Lange Zeit war in der Rechtsprechung umstritten, ob sich die Deckung einer Rechtsschutzversicherung auch auf Fahrzeuge erstreckt, die der Versicherte erst nach Abschluss des Versicherungsvertrags gekauft hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage in einem richtungsweisenden Urteil bejaht und damit die Rechte von Verbrauchern deutlich gestärkt. Die Entscheidung ist besonders für Geschädigte des Abgasskandals relevant.
Verbraucherin will Versicherung nach Autokauf in Anspruch nehmen
Greift die vor Ewigkeiten abgeschlossene Verkehrsrechtsschutzversicherung auch für frisch erworbene Fahrzeuge? Mit dieser versicherungsrechtlich wichtigen Frage musste sich der BGH kürzlich auseinandersetzen.
Geklagt hatte die Käuferin eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs, welches sie 2017 erwarb. 20 Jahre zuvor schloss die Frau eine Rechtsschutzversicherung bei einem großen deutschen Versicherungsunternehmen – der späteren Beklagten – ab. Kurze Zeit nach dem Kauf erfuhr die Autobesitzerin, dass ihr neuer Traumwagen wie so viele andere Fahrzeuge im Zuge des Abgasskandals manipuliert wurde. Um ihre Ansprüche gegenüber dem Autobauer vor Gericht geltend machen zu können, bat die Klägerin ihre Versicherung um die Erteilung einer Deckungszusage.
Doch das Unternehmen verweigerte eine Kostenübernahme, weil sich die Police aus den 90er Jahren angeblich gar nicht auf das betroffene Fahrzeug erstreckte. Nur PKW, die vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages auf die Frau zugelassen waren, seien mitversichert. Mit dieser Antwort gab sich die Halterin jedoch nicht zufrieden und ging stattdessen gerichtlich gegen ihre Versicherung vor.
Hinweis: Ihre Ansprüche im Dieselskandal
Ist auch Ihr Wagen vom Abgasskandal betroffen, haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung. Dabei können Sie zwischen zwei Optionen wählen: Entweder Sie behalten Ihr Auto und kassieren eine pauschale Entschädigungssumme oder Sie lassen den kompletten Vertrag rückabwickeln und erhalten den vollen Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung vom Hersteller zurück.
Rechtsschutzversicherung umfasst späteren Autokauf
Fast acht Jahre nach dem eigentlichen Kauf endete der Rechtsstreit schließlich vor dem BGH. Die Karlsruher Richter entschieden zugunsten der Versicherungsnehmerin und hoben das Urteil der Vorinstanz auf.
Aus Sicht des Gerichts seien die Klauseln im Versicherungsvertrag zum Leidwesen des Versicherers unklar und widersprüchlich formuliert. Während es an einer Stelle hieße, dass der Versicherungsschutz für die Klägerin ausschließlich in ihrer Eigenschaft als:
- Eigentümerin,
- Halterin,
- Fahrerin und
- Insassin
aller bei Vertragsabschluss auf sie zugelassenen Fahrzeuge greife, sei nur wenige Klauseln weiter von einem Versicherungsschutz die Rede, der auch später zugelassene Fahrzeuge abdecke.
Solch widersprüchliche allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gingen nach § 305c des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zulasten der Versicherung. In anderen Worten müsse das Gericht den Vertrag möglichst verbraucherfreundlich auslegen. Im Ergebnis decke die Rechtsschutzversicherung daher den Autokauf auch ab, obwohl die Klägerin das Fahrzeug deutlich später gekauft hat.
Auswirkungen auf Dieselverfahren
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen – insbesondere mit Blick auf den Abgasskandal. Denn gerade dort haben die großen Versicherer häufig mit Verweis auf die Ausschlussklausel keine Deckungszusage erteilt, obwohl die Erfolgsaussichten einer Klage sehr vielversprechend waren.
Jetzt aber haben Dieselskandal-Geschädigte, denen der Gang zum Gericht bisher verwehrt wurde, eine neue Chance erhalten, ihre Ansprüche doch noch durchzusetzen. Es lohnt sich daher, alte Ablehnungsbescheide Ihres Versicherers erneut prüfen zu lassen.
Unser Kanzlei-Team vertritt Sie im Abgasskandal und setzt Ihre Interessen gegenüber Autobauer und/oder Verkäufer durch.
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