Wer wusste wann wie viel vom Abgasskandal? Dieser Frage gehen seit mittlerweile sechs Jahren Politik, Justiz und Öffentlichkeit nach. Der anstehende Betrugsprozess gegen vier hochrangige Mitarbeiter des Unternehmens dürfte einige Fragen beantworten. Zum Prozessauftakt gab der ehemalige VW-Manager Oliver Schmidt in einem Interview mit dem NDR Einblicke hinter die Kulissen des Automobilgiganten.

Ex-Manager belastet VW-Spitze

Oliver Schmidt war Leiter des VW-Umweltbüros in den USA und stand in engem Kontakt mit den ermittelnden US-Behörden. Seine Aufgabe damals war es, mit den Umweltbehörden zu verhandeln und Schadensbegrenzung für das Unternehmen zu betreiben. Dazu habe er klare Anweisungen aus der Führungsriege erhalten.

“Es gab ein Skript, was ich sagen sollte und was ich nicht sagen sollte. Unter anderem sollte ich dieses Wort ‚defeat device’ nicht sagen.” Schmidt folgte den Anweisungen und verschwieg einen Teil der Wahrheit. Dafür wurde er in den USA 2017 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Nachdem er 2020 nach Deutschland überstellt wurde, ist er seit Anfang 2021 auf Bewährung frei.

Hinweis: Justizielle Aufarbeitung in den USA

Oliver Schmidt war nicht der erste VW-Mitarbeiter, der sich vor einem US-Gericht verantworten musste. Vor ihm wurde bereits der VW-Ingenieur James Robert Liang wegen seiner Beteiligung am Abgasskandal zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt.

Was wusste der Vorstand?

Auch Schmidt kann nicht eindeutig beantworten, welches Vorstandsmitglied was wusste. Im Interview malte er das Bild einer Befehlskette. Wer letztendlich für sein „Skript” verantwortlich gewesen sei, wisse er nicht. Dennoch legen seine Schilderungen die Vermutung nahe, dass der VW-Vorstand mehr wusste, als er zugab.

Bislang stritt vor allem Ex-Konzern-Chef Winterkorn ab, von den Abschalteinrichtungen gewusst, geschweige denn diese genehmigt zu haben. Er sei erst nachträglich informiert worden. Vielmehr sei es eine kleine Gruppe Ingenieure gewesen, die die Entwicklung und den Einbau der Manipulations-Software geplant und durchgeführt habe.

Betrugsprozess gegen VW-Mitarbeiter beginnt

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sieht das allerdings anders und ermittelt schon seit längerem gegen Winterkorn sowie vier weitere Ingenieure und Manager von VW wegen Betrugs. Am 16. September beginnt der Prozess gegen die vier Mitangeklagten. Winterkorn selbst muss vorerst nicht vor Gericht erscheinen, da sein Prozess wegen einer Hüftoperation verschoben wurde.

Nun blicken alle Augen gespannt nach Braunschweig. Was der Prozess letztendlich offenbaren und welche Auswirkungen er auf die Ermittlungsverfahren gegen weitere Mitarbeiter*innen VWs haben wird, bleibt ungewiss. Fest steht, dass die Aufarbeitung des Abgasskandals noch lange nicht abgeschlossen ist.

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