Kündigungsschutzklagen müssen innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eingereicht werden – sonst gilt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als wirksam. Für werdende Mütter gilt hier jedoch eine wichtige Ausnahme, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt entschieden hat. Damit stärkt das höchste Arbeitsgericht Deutschlands die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen.
Schwangerschaft kommt nach Kündigung ans Licht
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die als Fachkraft in der Augenheilkunde beschäftigt war. Am 14. Mai 2022 erhielt die Frau eine ordentliche Kündigung von ihrem Arbeitgeber. Knapp zwei Wochen später erfuhr sie völlig überraschend durch einen positiven Schwangerschaftstest von ihrem ungeborenen Kind.
Sofort informierte die werdende Mutter ihren Arbeitgeber und bemühte sich um einen Termin beim Frauenarzt, den sie jedoch erst für den 17.06. erhielt. Dort bestätigte ihr ein Gynäkologe dann, dass sie sich ungefähr in der siebten Schwangerschaftswoche befindet.
Wenige Tage vor dem Termin hatte die Arbeitnehmerin bereits eine Kündigungsschutzklage inklusive Antrag auf nachträgliche Zulassung beim Arbeitsgericht Dresden eingereicht. Die eigentliche Klagefrist war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen.
Hinweis: Mutterschutzgesetz enthält Schutzvorschriften für Schwangere
Um schwangere Frauen im Berufsleben angemessen schützen zu können, enthält das Mutterschutzgesetz (MuSchG) eine Reihe von Vorschriften, die werdenden Müttern sichere Arbeits- und Lebensbedingungen garantieren. Dazu gehören u.a. Beschäftigungsverbote, bestimmte Arbeitszeitregelungen und Kündigungsschutzvorgaben.
Kenntnis von der Schwangerschaft für Kündigungsfrist entscheidend
Vor Gericht ging es nun um die Frage, ob die verspätete Kündigungsschutzklage ausnahmsweise doch noch zugelassen werden darf. Die Voraussetzungen dafür finden sich in § 5 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG):
„War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung […] verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen […] zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist […] Kenntnis erlangt hat.“
Der Knackpunkt in diesem Fall war die Kenntnisnahme der Schwangerschaft. Das BAG musste entscheiden, welcher Zeitpunkt maßgeblich hierfür ist: Der positive Schwangerschaftstest innerhalb der 3-Wochen-Frist oder die Feststellung der Schwangerschaft durch den Arzt nach Fristablauf.
BAG: Klage darf verspätet zugehen
Die Erfurter Richter:innen stellten sich auf die Seite der werdenden Mutter und ließen die Klage nachträglich zu. Der Schwangerschaftstest sei kein rechtlich bedeutsamer Nachweis für eine Schwangerschaft, so das Gericht. Erst die Untersuchung beim Frauenarzt habe der Klägerin Gewissheit gegeben. Damit seien die Voraussetzungen nach § 5 KSchG erfüllt.
BAG stärkt Rechte von Schwangeren
Das Urteil aus Erfurt festigt den Sonderkündigungsschutz, den schwangere Arbeitnehmerinnen genießen, nicht nur, sondern weitet ihn weiter aus. Und es zeigt, dass der Mutterschutz im Zweifel über rechtlich starren Fristen steht – eine gute Nachricht für Beschäftigte.
Quelle: