Gegen den italienisch-amerikanischen Autokonzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA, jetzt Stellantis) laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Auch Jeep gehört als Tochterfirma zu dem Autobauer. Und anscheinend hat es auch bei dieser Marke Manipulationen an den Abgaswerten im Prüfstand gegeben – Ermittler verschaffen sich aktuell ein Bild über die Lage.

Jeep Abgasskandal: Ermittlungen laufen

Mitte 2020 hat es bereits großangelegte Durchsuchungen der FCA-Standorte in Deutschland, Italien und der Schweiz gegeben. Ergebnisse wurden bislang allerdings nicht veröffentlicht. Verraten wurde lediglich, dass die Ermittler zwar Unterlagen zu Abschalteinrichtungen an sich genommen hätten. Ob diese aber ausreichend Zündstoff für eine Anklage bieten, blieb indes offen.

Jeep: Betrugs-Software zur Abgasregulierung

Der Autobauer Jeep steht unter Verdacht, regelmäßig Betrugs-Software bei der Abgasregulierung seiner Modelle verwendet zu haben. Um die Typgenehmigung zu erhalten, wurde die Motorsteuerungs-Software der Dieselfahrzeuge so manipuliert, dass diese sich im Prüfstand schadstoffärmer präsentierten, als sie es im tatsächlichen Straßenbetrieb sind.

Auch das umstrittene Thermofenster wird bei Jeep-Fahrzeugen verbaut. Thermofenster regeln die Abgasreinigung, abhängig von der Außentemperatur. Bei bestimmten Temperaturen, wird die Abgasreinigung gedrosselt oder gänzlich abgeschaltet. Das hat zur Folge, dass das Auto unter normalen Umständen im Straßenverkehr mehr Schadstoffe ausstößt.

BGH und EuGH zu Thermofenster

Ob allein das Vorhandensein eines Thermofensters einen Anspruch auf Schadenersatz rechtfertigt, ist umstritten. Bundesgerichtshof (BGH) und EuGH (Europäischer Gerichtshof) haben da unterschiedliche Auffassungen. Der EuGH hält Thermofenster für unzulässig, schließlich würden Emissionswerte durch deren Einsatz manipuliert. Der BGH urteilte gegensätzlich: Ein Thermofenster allein stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Ist in einem Fahrzeug allerdings eine weitere Abschalteinrichtung vorhanden, sieht das Gericht den Autobauer in der Beweispflicht. In Deutschland zählt dabei das Urteil des BGH.

Jeep Abgasskandal: Daran erkennen Sie, ob Ihr Fahrzeug betroffen ist

Immer wieder kommt es bei Jeep-Modellen zu Rückrufen durch den Autobauer. Die Liste der Mängel ist lang. In Zusammenhang mit dem Abgasskandal gibt es bislang allerdings keinen Rückruf. Zwar liegen dem KBA Beweise dafür vor, dass die Fiat-Tochter bei den Abgaswerten getrickst hat, dennoch bleibt es ruhig. Bis jetzt gab es weder einen freiwilligen noch einen verpflichtenden Rückruf.

Um welche Jeep-Modelle geht’s?

In den Modellen der Marke Jeep finden sich die gleichen Motoren wie auch in manipulierten Fiat-Fahrzeugen. Als Tochterunternehmen der FCA ist es bei Jeep üblich, die Dieselmotoren des Großkonzerns zu verbauen. Manipuliert wurden auch hier Fahrzeuge der Euronorm 5 und 6.

Urteile im Jeep Abgasskandal

Der Dieselskandal bei Jeep ist noch jung. Es gibt weder von Seiten des Autobauers noch von Seiten des Kraftfahrt-Bundesamtes Rückrufe für betroffene Modelle. Allerdings: Gerichte haben mehrere verbraucherfreundliche Urteile bei Wohnmobilen ausgesprochen, die mit ähnlichen Multijet-Motoren ausgestattet sind. Somit ist davon auszugehen, dass auch Jeep-Besitzer gute Chancen auf Schadenersatz oder eine Fahrzeugrückgabe haben.

Wir raten Ihnen deshalb: Fordern Sie von einem Rechtsanwalt eine Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen ein. Er prüft Ihre Ansprüche auf Schadenersatz und wägt Chancen und Risiken ab.

Einzelklage einreichen: Auch ohne Rückruf?

Offiziell gibt es bei Jeep derzeit keine Rückrufe einzelner Modelle – weder herstellerseitig noch von Seiten des KBA. Das bedeutet aber nicht, dass Ihr Fahrzeug nicht vom Abgasskandal betroffen ist. Da der Multijet-Dieselmotor von Fiat gebaut wurde, ist die Wahrscheinlichkeit sogar hoch.

Hinweis: Ohne Rückruf in der Beweislast

Gibt es für ein Fahrzeug keinen offiziellen Rückruf, stehen Sie als Fahrzeughalter vor Gericht in der Beweislast. Demnach müssen Sie beweisen, dass Ihr Wagen mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Ob diese illegal ist oder nicht, das muss verschiedener Urteile zufolge der Autobauer beweisen (LG Stuttgart, Urteil vom 17.01.2019, Az. 23 O 172/18 und 23 O 178/18).

