Mitarbeiterüberwachung: Interessenschutz oder Kontrollwahn?
Um zu klären, ob eine Überwachung am Arbeitsplatz erlaubt ist oder nicht, muss erst einmal abgewägt werden: Dient die Maßnahme dem Schutz der Arbeitgeberinteressen oder handelt es sich vielmehr um übertriebenen Kontrollwahn?
Grundsätzlich ist festzuhalten: Eine gewisse Kontrolle am Arbeitsplatz ist erst einmal rechtens. So darf Ihr Arbeitgeber bspw. erfassen und festhalten, ob Sie als Arbeitnehmer:in Ihren vertraglichen Pflichten nachkommen und getroffene Regelungen zu Anwesenheitszeiten und zur Leistungserbringung einhalten. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) muss dabei jedoch stets beachtet werden.
Hinweis: DSGVO
Bei der DSGVO handelt es sich um ein europaweit einheitliches Gesetz, das den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt. Ziel ist es, die Privatsphäre der Menschen zu stärken – auch am Arbeitsplatz. Entsprechend finden sich darin spezielle Vorschriften für Unternehmen.
Nicht weniger wichtig ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG (Grundgesetz) wie auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Bei der Überwachung am Arbeitsplatz bilden diese drei Gesetze grundlegende Rechte von Mitarbeitenden ab und schützen vor kontrollsüchtigen Arbeitgebern.
Weder der Datenschutz bzgl. der Mitarbeiterdaten noch die Rechte am eignen Bild oder dem persönlichen Lebensbereich dürfen durch übermäßige Überwachung verletzt werden.
Wichtig: Totale Überwachung
Eine totale Überwachung am Arbeitsplatz ist in Deutschland grundsätzlich unzulässig – das ist nicht mit deutschem Recht vereinbar. Ebenso sind private Bereiche tabu.
Überwachung der Arbeitszeit: Das gilt
Hinsichtlich der Arbeitszeit ist eine Überwachung am Arbeitsplatz legitim. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Recht als auch um eine Pflicht des Arbeitgebers. So ist bspw. die Arbeitszeit per Gesetz zu dokumentieren. Das kommt nicht nur dem Unternehmen zugute. Auch Sie als Arbeitnehmer:in profitieren von der Arbeitszeiterfassung hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitszeiten wie auch bei einer möglichen Geltendmachung von Ansprüchen bei Überstunden.
Video-, E-Mail, PC-Überwachung am Arbeitsplatz: Kontrollmöglichkeiten
Um Arbeitnehmer:innen zu überwachen, gibt es für Arbeitgeber ein ganzes Repertoire an Möglichkeiten: Videoaufnahmen, Abhören von Telefonaten, Nutzung von Software zur Überprüfung von PC-Tätigkeiten bis hin zu GPS-Tracking. Ob diese Formen der Überwachung am Arbeitsplatz aber auch erlaubt sind, klären wir im Einzelnen.
Videoüberwachung am Arbeitsplatz & Ihr Recht am eigenen Bild
Das Recht am eigenen Bild ist ein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Das bedeutet, dass Sie niemand ohne Ihre Zustimmung Aufnahmen von Ihnen machen und diese veröffentlichen darf. Die Art der Aufnahme – ob Foto, Video oder eine andere Darstellung – ist dabei egal. Das gilt auch im Job.
Wichtig: öffentlicher Raum
Werden von Ihnen im öffentlichen Raum Aufnahmen gemacht und veröffentlicht, z.B. auf einer Veranstaltung, stellt das keine Verletzung Ihres Rechts am eigenen Bild dar. Hintergrund ist, dass Sie als Person dort nicht im Mittelpunkt stehen.
Bei einer Überwachung am Arbeitsplatz per Kamera sind Grund und Durchführung der Maßnahme entscheidend. Um sich vor Diebstahl zu schützen, greifen Arbeitgeber häufig auf Videoüberwachungssysteme zurück. Bilden diese Büro- oder Geschäftsräume ab, ist das in aller Regel auch legitim – Ihr Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse. Heimliche Aufnahmen sind jedoch in der Regel tabu. Deshalb gelten bestimmte Grundsätze:
- Eine Kamera, die der Überwachung am Arbeitsplatz dient, muss sichtbar sein. Die Platzierung der Kameras muss Mitarbeitenden also bekannt sein.
- Arbeitnehmer:innen müssen über den Zweck der Aufnahmen informiert sein.
- Löschintervalle müssen preisgegeben werden.
- Werden auch Kunden davon erfasst, müssen diese darüber informiert werden, z.B. durch einen entsprechenden Aushang.
Weiterhin gilt, dass eine (Video-) Überwachung am Arbeitsplatz ohne Ihr Einverständnis als Arbeitnehmer:in nicht zulässig ist, sofern die Interessen Ihres Arbeitgebers nicht überwiegen. Immerhin greift Ihr Arbeitgeber damit erheblich in Ihre Persönlichkeitsrechte ein. Ausnahmen sind nur unter strengen Voraussetzungen möglich:
- bei Verdacht auf eine Straftat,
- bei Annahme einer schweren Vertragsverletzung.
Doch selbst dann darf eine verdeckte Überwachung per Kamera keine Alternative durch mildere Maßnahmen zulassen bzw. müssen diese ausgeschöpft sein.
Wichtig: unzulässige Videoaufnahmen
Die Nutzung von Videotechnik zwecks Verhaltens- oder Leistungskontrolle ist grundsätzlich unzulässig. Ebenso dürfen keine privaten Bereiche wie WCs oder Umkleiden gefilmt werden.
Tonaufnahmen auf der Arbeit: Ist ein Abhören legitim?
Ob Tonaufnahmen durch eine Kamera oder ein anderes Aufnahmegerät – ein Abhören am Arbeitsplatz zur Überwachung ist nicht erlaubt. Ihr Arbeitgeber ist nicht dazu berechtigt, Telefonate mitzuverfolgen oder Mikrofone von Laptops & Co. für heimliche Aufzeichnungen zu verwenden – und zwar ausnahmslos.
Dienen Aufzeichnungen von Gesprächen der Qualitätssicherung, sind Mitschnitte legitim. Das erfordert jedoch Ihrer Zustimmung, wie auch der Ihrer Gesprächspartner. Ihr Okay muss sich Ihr Arbeitgeber dabei schriftlich einholen.
PC-Überwachung per Software-Nutzung
Dass es zahlreiche Software-Lösungen zur PC-Überwachung am Arbeitsplatz gibt, mag manch einen Arbeitgeber zu der Annahme verleiten, dass deren Nutzung rechtens ist. Das ist jedoch mitnichten der Fall, zumindest nicht bei heimlicher Verwendung. Dabei spielt es keine Rolle, welche Aktivitäten am Rechner – z.B. Schreiben auf der Tastatur, Logins oder Internetnutzung – erfasst werden.
Möchte Ihr Arbeitgeber mittels PC-Überwachung am Arbeitsplatz durch Software private Aktivitäten verhindern, benötigt er Ihre Zustimmung.
Wichtig: stichprobenartige Kontrollen
Ist es Ihnen nicht erlaubt, dienstliche Geräte privat zu nutzen, sind stichprobenartige Kontrollen durch Ihren Arbeitgeber legitim. Die beziehen sich jedoch nicht auf die Nutzung von Software zur Erfassung Ihrer Tätigkeiten, sondern lediglich auf einen Check Ihres Browser-Verlaufs oder den E-Mail-Versand über Ihren Dienst-Account.
Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Arbeitgeber Sie kontrolliert, achten Sie auf Hinweise. PC-Überwachung am Arbeitsplatz lässt sich erkennen. Folgende Anzeichen weisen darauf hin:
- ungewöhnliche Verlangsamung Ihres Systems,
- unbekannte Software oder Dienstprogramme,
- leuchtendes Licht der Webcam,
- unerwartete Pop-ups.
GPS-Überwachung am Arbeitsplatz
Sind Sie beruflich viel unterwegs – ob als Kurierfahrer:in, Lkw-Fahrer:in oder Angestellte:r im Außendienst – ist womöglich GPS-Tracking bei Ihnen ein Thema. Ihr Arbeitgeber hat Sie so stets im Blick und weiß, wo Sie sind. Oftmals lassen sich dabei nicht nur Ihre Standortdaten erfassen. Ebenso können Geschwindigkeit, Tankinhalt und weitere Werte aus der Ferne auslesen lassen.
Dient die Erfassung derartiger Daten der Planung weiterer Routen sowie der Überwachung der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten, darf Ihr Arbeitgeber GPS-Tracking anwenden. Dem müssen Sie jedoch zustimmen.
