Gesetzliche Vorgaben zur Winterreifenpflicht in Deutschland
Da eine Winterreifenpflicht nur Sinn macht, wenn sie der Sicherheit von Menschen und Sachwerten dient, gibt es in Deutschland eine sogenannten “situative Winterreifenpflicht”. Gemäß § 2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) dürfen bei “Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte” nur Kraftfahrzeuge mit Winterreifen im öffentlichen Straßenverkehr fahren.
Aufgrund der vielen klimabedingten Wetterschwankungen treten Eis und Schnee in einigen Regionen von Deutschland im Winter eher selten auf. Daher würde eine allgemeine Winterreifenpflicht in Deutschland keinen Sinn machen. Zudem gibt es auch Fahrzeuge, mit seltener Nutzung, wie zum Beispiel Oldtimer.
Generell benötigen Autos, die nur im Sommer zum Einsatz kommen, keine Winterreifen. Außerdem greift die situative Winterreifenpflicht in Deutschland nur auf Flächen, auf denen die Straßenverkehrsordnung gilt. Auf privaten Geländen dürfen Autobesitzer ihr Kraftfahrzeug auch bei Eis und Schnee ohne Winterreifen fahren.
Zeitpunkt für den Reifenwechsel
Wie für zahlreiche Themen, die eine Vielzahl von Menschen betreffen, gibt es auch für die Winterreifenpflicht in Deutschland eine Faustregel. Normalerweise sollte ein Auto von Oktober bis Ostern mit speziellen Reifen für den Winter gefahren werden. Da es in Deutschland aber viele verschiedene Regionen gibt, muss diese einfache Regel den klimatischen Verhältnisse vor Ort angepasst werden.
Insbesondere in den Alpenregionen kann es auch nach Ostern in der Nacht noch zu eisigen Temperaturen kommen. Diese Temperaturstürze führen zu Bodenfrost und zu Glatteis auf den asphaltierten Straßen. Wenn an kalten Tagen noch Niederschlag hinzukommt, gefährdet überfrierende Nässe die Sicherheit im Straßenverkehr. Daher sollte der Reifenwechsel im Herbst und im Frühjahr nur von den aktuellen Wetterbedingungen abhängig gemacht werden.
Tipp: Werfen Sie regelmäßig einen Blick in die Wetterprognose
Im Internet finden Sie Informationen über das Wetter. In der Regel können Sie sich auf die Vorhersagen der Meteorologen verlassen, sodass Sie Ihrer situativen Winterreifenpflicht in Deutschland optimal nachkommen können.
Gilt die Winterreifenpflicht in Deutschland auch für Anhänger?
Da sich die deutsche Straßenverkehrsordnung nur auf eine Winterreifenpflicht für Kraftfahrzeuge bezieht, sind Anhänger nach allgemeiner Ansicht von dieser Pflicht ausgenommen. Jeder Autofahrer, der bei Eis und Schnee einen Anhänger nutzt, kann entsprechend seinem Sicherheitsbedürfnis selbst über die Bereifung entscheiden.
Winterreifenpflicht auf der Fahrt in den Skiurlaub
Wenn Sie nicht nur die Pisten in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz sowie in Italien im Winterurlaub erkunden möchten, dann sollten Sie einen Blick in die Vorschriften der Nachbarländer werfen. Ab Grenzübertritt gelten auch für Autofahrer mit deutschem Kennzeichen die Gesetze des Landes, in dem der öffentliche Straßenverkehr genutzt wird.
In Österreich und Italien zum Beispiel gibt es zeitliche Vorgaben für die Winterreifenpflicht:
In Italien müssen Sie als Autofahrer Schneeketten als Ergänzung zu Ihren Winterreifen mit sich führen.
Wenn Sie sich für einen Skiurlaub in der Schweiz entscheiden, dann erwartet Sie bei einer Fahrt mit Sommerreifen im Schnee ein Bußgeld wegen ungeeigneter Bereifung. Eine Winterreifenpflicht kennen die Schweizer nicht.
Wer ist für die Winterreifen am Mietwagen zuständig?
Wenn Sie bei vereisten und verschneiten Straßen mit einem Mietwagen unterwegs sind, dann können Sie bei Ihrem Mietwagenverleih auf korrekte Bereifung bestehen. Sollten Sie aber freiwillig mit Sommerreifen durch den Schnee fahren, dann tragen Sie als Fahrer die alleinige Verantwortung.
Grundsätzlich haftet nicht der Halter, sondern der Fahrer für den Verstoß gegen die gesetzliche Winterreifenpflicht in Deutschland. In der Regel stellen die Verleihfirmen Ihnen einen Mietwagen mit Winterreifen gegen einen geringen Aufpreis zur Verfügung. Sie sollten das Thema allerdings schon bei der Buchung des Wagens ansprechen.
Art der Winterreifen nach der EU-Richtlinie
Die EU-Richtlinie 92/23/EWG konkretisiert die Beschaffenheit der Winterreifen, die nach der Straßenverkehrsordnung zu verwenden sind. Bis Dezember 2017 konnten Sie die gesetzlich vorgeschriebene Art der Winterreifen an dem M+S-Zeichen auf dem Gummi erkennen. Seit Januar 2018 müssen Reifen auch das neue dreigezackte Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke in der Mitte aufweisen.
Wenn Sie Ihre Reifen vor dem Januar 2018 gekauft haben, dürfen Sie auch die Winterreifen ohne Piktogramm noch bis zum 30.09.2024 verwenden. Unabhängig vom Alter Ihrer Winterreifen sollte das Gummi eine Mindestprofiltiefe aufweisen. Die Ansichten über diese Profiltiefe gehen weit auseinander:
- gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe nach § 36 Absatz 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung: 1,6 Millimeter
- Empfehlung führender Automobilclubs: 4,0 Millimeter
Je geringer die Profiltiefe am Winterreifen ist, desto weniger erfüllt der Reifen die erforderlichen Eigenschaften für eine sichere Fahrt im Sinne von § 2 Absatz 3a StVO auf vereisten Straßen. Beachten Sie dies auch, wenn Sie ein Auto von privat kaufen und die Reifen schon länger in Benutzung waren. Gleiches gilt für die Verkäuferseite. Wollen Sie Ihr Auto privat verkaufen? Dann sprechen Sie mit potenziellen Käufern auch über die Reifen.
Gilt die Winterreifenpflicht in Deutschland auch für Motorräder?
Im Gegensatz zu Kraftfahrzeugen mit vier Rädern unterliegen Motorräder seit 2017 nicht mehr der Winterreifenpflicht in Deutschland. Es gibt zahlreiche weitere Ausnahmen für
- Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
- motorisierte Krankenfahrstühle und
- andere Spezialfahrzeuge
Allerdings unterliegen diese Fahrzeuge, abgesehen von den Motorrädern einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Kilometern in der Stunde, wenn sie mit Sommerreifen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen.
Winterreifenpflicht in Deutschland und Versicherungsschutz
Neben der Kfz-Haftpflichtversicherung schließen viele Autofahrer auch eine Kaskoversicherung für mögliche Schäden am eigenen Wagen ab. Die Autohaftpflichtversicherung erstattet einem Unfallgegner die Reparaturkosten nach einem vom Versicherungsnehmer verschuldeten Unfall. Sollte dieser Unfall auf spiegelglatter Fahrbahn im Schneesturm mit Sommerreifen verursacht worden sein, dann kann die Versicherung ihren Versicherten für sein grob fahrlässiges Verhalten in Regress nehmen.
Die situative Winterreifenpflicht in Deutschland schützt jeden Fahrer vor potenziellen Schäden. Zudem kann ein Fahrer alleine einen Unfall mit Sommerreifen erleiden, indem er auf vereister Fahrbahn ins Rutschen kommt und gegen einen Baum prallt. In diesem Fall zahlt die Kaskoversicherung nur, wenn der Halter das mögliche grob fahrlässige Verhalten eines Fahrers ausdrücklich in den Versicherungsumfang hat aufnehmen lassen.
Tipp: Achten Sie auf genau auf die Klauseln in Ihrer Autoversicherung
Wenn Sie einen umfassenden Versicherungsschutz für Ihr Auto wünschen, dann sollten Sie sich beraten lassen. Normalerweise können Sie gegen Zahlung einer entsprechend hohen Prämie den Umfang der Versicherungsleistung bestimmen.
Kann die Haftpflichtversicherung des Gegners ein Mitverschulden in Anrechnung bringen?
Wenn Sie unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt werden, dann kann die gegnerische Autohaftpflichtversicherung Ihnen wegen falscher Bereifung einen Teil der Versicherungsleistung kürzen. Gerade bei Unfällen in den Wintermonaten recherchieren die Versicherer sehr genau, sodass ein durch Sommerreifen verlängerter Bremsweg als Mitverschulden gewertet werden kann.
Gibt es entsprechend der Winterreifenpflicht eine Sommerreifenpflicht in Deutschland?
Sie dürfen Ihre Winterreifen an 365 Tagen im Jahr verwenden. Allerdings kann es bei der Fahrt mit Winterreifen im Sommer auch ein Problem mit der Versicherung im Schadensfall geben. Da das dicke Gummi der Winterreifen an warmen Tagen zu einem verlängerten Bremsweg führen kann, können Winterreifen im Sommer ebenfalls zu einer erhöhten Mitverschuldensquote bei einem Unfall führen.
Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht
Jeder Autofahrer, der bei Schneematsch, Eis und Reifglätte in einer Routinekontrolle ohne Winterreifen erwischt wird, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 60 EUR rechnen. Außerdem gibt es für die Fahrt mit der falschen Bereifung auch einen Punkt in Flensburg. Sollte der Fahrer andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet haben, dann erhöht sich das Bußgeld auf 80 EUR bzw. 100 EUR.
Wenn Sie an einem Unfall bei winterlichen Bedingungen auf der Straße ohne Winterreifen beteiligt sind, beträgt das Bußgeld 120 EUR. Grundsätzlich erhalten Sie für die falsche Bereifung immer einen Punkt in Flensburg. Schließlich zieht jeder Verstoß gegen die situative Winterreifenpflicht auch eine Verschuldensvermutung nach sich.
Diese nur schwer widerlegbare Verschuldensvermutung kann nicht nur hinsichtlich des Umfangs des Versicherungsschutzes, sondern auch in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung vor dem Strafrichter Auswirkungen haben kann. Daher sind Winterreifen ab Wintereinbruch bis zum kommenden Frühlingsanfang in Deutschland immer die richtige Wahl.