Abgasskandal: Folgen für Jeep-Besitzer

Sind Sie Halter eines vom Dieselskandal betroffenen Jeeps, ergeben sich daraus für Sie gleich mehrere Nachteile:

  • Ihr Fahrzeug verliert an Wert.
  • Ein mögliches Software-Update oder eine Nachrüstung kann den Kraftstoffverbrauch, die Haltbarkeit des Motors und den Wartungsaufwand negativ beeinflussen.
  • Für Ihr Fahrzeug könnte ein Fahrverbot in deutschen Innenstädten verhängt werden.
  • Verweigern Sie ein Software-Update oder die Nachrüstung, kann das eine Stilllegung Ihres Wagens zur Folge haben.

Diese Rechte haben Jeep-Halter

Wie alle vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeughalter, haben auch Sie Rechte gegenüber Ihrem Fahrzeughändler oder Jeep als Autobauer.

So kann aus § 434 I S. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entnommen werden, dass illegale Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen, einen Mangel darstellen. Auf diesen Paragraphen hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil verwiesen. Demnach stehen Ihnen innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Übernahme Ihres Jeeps Gewährleistungsansprüche zu.

Hinweis: Verjährungsfrist bei Gebrauchtwagen

Bei Gebrauchtwagen kann sich die Verjährungsfrist unter Umständen auf ein Jahr verkürzen. Danach verfallen Ihre Gewährleistungsansprüche.

Unabhängig von etwaigen Gewährleistungsansprüchen, haben alle geschädigten Jeep-Besitzer ein Recht auf Nacherfüllung. Ihr Händler muss Ihr Fahrzeug also reparieren bzw. nachrüsten.

Rücktrittsrecht im Dieselskandal

Ob Neu- oder Gebrauchtwagen – ist Ihr Jeep vom Dieselskandal betroffen, haben Sie das Recht, vom Kauf zurückzutreten. Der Verkäufer muss Ihnen den Kaufpreis erstatten, hat aber einen Nutzungsersatzanspruch. Vielfahrer haben dabei oft das Nachsehen: Der Schadensersatzanspruch kann durch den Nutzungsersatz aufgezehrt werden.

Tipp: Schnelles Handeln zahlt sich aus

Da beim Rücktritt jeder gefahrene Kilometer bares Geld wert ist, raten wir Ihnen diesbezüglich schnell zu handeln. Holen Sie sich im Zweifelsfall anwaltlichen Rat ein.

Ehe Sie vom Fahrzeugkauf zurücktreten können, müssen Sie Ihrem Jeep-Händler eine Frist zur Nacherfüllung einräumen. Lässt er diese verstreichen, machen Sie Ihr Recht geltend.

Jeep als Hersteller in der Pflicht

Im Mai 2020 stellte der BGH in einem Urteil (Az. VI 252/19) fest: Der Einbau einer manipulierten Abschaltsoftware stellt eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung dar. Liegt also eine bewusste Abgasmanipulation vor, ist Jeep als Autobauer schadensersatzpflichtig.

Geschädigte Verbraucher sollten nicht zögern, ihr Recht geltend zu machen. Zählen Sie dazu? Dann prüfen Sie Ihre Möglichkeiten und holen Sie sich ggf. anwaltliche Unterstützung.

Schadensregulierung: Das sollten Sie wissen

Rückrufe dienen dazu, Schäden an Fahrzeugen zu regulieren. Das geschieht in der Regel mittels Software-Update und Nachrüstung. Dabei sollten Sie wissen: Beide Maßnahmen zur Schadensregulierung können sich negativ auf Kraftstoffverbrauch, Lebensdauer des Motors und Wartungsaufwand auswirken. Eine Wiederherstellung des mangelfreien Zustandes ist also nicht garantiert.

Eine Schadensregulierung befreit Jeep als Fahrzeugbauer zudem nicht von seiner Schadensersatzpflicht. Eine Entschädigung können Sie auch dann geltend machen, wenn genannte Maßnahmen an Ihrem Wagen bereits durchgeführt wurden.

Achtung: Freiwillige Software-Updates

Manche Autobauer bieten freiwillige Software-Updates an – davon raten wir Ihnen ganz klar ab. Zum einen können diese sich negativ auf die Leistung Ihres Wagens auswirken. Zum anderen können Ihnen dadurch Rechtverluste entstehen.

Kostenrisiko im Jeep Abgasskandal

Rechtsschutzversicherer reagieren auf die wachsenden Ausmaße des Abgasskandals, Deckungszusagen nehmen zu. Dadurch minimiert sich das Kostenrisiko für Verbraucher enorm. Wer rechtsschutzversichert ist, ist in jedem Fall auf der sicheren Seite.

Dabei zahlt sich schnelles Handeln aus. Denn: Stehen Nutzungsersatzansprüche seitens Ihres Händlers im Raum, steigert jeder nicht gefahrene Kilometer Ihren Anspruch auf Entschädigung.

Hinweis: Gekündigte Rechtsschutzversicherung

Sie haben sich dazu entschlossen, Ihre Rechtsschutzversicherung zu kündigen und sind jetzt vom Dieselskandal betroffen? Das muss erst einmal nichts heißen. Entscheidend für einen Rechtsschutz ist, ob Sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses versichert waren.

Und ohne Rechtsschutzversicherung?

Unser Rat: Verzichten Sie nicht auf Ihr Recht. Wägen Sie Kosten und Nutzen voneinander ab. Holen Sie sich anwaltliche Unterstützung und lassen sich eine Einschätzung zu Ihrem Anliegen geben. Auf deren Basis können Sie eine fundierte Entscheidung treffen.