Hinweis: private Nutzung eines Firmenwagens
Dürfen Sie Ihren Firmenwagen privat und damit außerhalb der Arbeitszeit nutzen, darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht tracken. Eine Übermittlung von privaten Standorten ist illegal.
Kontrolle durch Kollegen: Erlaubt oder nicht?
Vertrauen unter den Angestellten ist wichtig und ein unverzichtbarer Baustein für ein gesundes Betriebsklima. Um das zu wahren, sollten Arbeitgeber von einer Überwachung am Arbeitsplatz durch Kollegen oder Kolleginnen absehen. Darüber hinaus stellt eine derartige Maßnahme einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz dar. Immerhin muss der Arbeitgeber sein Misstrauen gegenüber eines oder einer Angestellten preisgeben, sofern er eine dritte Person mit dessen bzw. deren Kontrolle beauftragt. Und genau das ist problematisch, auch hinsichtlich einer Denunziation der oder des Betroffenen.
Ausnahmen sind zwar möglich, setzen aber voraus, dass ein konkreter Verdacht auf einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Arbeitnehmerpflichten oder sogar eine Straftat vorliegt. Darüber hinaus muss Ihr Arbeitgeber im Vorfeld andere Lösungsansätze ausgeschöpft haben.
Bei einer Überwachung am Arbeitsplatz durch den Vorgesetzten gilt indes, dass die Arbeitsleistung zwar überprüft werden darf – ein berechtigtes Interesse auf Arbeitgeberseite ist dabei Grundvoraussetzung. Eine willkürliche Überwachung einer oder eines Angestellten ist hingegen nicht erlaubt.
Grenzen von Überwachung am Arbeitsplatz: Hier ist Schluss
Die vorherrschende Frage bei Überwachung am Arbeitsplatz lautet: Was ist erlaubt und was nicht? Auch wenn oft die Verhältnismäßigkeit entscheidend ist, gibt es ganz klare Grenzen. Werden die überschritten, agiert Ihr Arbeitgeber eindeutig illegal.
Verboten sind in aller Regel folgende Maßnahmen:
- Kameraaufnahmen in Pausenräumen, Umkleiden oder Sanitäranlagen,
- heimliche Aufnahmen, ob Video und/oder Ton, ohne Zustimmung und Kenntnis von Mitarbeitenden,
- grundlose Überwachung, die sich nicht auf die Tätigkeit von Angestellten bezieht,
- Abhören von Gesprächen mittels Mikrofonen an Geräten oder Spionage-Software,
- Aufnahme von Kundengesprächen ohne Einwilligung beider Gesprächspartner,
- Überwachung von Mitarbeitenden außerhalb der Arbeitszeit,
- verdeckte Nutzung von Überwachungs-Software zur Erfassung von bspw. Tastenanschlägen, Bildschirmanzeigen oder Internetnutzung.
Vermuten Sie, dass Ihr Arbeitgeber illegale Überwachung am Arbeitsplatz durchführt, ist es ratsam zu aller erst das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu suchen. Legen Sie Ihre Vermutung dar und begründen Sie diese. Führt das Gespräch ins Leere, holen Sie sich anwaltlichen Rat ein. Ein Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Arbeitsrecht schätzt Ihre Situation fundiert ein und zeigt Ihnen Optionen für ein weiteres Vorgehen auf.
Illegale Überwachung am Arbeitsplatz: mögliche Strafen
Arbeitgeber, die Ihre Angestellten unverhältnismäßig, willkürlich und/oder heimlich überwachen, machen sich strafbar. Je nach Schwere des Verstoßes werden Bußgelder fällig. Der Gesetzgeber ist dabei nicht zimperlich: Die DSGVO beziffert diese mit bis zu 20 Mio. EUR bzw. mit bis zu 4 % des Vorjahresumsatzes.
Ebenso kann eine Überwachung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz aber auch strafrechtliche Folgen haben. Bei klaren Rechtsverstößen kommen als Konsequenz neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren in Betracht.
Darüber hinaus haben betroffene Arbeitnehmer:innen bei unzulässiger Überwachung zum einen Anspruch auf Unterlassung. Zum anderen sind Schadensersatzansprüche aufgrund einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte nicht auszuschließen.
Quellen: