Viele Arbeitnehmer:innen mussten ihren Urlaub in den vergangenen Jahren wegen angeordneter Quarantänemaßnahmen zuhause verbringen. In der Zwangshaft kommt ein richtiges Urlaubsfeeling aber eher selten auf. Kein Wunder, dass Betroffene sich die “verlorenen” Tage zurückholen wollen. Aber geht das so einfach? Unser Arbeitsrechtsanwalt Hannes Jürgens erklärt, was das deutsche und das europäische Recht dazu sagen.
Also: Darf man als Arbeitnehmer:in auf weitere Urlaubstage hoffen, wenn man in Quarantäne war?
Zunächst einmal muss man hier zwischen der Rechtslage vor und nach September 2022 unterscheiden. Ein Großteil der Fälle spielt ja in den “Coronajahren” 2020 und 2021. Die deutsche Rechtsprechung ist da eher arbeitnehmerunfreundlich. Viele Arbeitsgerichte vertreten die Auffassung, dass der Arbeitgeber nur die Gewährung von bezahltem Urlaub schuldet. Ob dieser tatsächlich erholsam ist, liege im Risikobereich des oder der Beschäftigten.
So sieht es übrigens auch der europäische Generalanwalt. Selbst in Quarantäne hätten Arbeitnehmer:innen – wenn auch eingeschränkt – die Möglichkeit, sich zu entspannen und ihre Freizeit so zu gestalten, wie sie es möchten. Außerdem sei die tatsächliche Belastung bzw. Einschränkung immer vom subjektiven Empfinden der Arbeitnehmer:innen und den Bedingungen der Quarantäne abhängig. Deshalb sei es für die Gerichte schwer zu ermitteln, ob der Urlaub sich durch die Quarantäne wirklich verschlechtert hat.
Und was genau hat sich jetzt vergangenen September geändert?
Das Infektionsschutzgesetz wurde geändert. Nun gibt es mit dem neuen §59 eine Vorschrift, die ganz eindeutig festlegt, dass Urlaubstage während einer Quarantäne nicht angerechnet werden. Allerdings dürfte das für viele Mitarbeitenden zu spät kommen, da die Regelung nicht rückwirkend gilt.
Aber ist das nicht unfair? Wenn man im Urlaub krank wird, bekommt man die Tage ja schließlich auch zurück
Richtig. Nach §9 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) werden Urlaubstage, in denen Arbeitnehmer:innen krank sind, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Und genau da liegt das Problem: Quarantäne bedeutet nicht automatisch Arbeitsunfähigkeit.
Gerade bei leichten und symptomfreien Verläufen von Corona fühlen sich die Betroffenen überhaupt nicht krank. Die Quarantäne dient ja eher dazu, die Ausbreitung des Virus` einzudämmen und weniger dem Gesundheitsschutz der Infizierten. Solange man einigermaßen fit ist, gelten die Urlaubstage deshalb als in Anspruch genommen.
Also sind die Tage in der Quarantäne wirklich verloren?
Nicht unbedingt. Wir haben ja gerade über die Arbeitsunfähigkeit geredet. Ist der Verlauf doch so schlimm, dass man sich wirklich krank und ausgelaugt fühlt, sind wir wieder im Regelungsbereich des §9 BUrlG, sodass die Tage selbstverständlich nicht auf den Urlaub angerechnet werden – das gilt insbesondere auch für die Fälle vor September 2022.
Allerdings brauchen Arbeitnehmer:innen unbedingt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt. Ein einfacher Nachweis, dass man Corona hatte oder in Quarantäne war, reicht nicht aus.
Eine letzte Frage noch: Warst du einer der Pechvögel, die im Urlaub in Quarantäne mussten?
Zum Glück nicht. Ich konnte meinen Urlaub zumindest bisher auch außerhalb meiner eigenen vier Wände genießen. Wie nervig und belastend es für Betroffene gewesen sein muss, an ihren freien Tagen zuhause rumsitzen zu müssen, kann ich nur erahnen. Ein erholsamer Urlaub ist definitiv etwas Anderes.