Sind deutsche Staatsangehörige an einem Verkehrsunfall im Ausland beteiligt, kommt vor Gericht schnell die Frage auf, welches Recht überhaupt gilt. Das Landgericht (LG) Köln hat jetzt in einem deutsch-österreichischen Fall entschieden, dass beide Rechtsordnungen in Teilen anwendbar sind. Wir fassen das Urteil für Sie zusammen.

Streit um Entschädigung nach Verkehrsunfall in Österreich

Ein deutscher Tourist kollidierte während seines Österreich-Urlaubs mit seinem Wagen mit dem einer anderen Fahrerin. Später stellt sich heraus, dass die Frau ebenfalls aus Deutschland kommt. Zurück in der Bundesrepublik, verlangte der Mann von seiner Unfallgegnerin Schadensersatz – zurecht?

Mit dieser Frage musste sich das LG Köln jetzt auseinandersetzen. Nach den Feststellungen des Gerichts ereignete sich der Unfall auf der B179 im österreichischen Tirol. Bei einem Überholvorgang des Klägers krachten er und die spätere Beklagte ineinander. Der Mann war der Auffassung, dass seine Landsfrau die alleinige Verantwortung für den Unfall trage, da sie trotz des erkennbaren Überholmanövers auf seinen Fahrbahnstreifen abgebogen sei. Ob dieser Vorwurf berechtigt war oder nicht, mussten jetzt die Kölner Richter:innen klären.

Achtung: Andere StVO in Österreich!
Bedenken Sie vor Ihrem nächsten Besuch im Nachbarland, dass Österreich seine eigene Straßenverkehrsordnung (StVO) hat. Die ist zwar in weiten Teilen identisch mit der deutschen. Allerdings gibt es im Einzelnen auch signifikante Unterschiede. So gilt in der Alpenrepublik beispielsweise ein einheitliches Tempolimit auf Autobahnen von 130 km/h.

Sowohl deutsches als auch österreichisches Recht anwendbar

Bevor das Gericht genauer auf den Fall eingehen konnte, musste es zunächst einmal klären, nach welchem Recht die Klage entschieden werden muss. Innerhalb der Europäischen Union (EU) bestimmt die sogenannte Rom II-Verordnung, welche Rechtsordnung in Fällen mit ausländischem Bezug maßgeblich ist. Dabei unterscheidet das Regelwerk zwischen verschiedenen Teilfragen, sodass durchaus auch mehrere Rechtsordnungen auf ein und denselben Fall anwendbar sind.

So verhielt es sich auch in Bezug auf den Verkehrsunfall in Österreich. Nach Maßgabe der Art. 4 bzw. 17 der Rom II-Verordnung wandte das LG Köln für die Beurteilung des Falls sowohl

  1. Österreichisches Verkehrsrecht (ist überhaupt ein Anspruch entstanden?) als auch
  2. deutsches Schadensrecht (Wie hoch fällt die Entschädigung aus?)

an.

Kläger trägt Schuld am Verkehrsunfall in Österreich

Die Richter:innen kamen zu dem Ergebnis, dass nicht die beklagte Autofahrerin, sondern der Kläger gegen seine Pflichten aus der österreichischen StVO verstoßen hat. Für ihn habe zum Unfallzeitpunkt ein striktes Überholverbot gegolten, das er missachtet habe.

Seine Unfallgegnerin hingegen sei einwandfrei gefahren. Nicht nur habe sie rechtzeitig geblinkt und sich ordnungsgemäß in der Fahrbahnmitte eingeordnet, sie habe vor dem Einordnen auch einen Blick nach hinten geworfen, um sich zu vergewissern, dass die Fahrbahn frei ist. Anders als in Deutschland gebe es in Österreich keine Pflicht zur doppelten Rückschau beim Linksabbiegen, weshalb der einmalige Blick nach hinten ausreichend gewesen sei.

Für das Gericht war daher klar: Der Kläger trägt die alleinige Schuld am Zusammenstoß und bleibt somit auf den Unfallkosten sitzen.