Das Bürgergeld ist nur zwei Jahre nach dessen Einführung Geschichte, die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende sichert nun das Existenzminimum von Langzeitarbeitslosen. Damit einher gehen vor allem Verschärfungen für die Beziehenden in verschiedenen Bereichen. Wir erklären Ihnen, welche Regelungen die neue Grundsicherung mit sich bringt.
Die neue Grundsicherung: Hintergründe und Ziele
Mehr Verbindlichkeit und damit eine konsequentere Integration in den Arbeitsmarkt – das ist die grundlegende Idee hinter der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zu lasch waren der Regierung, insbesondere der CDU/CSU, unter Bundeskanzler Friedrich Merz die Regelungen beim Bürgergeld. Daran ließ bereits der Koalitionsvertrag keinen Zweifel.
Hinweis: Koalitionsvertrag
Ein Koalitionsvertrag ist eine politische Absichtserklärung, die die Regierungsparteien mitgestalten. Die wichtigsten gemeinsamen Ziele und Vorgaben sind darin festgehalten.
Die SPD, die seinerzeit das Bürgergeld eingeführt hatte, mischte letztlich klein bei. Zwar war der Widerstand innerhalb der Partei zeitweise groß – immerhin geht es um die Grundhaltung der Sozialdemokraten. Letztlich musste sich die Partei als Koalitionspartner jedoch kompromissbereit zeigen und die vereinbarte Reform mittragen.
Bürgergeld vs. neue Grundsicherung: Abgrenzung
Dass sich die Regierung mit der neuen Grundsicherung vom Bürgergeld abgrenzen will, hat unter anderem den Hintergrund, dass der Begriff „Bürgergeld“ irreführend sei und mehr für das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens stehe denn für eine staatliche Leistung, die mit Pflichten für die Beziehenden verbunden ist. So zumindest die Ansicht der Politiker.
Mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende rückt die Pflicht der Arbeitssuche wieder in den Fokus . Das bedeutet auch mehr Verbindlichkeit. Als Beziehende von Grundsicherung für Arbeitsuchende wird von Ihnen mehr Mitwirkung verlangt. Kommen Sie dem nicht nach, drohen empfindliche Konsequenzen. Auf die Verschärfungen der Sanktionen gehen wir im Weiteren noch genauer ein.
Während beim Bürgergeld vermehrt auf Qualifizierung und nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt gesetzt wurde, steht bei der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende der Vermittlungsvorrang im Vordergrund: Eine schnelle Arbeitsvermittlung geht vor.
Nicht zuletzt will die Regierung mit der Umwandlung des Bürgergeldes in die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende die Voraussetzung der Bedürftigkeit stärker in den Fokus rücken. Deshalb zielen die Änderungen auch auf das Vermögen und die Kosten der Unterkunft (KdU) ab. Darauf gehen wir im Einzelnen später ein.
Zeitplan: Wann kommt die neue Grundsicherung?
Die Änderungen, die mit der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende einhergehen, werden voraussichtlich bis Mitte 2026 umgesetzt. Ab dann ist das Bürgergeld passé.
Relevante Änderungen: Die neue Grundsicherung im Überblick
Die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende bringt vor allem Verschärfungen in vielen Bereichen für Leistungsbeziehende mit sich:
Neue Grundsicherung: Schonvermögen und Vermögen
Schonvermögen sieht die neue Grundsicherung für manch Beziehende nicht bzw. kaum vor. Die Bundesregierung nennt in dem Zusammenhang keine pauschale Vermögensgrenze. Vielmehr wird das Schonvermögen am Alter, der Lebensleistung und an den bisherigen Versicherungszeiten der Leistungsempfänger festgemacht.
Folgende altersbezogene Staffelung ist vorgesehen
Hinweis: Karenzzeit
Beim Bürgergeld hat eine Karenzzeit vorhandenes Vermögen in Höhe von bis zu 40.000 EUR im ersten Bezugsjahr geschützt. Diese Regelung gibt es bei der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht mehr.
Sanktionen nach den neuen Regelungen
Die neue Grundsicherung sieht strenge Sanktionen vor. Die drohen insbesondere bei verpassten Terminen und führen schlimmstenfalls zum vollständigen Wegfall der Leistungen.
Folgende Staffelung der Sanktionen ist bis zum völligen Leitungsentzug vorgesehen:
- Erster Verstoß: Sie erhalten umgehend eine Einladung zu einem zweiten Termin.
- Zweiter Verstoß: Sie erhalten eine 30-prozentige Leistungskürzung über drei Monate.
- Dritter Verstoß: Ihnen wird der Regelbedarf komplett gestrichen.
- Weitere Versäumnisse: Lassen Sie sich auch im darauffolgenden Monat nicht beim Jobcenter blicken, werden Ihnen sämtliche Leistungen inklusive der Übernahme der KdU und Krankenkassenbeiträge gekappt.
Auf Pflichtverletzungen wie die Ablehnung von Arbeit, fehlender Eigenbemühungen oder die Nichtteilnahme an Maßnahmen folgt pauschal eine Minderung der Regelleistung um 30 % über drei Monate. Eine 100-prozentige Streichung der Leistungen droht bei genereller Arbeitsverweigerung.
KdU: Das gilt bei Miete und Co.
Die neue Grundsicherung sieht hinsichtlich Miete folgendes vor: Es gilt eine neue Angemessenheitsgrenze – die liegt beim 1,5-Fachen der örtlichen Mietobergrenze. Die befristete Bestandsschutzregelung, nach der zunächst die tatsächliche Miete über einen Zeitraum von zwölf Monaten beim Bürgergeld übernommen wurde, fällt damit ebenso wie eine Karenzzeit weg.
