zwar wird der Gutachter in einem solchen Fall den Verkehrswert prozentual verringern, aber die letzte Sicherheit, ob der Verkehrswert korrekt angesetzt ist, haben Sie damit eher nicht.

Merke: Baumängel müssen im Gutachten über den Verkehrswert nicht genannt werden.

Können Sie die Immobilie vor der Versteigerung besichtigen?

Unbedingt zu empfehlen ist ein Besichtigung der Immobilie, auf die Sie bieten wollen. Das Gutachten enthält zwar maßgebliche Informationen. Aber schließlich werden Sie mit dem Neuerwerb die nächsten Jahre zu tun haben. Die Folgekosten müssen für Sie kalkulierbar sein. Verschaffen Sie sich ein genaues Bild von dem Objekt. Sie wollen schließlich zu einem eigenen Urteil kommen.

Hinweis: Keine Mängelhaftung

Wie das Objekt steht und liegt, wird es versteigert. Es gibt keine Mängelhaftung. Sie kaufen eine Immobilie, von der sie beim Kauf höchstwahrscheinlich nicht alles wissen.

Die Anschrift der Immobilie haben Sie ja aus der Bekanntmachung des Amtsgerichts erfahren. Begeben Sie sich vor Ort, machen Sie einen Spaziergang, um die Lage des Hauses und seine Anbindung erkunden. Sie können versuchen, mit Nachbarn in Kontakt zu treten, um über Probleme des Quartiers informiert zu sein. Sollte das Haus noch von den Eigentümern bewohnt werden, so werden diese von Interessenten der Zwangsversteigerung wahrscheinlich nicht so angetan sein. Bei ihnen zu klingeln, kann wütende Reaktionen herausfordern.

Ablauf einer Versteigerung

Die Versteigerung ist öffentlich, jeder kann Sie besuchen, auch ohne bieten zu wollen. Um die Abläufe während einer Versteigerung kennenzulernen, setzen Sie sich unverbindlich zwischen die erfahrenen Bieter und beobachten, wie die Abläufe in der Praxis aussehen. Bringen Sie Ihren Personalausweis oder Reisepass mit.

Es empfiehlt sich, rechtzeitig beim Amtsgericht einzutreffen. Bevor die Auktion beginnt, werden wichtige Informationen gegeben, die Einfluss auf Ihre Entscheidung, auf das Objekt zu bieten, haben können. Der Rechtspfleger trägt den Text der amtlichen Bekanntmachung vor sowie die Zusatzleistungen und Ersatzbeträge, die zusätzlich zu dem Kaufpreis anfallen. Das sind:

  • die Kosten des Verfahrens (dies wird als „Barwert“ bezeichnet: damit ist nicht „Bargeld“ gemeint)
  • rückständigen Grundsteuern und Belastungen, die Sie übernehmen müssen (das sind „bestehenbleibende Rechte“)
  • Rechte aus Grundbucheintragungen.

Hinweis: Altlasten aus dem Grundbuch

In der Abteilung II des Grundbuchs der Immobilie sind Rechte eingetragen, die Sie übernehmen müssen. Das können Wohnrechte, Rohrleitungsrechte und anderes sein.

Gläubiger haben jetzt noch die Gelegenheit, Ansprüche anzumelden. Danach beginnt die „Biete-Stunde“, die mindestens eine halbe Stunde dauern muss, auch wenn niemand ein Gebot abgibt. Wird kurz vor Ablauf der halben Stunde doch noch auf das Objekt geboten, kann die Versteigerung auch über diese halbe Stunde hinausgehen.

Empfehlung: Ihr Finanzierungskonzept

Vor dem ersten Gebot sollte ein solides Finanzierungskonzept vorliegen. Eine klare Kenntnis über das Kostenpaket, dass zusätzlich zu dem Zuschlagspreis anfällt, ist für Ihre Kalkulation wichtig.

Es können Bietergemeinschaften gebildet werden. In diesem Fall sollten alle Bieter anwesend sein oder beglaubigte Vollmachten vorlegen können. Andernfalls sind Ihre Gebote unwirksam. Es muss obendrein hinterlegt sein, wie die Besitzverhältnisse im Fall nach einer erfolgreichen Ersteigerung aufgeteilt werden sollen, z. B. je die Hälfte bei einem Ehepaar.

Merke: Sie können auch im Auftrag mit einer vom Notar beglaubigten Vollmacht bieten.

Verfahren nach dem Zuschlag: Wie geht es nach der Auktion weiter?

Das Meistgebot wird vom Rechtspfleger verkündet, anschließend beginnen Verhandlungen über den Zuschlag. Wie der Versteigerungserlös unter den Gläubigern aufgeteilt werden soll, wird in einem neu anberaumten Termin geklärt. Dieser Termin ist für den Ersteher der Immobilie sehr wichtig, weil er bis dahin das Barangebot bezahlt haben muss, einschließlich der Zinsen in Höhe von 4 %.

Sie erhalten einen Zuschlagsbeschluss und mit ihm den Vollstreckungstitel. Sie benötigen nun noch die Vollstreckungsklausel. Sollte die Immobilie vom Alteigentümer noch bewohnt sein, können Sie den Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Räumung beauftragen.

Empfehlung: Achten Sie auf den Verteilungstermin

Wer bis zu diesem Verteilungstermin nicht bezahlt hat, begibt sich in die Gefahr, dass die Forderungen der Gläubiger an ihn übertragen werden.

Was hat es mit dem Mindestgebot auf sich?

