Bilanzfälschung

Unter der Bilanzfälschung versteht man die bewusste falsche Wiedergabe von tatsächlichen und wirtschaftlich relevanten Zahlen eines Unternehmens. Hierbei werden insbesondere Vermögens-, Finanz- und Ertragslagen des Unternehmens falsch dargestellt. Die Bilanzfälschung stellt daher ein Verstoß gegen das grundsätzliche Prinzip der Bilanzwahrheit dar.

Was sind die Motive für eine Bilanzfälschung?

Der Grund für eine Bilanzfälschung ist in der Regel immer der, dass man ein Unternehmen in ein besseres Licht rücken will, weil man beispielsweise das Unternehmen an die Börse bringen möchte. Die Bilanz wird dann in der Regel durch Aufstellung von falschen Rechnungen und nicht vorhandenen Kunden gefälscht.

Eine weitere Möglichkeit eine Bilanz zu fälschen ist das Ausstellen von Vermögen, was tatsächlich gar nicht im Eigentum des Unternehmens steht. Diese Methode geht natürlich auch anders herum. Gerne wird bei der Aufstellung einer Bilanz auch mal ein Bankdarlehen weggelassen.

Neben dem Motiv des Börsengangs gibt es jedoch noch weitere Motive für eine Bilanzfälschung:

  • Es ist geplant, einen Steuervorteil zu erzielen.
  • Das Unternehmen benötigt einen Kredit
  • Es ist eine Fusion geplant.
  • Das Unternehmen soll verkauft werden.

Hinweis: Motive für eine Bilanzfälschung zum Schlechten hin

Es gibt natürlich auch Motive dafür, eine Bilanz schlechter aussehen zu lassen, als sie tatsächlich ist. Dies beispielsweise, wenn das Unternehmen an einen Erben übergehen soll und so die Erbschaftssteuer gespart werden soll. Aber auch wenn geplant ist, viele Mitarbeiter zu entlassen, macht es Sinn, wenn das Unternehmen auf dem Papier wirtschaftlich schlecht da steht.

Was ist der Unterschied zur Bilanzkosmetik?

Zwischen der Bilanzfälschung und der Bilanzkosmetik besteht ein großer Unterschied. Bei der Bilanzfälschung werden Bilanzen manipuliert und somit gegen Regelungen des Handelsgesetzbuches verstoßen. Wird jedoch Bilanzkosmetik betrieben, dann befindet man sich noch in einem gesetzlich zulässigen Rahmen.

Wie wird die Bilanzkosmetik durchgeführt?

Ein sehr häufiges Mittel für die Bilanzkosmetik ist das “Sale and Lease Back”. Hier wird das Vermögen zunächst veräußert und dann zurück gemietet. Beim Verkauf wird in der Regel ein nicht unbeachtlicher Gewinn erzielt, der sich dann positiv auf die Vermögenslage und somit auf die Bilanz des Unternehmens auswirkt.

Auch geschönte Kennzahlen des Unternehmens sind ein Instrument der Bilanzkosmetik. Hierbei wird für manche Kennzahlen nicht der Gewinn herangezogen sondern der sogenannte EBIT. Hierbei handelt es sich um den Gewinn vor Zinsen und Steuern.

Strafbarkeit der Bilanzfälschung

Die Bilanzfälschung ist im Gegensatz zur Bilanzkosmetik strafbar. Doch gibt es im Strafgesetzbuch keinen Straftatbestand, der sich konkret auf die Bilanzfälschung bezieht. Welche Straftaten werden daher durch die Bilanzfälschung verwirklicht?  

Wann ist die unrichtige Darstellung nach § 331 Nr. 1 HGB verwirklicht?

Als erstes kommt eine Verwirklichung des § 331 Nr. 1 HGB in Betracht. Nach der Norm der unrichtigen Darstellung macht sich strafbar, wer

  • als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs
  • oder als Mitglied des Aufsichtsrates einer Kapitalgesellschaft

die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft

  • in der Eröffnungsbilanz,
  • im Jahresabschluss
  • oder im Lagebericht

unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Die mögliche Strafe beträgt hierfür entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Wann ist die Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 HGB verwirklicht?

Eine Bilanzfälschung kann auch den § 332 HGB verwirklichen. Diese Tatbestand der Verletzung der Berichtspflicht ist dann erfüllt, wer

  • als Abschlussprüfer
  • oder Gehilfe eines Abschlussprüfers

über folgende Ergebnis der Prüfung unrichtig berichtet:

  • eines Jahresabschlusses,
  • eines Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a,
  • eines Lageberichts,
  • eines Konzernabschlusses,
  • eines Konzernlageberichts einer Kapitalgesellschaft,
  • eines Zwischenabschlusses nach § 340a Abs. 3 HGB
  • oder eines Konzernzwischenabschlusses gemäß § 340 i Abs. 4.

Weiterhin ist der Tatbestand erfüllt, wenn der Abschlussprüfer oder der Gehilfe eines Abschlussprüfers

  • im Prüfungsbericht (§ 321) erhebliche Umstände verschweigt
  • oder einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk (§ 322 HGB) erteilt.

Hinweis: Vorbereitung zu Straftatbeständen aus dem StGB 

Der § 332 HGB kann als Vorbereitung für Straftatbestände aus dem StGB angesehen werden. Hier kommen dann Betrug gemäß § 263 StGB, Subventionsbetrug gemäß § 264 StGB, Kreditbetrug gemäß § 265 StGB, Kapitalanlagebetrug § 265b StGB, Untreue gemäß § 266 StGB oder die Insolvenzdelikte gemäß §§ 283 ff. StGB in Betracht.

Wann ist der § 283 StGB verwirklicht?

Neben einer Strafbarkeit nach dem Handelsgesetzbuch kommt auch eine Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch in Betracht. Nach § 283 StGB macht sich strafbar, wer Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert.

Eine Strafbarkeit ist in diesem Fall jedoch nur gegeben, wenn es zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung kommt. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.

Welche Strafe droht nach dem Wertpapierhandelsgesetz?

Ferner kann eine Verwirklichung des § 120 Absatz 2 Nr. 3 Wertpapierhandelsgesetz vorliegen. Dieser ist dann erfüllt, wenn entgegen § 25 WpHG in Verbindung mit Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 eine Marktmanipulation vorgenommen wird. Hierbei handelt es sich dann jedoch nur um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird.

Hinweis: Strafbarkeit nach § 119 Absatz 1 WpHG

Neben dem § 120 WpHG kann auch der § 119 Absatz 1 WpHG verwirklicht werden. Bei dem § 119 Absatz 1 WpHG handelt es sich nicht mehr nur um eine Ordnungswidrigkeit. Hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe.

Schadensersatzansprüche für Anleger

Grundvoraussetzung für Schadensersatzansprüche ist, dass Sie als Anleger einen Verlust durch die Bilanzfälschung erlitten haben. Wenn dies der Fall ist, stellt sich sodann die Fragen, gegen wen die Schadensersatzansprüche zu richten sind.

Kann man seine Schadensersatzansprüche gegen die Kapitalgesellschaft richten?

Es ist natürlich naheliegend, dass Sie als Anleger Schadensersatzansprüche gegen die Kapitalgesellschaft selbst richten. Dies ist der Fall, wenn Sie einen Verlust durch die Bilanzfälschung erlitten haben und die Kapitalgesellschaft ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist, rechtzeitig über Tatsachen zu informieren, die sich auf den Kurs der gehandelten Wertpapiere auswirken.

Wurde über die Kapitalgesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet, dann kann der Schadensersatzanspruch als Rückabwicklung des Wertpapiererwerbs im Insolvenzverfahren als Forderung angemeldet werden.

Ob Sie den tatsächlichen Betrag erhalten, den Sie für die Wertpapiere bezahlt habe, ist jedoch fraglich. In den meisten Fällen erhalten Gläubiger im Insolvenzverfahren nur eine anteilige Quote.

Können Sie Ansprüche gegen den Vorstand der Kapitalgesellschaft geltend machen?

Neben der Kapitalgesellschaft kann ggf. auch der Vorstand persönlich in Haftung genommen werden. Die Anspruchsgrundlage wäre hier dann §§ 823 Absatz 2, 826 BGB in Verbindung mit § 93 Absatz 5 AktG.

Eine Klage hat jedoch nur Aussicht auf Erfolg, wenn dem Vorstand ein schuldhaftes Handeln nachgewiesen werden kann.

Ein solches Vorgehen bietet sich dann an, wenn die Kapitalgesellschaft bereits Insolvenz angemeldet hat und man seinen vollen Schadensersatzanspruch geltend machen möchte. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass der Vorstand ebenfalls Insolvenz anmelden kann, wenn mehrere Personen gegen diesen vorgehen.

Hinweis: Schadensersatzansprüche gegen die Aufsichtsbehörde

Die BaFin hat die Aufsicht und die Kontrollpflicht im Hinblick auf mögliche Bilanzfälschungen durch Kapitalgesellschaften. Ein Schadensersatzanspruch gegen die BaFin aufgrund von unzureichenden Kontrollen ist jedoch nicht durchsetzbar, da die BaFin nicht für Aufsichtsfehler haftbar gemacht werden kann.

Was ist das Musterverfahren nach dem Kapitalmusterverfahrensgesetz?

Als Anleger haben Sie neben einer Einzelklage auch die Möglichkeit, sich einer Musterklage als Sonderform der Sammelklage nach dem KapMUG (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz bei einer fehlerhaften Kapitalmarktinformation und Prospekthaftung anzuschließen. Sollten mindestens zehn einzelne Schadensersatzklagen von privaten Anlegern vorliegen, die sich auf dieselben Recht- und Tatsachenfragen beziehen, dann kann ein Musterprozess vor dem zuständigen Oberlandesgericht geführt werden.

Dieses Urteil hat dann eine Bindungswirkung für alle registrierten Kläger. Gegen dieses Urteil kann dann nur noch Beschwerde vor dem BGH eingelegt werden. Der Vorteil hierbei ist, dass wichtige Fragen unabhängig vom Streitwert geklärt werden können, denn viele Verbraucher entscheiden sich aufgrund der möglichen Kosten gegen einen jahrelangen Gerichtsprozess.