Vor rund eineinhalb Jahren hat die damalige Ampel-Koalition den Besitz und Konsum von Marihuana teilweise legalisiert. Jetzt zieht eine Expertenkommission im Auftrag der Bundesregierung eine erste Bilanz. Das Ergebnis: Weniger Straftaten bei gleichbleibendem Konsum. Doch für endgültige Schlüsse sei es noch zu früh, betonten die Autor:innen der Untersuchung.
Berichtspflicht im KCanG
Am 1. April 2024 trat das Konsumcannabisgesetz (KCanG) in Kraft. Seitdem ist der Genuss von Haschisch unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Die Teillegalisierung war das Ergebnis eines langen Prozesses, der von hitzigen Debatten einerseits und notwendigen Kompromissen andererseits geprägt war.
Einer davon ist die sogenannte Evaluationspflicht in § 43 KCanG. Die Vorschrift verpflichtet das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dazu, eine unabhängige Stelle mit einer Langzeituntersuchung über das Gesetz und dessen gesellschaftliche Auswirkungen zu betrauen. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf folgenden drei Punkten liegen:
- Kinder- und Jugendschutz,
- Gesundheitsschutz und
- cannabisbezogene Kriminalität.
Um seiner gesetzlichen Pflicht nachzukommen, hat das BMG das Forschungsprojekt „Evaluation des Konsumcannabisgesetzes“ (kurz EKOCAN) ins Leben gerufen, welches von den Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf und Düsseldorf sowie dem Institut für Kriminologie der Uni Tübingen geleitet wird. Alle drei Forschungseinrichtungen erheben seit Inkrafttreten des Gesetzes Daten zum Cannabiskonsum in Deutschland, um die (sozialen) Folgen der Teillegalisierung möglichst genau untersuchen zu können. Vergangenen Montag stellten die Studienleiter schließlich ihren ersten von insgesamt drei Berichten vor.
Nach Cannabis-Legalisierung: Konsumzahlen laut Bericht kaum angestiegen
Die bisher verfügbaren Daten zeigen einen nur leichten Anstieg des Marihuanakonsums bei Erwachsenen. Damit setze sich laut Bericht der Trend der vergangenen Jahre unabhängig von der Einführung des KCanG fort. Bei den Kindern und Jugendlichen seien die Zahlen sogar rückläufig: Seit 2019 kiffen immer weniger junge Menschen unter 18 – Tendenz sinkend.
Damit ist die größte Befürchtung der Legalisierungsgegner:innen vom Tisch. Aus Sorge vor einem regelrechten „Drogenboom“ und den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung sahen insbesondere CDU und CSU die Liberalisierung des Cannabiskonsums kritisch. Der Bericht zeigt jetzt, dass diese Angst unbegründet war.
Hinweis: Bundesärztekammer, Länder und Polizei gegen Teillegalisierung
Neben den Unionsparteien sprachen sich vor allem Vertreter:innen der Bundesländer, der Ärzteschaft und der Justiz gegen die Einführung des KCanG aus. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich: Gesundheitliche Bedenken spielten ebenso eine Rolle wie Vorbehalte in Bezug auf die Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit der neuen Regelungen.
Cannabis-Legalisierung: Bericht zeigt Rückgang von Straftaten
Deutlich aussagekräftiger und vor allem positiver sei die Entwicklung im Bereich der Kriminalität: Die Forschenden bezeichnen die Cannabis-Legalisierung in ihrem Bericht als „die quantitativ bedeutendste Entkriminalisierung in der Geschichte der Bundesrepublik“.
Im sogenannten Hellfeld – also allen bekannten und statistisch erfassten Straftaten – sei die Gesamtzahl der Cannabis-bezogenen Delikte um 60 bis 80 % zurückgegangen. Verantwortlich dafür sei laut den Wissenschaftler:innen vor allem der Wegfall konsumnaher Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz (BTMG), die bisher den Großteil der Straftaten mit Marihuanabezug ausgemacht haben.
Der Rückgang bedeute jedoch nicht zwangsläufig weniger Arbeitsaufwand für die Strafverfolgungsbehörden. Durch die Schaffung neuer Ordnungswidrigkeiten könnte sich dieser lediglich verschoben haben, so die Forschenden. Hier bestehe weiterer Klärungsbedarf.
Fazit des Zwischenberichts zur Cannabis-Legalisierung
Insgesamt sehen die Wissenschaftler:innen keinen dringenden Handlungsbedarf zur Reformierung der aktuellen Gesetzeslage. Gleichzeitig betonten die Verantwortlichen im Untersuchungsbericht aber, dass der momentane Kenntnisstand nur für einen ersten Einblick reiche und sich (noch) keine handfesten Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen ließen. Erst der 2028 geplante Abschlussbericht liefere finale Antworten. Bis dahin werde das Forschungsprojekt weiter fortgesetzt.
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