Das Mindestgebot, das von den Bietern gefordert wird, liegt weit unter dem Verkehrswert. Es wird selbst dann nicht unterschritten, wenn es keine Gebote gibt. Der Zuschlag wird nur erteilt, wenn mindestens die Hälfte des Verkehrswertes erreicht wird. Andernfalls wechselt das Objekt nicht den Besitzer.

Gläubiger können festsetzen, dass mindestens 70 % des Verkehrswertes erzielt werden müssen. Liegt das Gebot darunter, können Sie einen Antrag auf Zuschlagsverweigerung stellen.

Findet sich kein Bieter, der das Mindestgebot abgibt, stellt das Gericht das Verfahren ein. Der Gläubiger kann eine Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Es wird dann ein neuer Versteigerungstermin angesetzt. Hier gelten weniger strenge Mindestgebotsregeln. Die Wertgrenzen fallen zumeist weg.

Welche Sicherheitsleistungen werden akzeptiert?

Sie müssen nach Ihrem ersten Gebot 10 % des Verkehrswerts (also nicht des Mindestgebots) als Sicherheitsleistung hinterlegen. Das kann eine Bankbürgschaft sein, ein beglaubigter Scheck. Die Überweisung an die Gerichtskasse ist ebenfalls möglich und muss vor dem Versteigerungstermin erfolgen. Sicherheitsleistung in Bargeld werden nicht akzeptiert. Wird die Sicherheitsleistung nach Aufforderung nicht erbracht, ist das Gebot unwirksam.

Hinweis: Überweisung an die Gerichtskasse

Die Sicherheitsleistung an die Gerichtskasse sollten Sie frühzeitig vornehmen, denn es wird eine Zeit dauern, ehe die Gerichtskasse den Nachweis Ihrer Überweisung an das Versteigerungsgericht weiterreicht. Ohne Sicherheitsleistung kein wirksames Gebot.

Welche Kaufnebenkosten fallen bei der Zwangsversteigerung an?

Wenn Sie den Zuschlag für eine Immobilie bei der Versteigerung erhalten, dann fallen neben dem Kaufpreis auch noch andere Kosten an. Es sind dies:

  • Ihr Gebot wird zu Ihren Lasten verzinst. Das bedeutet, dass 4 % Zinsen bis zur Bezahlung der vollen Summe berechnet werden.
  • Es wird die Grunderwerbsteuer fällig. Sie beträgt je nach Bundesland zwischen 3 % und 6,5 %.
  • Ferner fallen Kosten für die Eintragung ins Grundbuch an, die über den Verkehrswert ermittelt werden.
  • Nicht zu vergessen die Zuschlagsgebühren. Sie sparen sich zwar die Kosten für den Notar, müssen aber dafür Zuschlagsgebühren bezahlen, die sich an Ihrem Gebot orientieren.

Risiken des Erstehens einer Immobilie aus Zwangsversteigerungen

Als Käufer eines zwangsversteigerten Hauses können Sie keine Gewährleistungen in Anspruch nehmen. Sie haben die Aufgabe, sich über die Beschaffenheit und Substanz des Hauses Informationen zu besorgen. Die im Grundbuch eingetragenen Belastungen müssen Sie nach dem Erwerb des Hauses übernehmen. Entweder Sie besorgen sich einen Auszug aus dem Grundbuch oder sie finden den Auszug als Teil des Verkehrswertgutachtens.

Hat der Gutachter keinen Zutritt zum betreffenden Haus erlangt, kann es nach der erfolgreichen Ersteigerung der Immobilie zu bösen Überraschungen kommen. Ihnen wird deshalb daran gelegen sein, sich mit dem Gebäude, seiner Lage, der Umgebung, Lärm- und Geruchsentwicklung vertraut zu machen, besonders, wenn Sie die Immobilie selber nutzen will. Wohnt der überschuldete Eigentümer noch in dem Haus, müssen Sie sich selbst um die Räumung kümmern.

Merke: Manchmal vergehen Monate bis zur Fertigstellung des Gutachtens und dann wiederum Jahre bis zur Versteigerung. Inzwischen hat das Haus möglicherweise leer gestanden, ist nicht beheizt worden und es hat sich womöglich Schimmel gebildet.

Hinweis: Eine Immobilie vor der Versteigerung erwerben?

Es ist grundsätzlich möglich, ein Haus vor der eigentlichen Auktion zu kaufen, sofern der Gläubiger – zumeist eine Bank – sich darauf einlässt. Nach Zahlung des Kaufpreises kann der Gläubiger den Antrag von Zwangsversteigerung zurücknehmen. Der Kauf wird für Sie vermutlich teurer als auf einer Versteigerung. Allerdings kommen Sie anderen Interessierten zuvor, die auf einer Versteigerung Sie überbieten könnten.

Das sollten Sie beim Kauf beachten

  • Bevor Sie das erste Mal bieten, besuchen Sie probehalber eine Versteigerung. Die ist öffentlich.
  • Machen Sie sich vor Ort ein eigenes Bild von der Immobilie.
  • Informieren Sie sich über die Kaufnebenkosten, die nach erfolgreichem Erstehen anfallen.
  • Nach der Auktion erfolgt der Verteilungstermin. Bis dahin müssen Sie bezahlt haben, zuzüglich 4 % Zinsen.
  • Sollte die Immobilie vom Alteigentümer noch bewohnt sein, können Sie den Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Räumung beauftragen.
  • Bestehende Pacht- und Mietverträge müssen übernommen werden. Es besteht aber ein Sonderkündigungsrecht in einer sehr engen Frist.
  • Baumängel müssen im Gutachten über den Verkehrswert nicht genannt werden.
  • Im Falle der mutwilligen Zerstörung des Vorbesitzers haben Sie keine Handhabe.