Werden Eltern pflegebedürftig, kommt schnell das Thema Pflegekosten auf. Eine zentrale Frage dabei lautet: Wann und in welchem Umfang sind Kinder zu Elternunterhalt verpflichtet? In diesem Beitrag gehen wir auf alle wichtigen Aspekte ein und erklären Ihnen, wie sich Elternunterhalt berechnet.

Definition & rechtliche Grundlage von Elternunterhalt

Elternunterhalt stellt eine gesetzliche Verpflichtung von Kindern gegenüber ihren Eltern dar, sofern diese pflegebedürftig werden und die daraus resultierenden Kosten für bspw. ein Pflegeheim nicht selbst stemmen können. Unter bestimmten Umständen müssen die Kinder ihren Eltern finanziell unter die Arme greifen.

Die gesetzliche Grundlage findet sich in den Paragrafen 1601 bis 1611 Bürgerliches Gesetzbuch (§§ 1601 ff. BGB).

Bevor Sie als Tochter oder Sohn beim Elternunterhalt in die Pflicht genommen werden können, wird vorerst geprüft, ob Sie dazu überhaupt in der Lage sind.

Wichtig: Einkommensgrenze
Beim Elternunterhalt gilt eine Einkommensgrenze in Höhe von 100.000 EUR. Relevant sind dabei unterschiedliche Einnahmen, die Sie erzielen. Im Ratgeber gehen wir auf die Berechnung Ihres Gesamteinkommens noch genauer ein. Ebenso nehmen wir weiteres Vermögen in den Blick.

Zusammenfassen lassen sich also beim Elternunterhalt drei Voraussetzungen ausmachen:

  1. es besteht ein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie,
  2. Bedürftigkeit der Eltern,
  3. ausreichend Einkommen aufseiten der Kinder.

Rolle des Angehörigen-Entlastungsgesetzes beim Elternunterhalt

Seit dem 1. Januar 2020 gilt das Angehörigen-Entlassungsgesetz, das eine deutliche Entlastung für Kinder beim Elternunterhalt mit sich brachte. Die wesentlichen gesetzlichen Regelungen sind:

  • Verwandte ersten Grades müssen ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 EUR Unterhaltskosten für ein Familienmitglied übernehmen, sofern das eigene Vermögen der Pflegebedürftigen dafür nicht ausreicht.

Hinweis: Einkommen und Vermögen von Pflegebedürftigen

Haben Ihre Eltern Einkommen oder Vermögen, müssen sie das erst aufbrauchen, ehe Sie herangezogen werden können. Allerdings gilt beim Elternunterhalt ein Schonvermögen von bis zu 10.000 EUR pro Einzelperson und 20.000 EUR bei Ehepaaren bleibt dabei unangetastet.

  • Kinder von pflegebedürftigen Eltern werden für ungedeckte Pflegekosten herangezogen, wenn ihr Einkommen über der 100.000-Euro-Grenze liegt. Ob der Elternunterhalt ein Pflegeheim oder sonstige Pflegekosten finanziert, ist dabei unerheblich.
  • Liegen Kinder mit ihrem Jahresbruttogehalt unter 100.000 EUR, haben jedoch zusätzliches Vermögen, ergibt sich daraus nicht unbedingt eine Unterhaltspflicht. Beim Elternunterhalt ist bestimmtes Vermögen, wie bspw. eine Immobilie, geschützt.
  • Beim Elternunterhalt sind Schwiegerkinder oder Ehepartner außen vor. Ihr Einkommen wird nicht berücksichtigt, sofern die Grenze grundsätzlich nicht überschritten wird.

Elternunterhalt: Wer muss für wen zahlen?

Unterhaltspflichtig sind beim Elternunterhalt grundsätzlich nur Verwandte ersten Grades. Sind Ihre Eltern pflegebedürftig, können dementsprechend nur Sie als Kind zur finanziellen Unterstützung herangezogen werden, nicht aber Ihre Kinder, sprich die Enkelkinder Ihrer Eltern.

Gibt es mehrere Geschwister, wird der Elternunterhalt anteilig nach den jeweiligen Einkommensverhältnissen aufgeteilt. Die Einkommensgrenze von 100.000 EUR gilt aber auch hier. Nur wessen jährliches Gesamteinkommen die Grenze übersteigt, muss zahlen. Zwar entfallen auch Anteile auf die übrigen Kinder. Die werden jedoch vom Sozialamt übernommen.

Wer muss keinen Elternunterhalt zahlen?

Wie bereits erwähnt, setzt der Elternunterhalt bei Pflege Ihrer Eltern voraus, dass Sie jährlich mindestens 100.000 EUR verdienen. Liegt Ihr Bruttojahreseinkommen darunter, sind Sie nicht zahlungspflichtig.

Voraussetzung beim Elternunterhalt ist außerdem eine „gerade Linie“ im Verwandtschaftsverhältnis – die besteht nur zwischen Eltern und ihren Kindern. Dementsprechend bleiben weitere Personengruppen von der Pflicht unberührt:

  • Enkelkinder,
  • Geschwister von Pflegebedürftigen, 
  • Neffen und Nichten,
  • Tanten und Onkel,
  • Schwiegerkinder,
  • nicht verheiratete Partner, etc.