Wichtig: Pflichten für VermieterDie neue Grundsicherung trifft beim Thema Miete auch Vermieter. Sie müssen bei Bedarf einer Auskunfts-, Mitwirkungs- und Nachweispflicht nachkommen. Verstöße werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 EUR geahndet.
Arbeitsmarktintegration nach der neuen Grundsicherung
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende zielt mit neuen Regeln insbesondere darauf ab, Langzeitarbeitslose schnell in Arbeit zu bringen. Zumutbare Jobs müssen wieder angenommen werden, ob Qualifikationen und Interessen übereinstimmen, bleibt außen vor.
Eine Ausnahme bilden dabei junge Menschen unter 30 Jahren. Sofern bei Ihnen Aussichten bestehen, dass eine Qualifizierung zu einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt führt, hat die Aneignung von Kenntnissen Vorrang.
Dabei wird auch die Zumutbarkeit von Arbeitsaufnahme von Eltern neu definiert. Eltern, deren Kinder das erste Lebensjahr erreicht haben, müssen sich künftig darauf einstellen, schnellstmöglich in Arbeit zu kommen. Ist eine Kinderbetreuung verfügbar, sind sie zur Teilnahme an Integrationsmaßnahmen verpflichtet.
Neue Grundsicherung & Regelsatz: So viel ist drin
Mit den zahlreichen Änderungen stellt sich auch die Frage: Bürgergeld vs. neue Grundsicherung – wie hoch ist der Regelsatz? Die Antwort ist schnell gegeben: Er bleibt gleich.
Daraus ergeben sich folgende Beträge:
Beziehen Sie die neue Grundsicherung als Aufstocker, spielen für Sie insbesondere die Freibeträge eine Rolle. Auch hier bleibt es bei der bisherigen Staffelung. Die neue Grundsicherung umfasst folgende Freibeträge:
Hinweis: Freibeträge
Freibeträge sind Einkommensgrenzen, die Ihnen ohne Abzüge zustehen. Arbeiten Sie und verdienen Geld, wird das bei der Berechnung Ihres Regelsatzes berücksichtigt. Je mehr Einkommen Sie erzielen, desto niedriger fällt ihr Leistungsanspruch aus.
Umfang: Das deckt die neue Grundsicherung ab
Die Gesamtleistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen. Neben dem Regelsatz umfasst die Sozialleistung auch die Kosten der Unterkunft, Mehrbedarfe sowie einmalige Bedarfe bzw. Sonderbedarfe.
Der Regelsatz selbst setzt sich dabei aus folgenden Positionen zusammen:
- 195,39 EUR für Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke
- 54,94 EUR für Freizeit, Unterhaltung, Kultur
- 50,50 EUR für Verkehr
- 50,35 EUR für Post und Telekommunikation
- 47,73 EUR für Wohnen, Energie, Wasser
- 46,72 EUR für Bekleidung, Schuhe
- 34,29 EUR für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände
- 21,49 EUR für Gesundheitspflege
- 14,71 EUR für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen
- 2,03 EUR für Bildungswesen
- 44,86 EUR für andere Waren und Dienstleistungen
Wer bekommt die neue Grundsicherung?
Um Anspruch auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu haben, müssen Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen:
- Sie müssen erwerbsfähig sein und mindestens drei Stunden täglich arbeiten können.
- Sie haben nicht ausreichend Geld zur Verfügung, um für Ihren Lebensunterhalt zu sorgen – Sie müssen also hilfebedürftig sein.
- Sie sind zwischen 15 und 67 Jahre alt.
- Sie wohnen in Deutschland.
Kommen Sie aus dem Ausland, haben Sie Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, sofern Sie sich mehr als drei Monate in Deutschland legal aufhalten und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Ob Sie eine Arbeitserlaubnis haben, ergibt sich aus Ihrem Aufenthaltstitel.
Befinden Sie sich in einem Asylverfahren, haben Sie keinen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende. Grund dafür ist ihre befristete Aufenthaltserlaubnis in Deutschland.
Bedeutung der neuen Regeln für Menschen in Sondersituationen
Die neue Grundsicherung mit ihren Regeln bedeutet vor allem eines: mehr Druck. Für bestimmte Personengruppen stellt das ein echtes Problem dar – insbesondere für Menschen mit einer Behinderung oder psychischen Erkrankung.
Auch wenn die Regierung hier Nachsicht verspricht – gesundheitliche oder andere schwerwiegende Gründe werden bei Nichterscheinen von Terminen berücksichtigt – geht die Anerkennung eines entsprechenden Nachweises erfahrungsgemäß mit hohen Hürden einher.
Hier sagen die Politiker durch folgende Maßnahmen Erleichterungen für Betroffene zu:
- ein Ausbau von Rehabilitations- und Gesundheitsangeboten,
- bessere Qualifizierung der Sachbearbeiter im Umgang mit psychisch Kranken,
- Vereinfachung von Abläufen in der Verwaltung.
Ob Bürgergeld oder Grundsicherung für Arbeitsuchende – dass dem Jobcenter Fehler bei der Festsetzung Ihres Anspruches unterlaufen, hat sich nicht geändert. Deshalb raten wir dazu, jeden Bescheid prüfen zu lassen. Wir unterstützen Sie dabei und legen bei Bedarf Widerspruch ein.
Quellen:
- Positionspapier des Koalitionsausschusses
- Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales