In der Regel dürfen Airlines zu spät kommende Urlauber einfach so am Flughafen stehen lassen. Solange das Boarding allerdings noch nicht abgeschlossen ist, haben Luftlinien eine Mitnahmepflicht – auch gegenüber trödelnden Fluggästen. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main entschieden.
Urlauber erscheinen verspätet am Gate
Eine Gruppe von fünf Urlauber:innen zog gegen ihre Airline vor Gericht, weil die sie nicht mitnehmen wollte. Am Ende landete der Fall vor dem LG Frankfurt, das zugunsten der Reisenden entschied.
Konkret ging es um einen Flug von Frankfurt nach Doha, den die Kläger:innen nicht antreten durften. Grund dafür war ihr verspätetes Erscheinen am Gate. Die Reisegruppe kam nur wenige Minuten nach Ende des Zeitfensters an, der auf ihren Boarding-Pässen angegeben war. Zu diesem Zeitpunkt waren die Flugzeugtüren noch geöffnet. Zudem warteten mehrere Passagiere, die das Boarding bereits hinter sich hatten, noch darauf, einsteigen zu können.
Trotzdem weigerte sich ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft, die Zuspätkommenden nachträglich durchzulassen. Am Ende blieben die fünf Urlauber:innen in Frankfurt zurück und verlangten vor Gericht nun eine Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung in Höhe von jeweils 600 EUR.
Hinweis: EU-Fluggastrechtverordnung
Die Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union (EU) ist eine wichtige Regelung, die Passagierrechte bei Flugunregelmäßigkeiten von, nach oder innerhalb der EU schützt. Sie gewährt Reisenden bei Verspätungen, Annullierungen oder Nichtmitnahme Entschädigungsansprüche gegenüber den Airlines.
Mitnahmepflicht der Airline trotz Verspätung
Die zuständige Reiserechtskammer des LG Frankfurt gab der Klage statt und sprach der Reisegruppe eine Entschädigung zu. Die Fluggesellschaft hätte die Urlauber:innen in diesem Fall problemlos mitnehmen können, obwohl sie verspätet am Gate waren, so die Begründung.
Zwar liege es grundsätzlich in der Verantwortung der Urlauber:innen rechtzeitig am Check-In und beim Boarding zu sein, um den Betriebsablauf der Fluglinien und des Flughafens nicht zu stören. Ist der geplante Ablauf aber trotz Verspätung noch möglich, müssen Airlines auch auf unpünktliche Fluggäste Rücksicht nehmen. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn:
- das Boarding noch nicht abgeschlossen ist,
- die Türen des Flugzeugs noch offen sind oder
- der Vorfeldbus, der die Fluggäste zum Flugzeug bringen soll, noch nicht abgefahren ist.
Auch im Fall der fünf Urlauber:innen wäre es der Airline organisatorisch und zeitlich zumutbar gewesen, die Nachzügler mitzunehmen. „Die Kläger hätten sich in der Reihe der noch vor dem Flugzeug anstehenden Passagiere anstellen können, ohne dass dadurch eine Verzögerung des Abflugs zu befürchten war“, heißt es dazu im Urteil.
Verspätet am Gate zu sein hebelt Fluggastrechte nicht aus
Im Ergebnis stärkt das LG Frankfurt mit seinem Urteil die Rechte von Reisenden massiv. Die Richter:innen stellen klar, dass es für das Mitnahmerecht von Fluggästen nicht auf die eng getakteten Zeitpläne der Fluggesellschaften ankommt, sondern auf die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort.
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