Hinweis: Stiefkinder und adoptierte Kinder

Als Stiefkind sind Sie nicht unterhaltspflichtig. Wurden Sie jedoch adoptiert, sind Sie einem leiblichen Kind gleichgestellt. Erfüllen Sie hinsichtlich des Einkommens also die Voraussetzungen, müssen Sie in aller Regel Elternunterhalt zahlen.

Einkommen beim Elternunterhalt: Das gilt beim Berechnen

100.000 EUR ist ein hoher Betrag, der erst einmal erreicht werden will. Immerhin können Sie erst ab dieser Einkommensgrenze beim Elternunterhalt in die Pflicht genommen werden. Wichtig ist dabei aber zu wissen, dass nicht nur Einkommen betrachtet wird, das Sie aus einer Erwerbstätigkeit erzielen. Auch andere Einnahmen sind von Belang:

  • aus Vermietung und/oder Verpachtung,
  • Kapitalerträge,
  • Urlaubsgeld,
  • Weihnachtsgeld,
  • Renten.

 Bestimmtes Vermögen bleibt beim Elternunterhalt außen vor. Eine selbst genutzte Immobilie wird bspw. nicht bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt. Derartiges Eigentum stellt in aller Regel Schonvermögen dar. Gleiches gilt für bestimmte Rücklagen, etwa für Sanierungen, die eigene Altersvorsorge oder die Ausbildung der Kinder.

Hinweis: Schonvermögen

Schonvermögen ist dazu da, um Sie vor finanzieller Überlastung zu schützen und Ihren Lebensstandard sicherzustellen. Ebenso gilt es, Ihre eigene Altersvorsorge nicht zu gefährden. Dementsprechend sind bestimmte Vermögenswerte von der Berechnung des Elternunterhalts auszunehmen.

Ebenso werden Einkommens-mindernde Ausgaben betrachtet. Werfen wir einen Blick auf die Ermittlung des relevanten Einkommens.

Ermittlung des heranzuziehenden Einkommens

Um zu berechnen, ob und wie viel Elternunterhalt Sie zahlen müssen, wird zunächst das relevante Einkommen ermittelt. Das ergibt sich aus der Summe all Ihrer Einkünfte, für die Einkommenssteuer fällig wird. Befinden Sie sich in einem Angestelltenverhältnis, wird ein Durchschnitt Ihres Nettoeinkommens aus den vergangenen zwölf Monaten vor Aufkommen der Unterhaltspflicht gebildet.

Sind Sie selbstständig, werden zur Ermittlung Ihres Einkommens in der Regel Ihre durchschnittlichen Nettoeinkünfte der vergangenen drei bis fünf Jahre betrachtet.

Im zweiten Schritt wird das bereinigte Nettoeinkommen gebildet. Es werden also verschiedene Positionen von Ihrem Gesamteinkommen abgezogen. Darunter befinden sich z.B.:

  • Beiträge zur Krankenkasse,
  • Leistungen zur Altersvorsorge bis zu 5 % des Bruttoeinkommens,
  • Schulden,
  • Unterhaltspflichten für Kinder oder Ehepartner,

Wichtig: Unterhalt für Kinder und/oder Ehepartner

Sind Sie Kindern und/oder Ihrem Ehepartner zu Unterhalt verpflichtet, haben diese Zahlungen Vorrang vor dem Elternunterhalt.

  • berufsbedingte Ausgaben,
  • Fahrtkosten für Besuche der Eltern.

Ist das Nettoeinkommen ermittelt, muss Ihnen davon ein Mindestbetrag bleiben – der sogenannte Selbstbehalt. Trotz Elternunterhalt muss sichergestellt sein, dass Ihnen genug Geld bleibt, um den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2024 liegt der Selbstbehalt bei 2.650 EUR. Je nach Einzelfall kann diese Summe jedoch variieren.

Einkünfte des Ehepartners: Das ist wichtig

Grundsätzlich gilt: Beim Elternunterhalt trifft den Ehepartner keine Pflicht. Gleichwohl werden mitunter Angaben zum Einkommen gefordert. Hintergrund ist, dass das Sozialamt wissen muss, mit welchem Einkommen sich der Ehepartner am Familienbedarf beteiligt. Je nach Umfang wirkt sich das steigernd oder mindernd auf die Unterhaltsforderung gegenüber des verpflichteten Kindes aus.

Elternunterhalt berechnen: Praxisbeispiel

Anhand eines Praxisbeispiels wollen wir Ihnen die Berechnung des Elternunterhalts in Zahlen verdeutlichen. Dem legen wir folgenden Fall zugrunde:

Herr Müller ist pflegebedürftig und lebt in einem Pflegeheim. Weil seine Rente und die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die monatlichen Heimkosten zu zahlen, prüft das Sozialamt, ob seine Tochter Sarah unterhaltspflichtig ist. Nennenswertes Vermögen, das vorher aufzubrauchen ist, besitzt Herr Müller nicht.

Das Jahresbruttoeinkommen von seiner Tochter Sarah beträgt 132.000 EUR (11.000 EUR monatlich). Es gibt folgende Abzüge:

  • Private Krankenkasse: 560 EUR/Monat (6.720 EUR/Jahr)
  • Private Altersvorsorge: 620 EUR/Monat (7.440 EUR/Jahr)
  • Kosten für den Arbeitsweg von 50 Kilometern: 4.180 EUR/Jahr

Daraus ergibt sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 113.660 EUR. Damit liegt Ihr Bruttoeinkommen über der Grenze von 100.000 EUR, woraus sich für Sarah die Pflicht ergibt, Elternunterhalt zu zahlen.

Sonderfälle: Elternunterhalt bei Rente, Auslandsaufenthalt, Leistungsbezug

In besonderen Situationen gelten mitunter abweichende Bestimmungen. Beim Elternunterhalt kommen dabei vor allem weitere Fragen auf, wenn die Unterhaltspflichtigen ins Rentenalter eingetreten, im Ausland wohnhaft oder auf Sozialleistungen wie Sozialhilfe angewiesen sind. Wir nehmen die unterschiedlichen Umstände in den Blick.

Elternunterhalt als Rentner zahlen

Haben Sie das Renteneintrittsalter erreicht und gehen in den wohlverdienten Ruhestand, ist der Elternunterhalt nicht zwingend automatisch vom Tisch. Zwar ist der Spielraum in aller Regel deutlich geringer. Geben Ihre Rentenhöhe und ggf. weitere Einkünfte es jedoch her, dass Sie weiterhin Elternunterhalt zahlen, müssen Sie dieser Pflicht nachkommen.

Wichtig: Schonvermögen für Altersvorsorge

Mit dem Erreichen des Rentenalters wird vorhandenes Schonvermögen, das der Altersvorsorge dient, aufgelöst und als Einkommen auf die Monate bis zum statistischen Lebensende umverteilt.

Regelungen zum Elternunterhalt bei Leben im Ausland

Sind Sie Ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig, leben jedoch im Ausland, entscheidet Ihre Staatsangehörigkeit darüber, ob Sie Elternunterhalt zahlen müssen oder nicht. Besitzen Sie nach wie vor die deutsche Staatsbürgerschaft, gilt das deutsche Recht – Sie müssen Ihrer Pflicht nachkommen. Liegen die Lebenshaltungskosten in Ihrer Wahlheimat weitaus höher als in Deutschland, kann sich das ggf. auf Ihren Selbstbehalt auswirken. Der kann höher angesetzt werden.

Elternunterhalt bei Sozialhilfe-Bezug

Sind Sie auf staatliche Leistungen angewiesen, gilt für Sie keine Unterhaltspflicht beim Elterngeld. Da Sie selbst nicht in der Lage sind, Ihren eigenen Unterhalt zu finanzieren, kann nicht von Ihnen verlangt werden, andere zu unterstützen.

Um zu Elternunterhalt verpflichtet zu werden, muss ein Bruttojahreseinkommen von mindestens 100.000 EUR vorliegen.

Elternunterhalt vermeiden: Ist eine Befreiung von der Pflicht möglich?

Eine Befreiung von der Unterhaltspflicht gegenüber Ihren Eltern ist nur in besonderen Härtefällen möglich. Folgende Umstände kommen dabei infrage:

  • Sittliches Verschulden: Von sittlichem Verschulden ist die Rede, wenn eine pflegebedürftige Person aufgrund einer Trink- oder Drogensucht eigenverantwortlich pflegebedürftig geworden ist und eine Behandlung abgelehnt hat.
  • Vernachlässigung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind: Hat ein Elternteil seine Unterhaltspflicht selbst nicht erfüllt, kann vom betroffenen Kind kein Elternunterhalt verlangt werden, beziehungsweise nicht in vollem Ausmaß.
  • Schwere Verfehlungen: War ein Kind durch seine Eltern körperlicher Misshandlung, grober Vernachlässigung oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt, müssen die Betroffenen keinen Elternunterhalt zahlen.

Verstehen Sie sich mit Ihren Eltern schlichtweg nicht gut, genügt das nicht, um Elternunterhalt zu vermeiden.

Hilfe durch einen Anwalt beim Elternunterhalt: Dann ist Rat sinnvoll

Zweifeln Sie an Ihrer Unterhaltspflicht oder an der Höhe des Elternunterhalts, die der Sozialhilfeträger für Sie festgesetzt hat, kann ein Anwalt für Klarheit sorgen. Er prüft, ob Sie mit Ihrem Jahresbruttoeinkommen tatsächlich die 100.000-Euro-Marke knacken, Ihre Eltern bedürftig sind und kein eigenes Vermögen vorangestellt werden kann oder ob ggf. ein Härtefall vorliegt, der Sie von Ihrer Pflicht befreit.

 

Quellen: