Linke fordert Grundrecht auf Wohnen
Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sind aktuell etwa 600.000 Menschen in Deutschland obdachlos – Tendenz steigend. Angesichts dieser Zahlen und dem Ziel der Bundesregierung, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, fordert die Linke nun, ein Recht auf Wohnen im Grundgesetz zu verankern.
Dafür soll ein neuer Artikel 14a in die Verfassung aufgenommen werden, der allen in Deutschland lebenden Personen Zugang zu
- menschenwürdigem,
- diskriminierungsfreiem und
- einkommensgerechtem
Wohnraum ermöglicht. Der Vorstoß ist nicht neu. Schon 2021 versuchte die Linksfraktion, ein Grundrecht auf Wohnen im Bundestag durchzuboxen, scheiterte jedoch an der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit.
Zweifel an der Umsetzbarkeit
Damals wie heute ist die Implementierung eines Rechts auf bezahlbaren Wohnraum in das Grundgesetz umstritten. Kritiker:innen wenden häufig ein, dass:
- eine Verfassungsänderung nicht notwendig sei, weil schon die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Grundrecht auf Wohnen beinhaltet und
- das Recht auf dem Papier nicht dazu führe, dass auch tatsächlich genug Wohnraum für alle vorhanden ist.
Statt einer Grundgesetzänderung brauche es konkrete Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum und einen besseren Schutz vor unfreiwilligem Wohnungsverlust.
Grundrecht auf Wohnen kann eine Chance sein
Demgegenüber stehen die Argumente für ein grundgesetzlich verbrieftes Wohnrecht. Eine Novellierung von Artikel 14 schaffe nicht nur mehr Sichtbarkeit für das Thema, sondern biete auch die Gelegenheit, das aktuell sehr vage Recht auf Existenzminimum weiter zu konkretisieren.
Nach der momentanen Gesetzeslage sichere der Staat im Notfall lediglich die angemessenen Unterkunftskosten. Geht es dagegen um die Versorgung mit und den Schutz von Wohnraum, gucken Betroffene in die Röhre. Ein Grundrecht auf Wohnen ließe sich so ausgestalten, dass es auch für diese Probleme eine zufriedenstellende Lösung findet.
Außerdem existiere ein gesondertes Wohnrecht bereits in den meisten Landesverfassungen. Warum dann nicht auch auf Bundesebene gleichziehen?
Hinweis: Recht auf Wohnen Teil des UN-Pakts
Artikel 11 des Sozialpakts der Vereinten Nationen verpflichtet Deutschland dazu, alle Menschen innerhalb der Bundesrepublik mit ausreichend Wohnraum zu versorgen. Die Bekämpfung von Obdachlosigkeit ist also nicht nur ein Staatsziel, sondern auch ein völkerrechtlicher Auftrag.
Kein Grundrecht auf Wohnen in Sicht
Trotz der hohen Wohnungslosenzahlen sieht das SPD-geführte Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) momentan keinen Handlungsbedarf beim Grundgesetz. Viel wichtiger sei es, erst einmal bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Das deckt sich auch mit dem Koalitionsvertrag, in dem SPD und CDU den Wohnungsnotstand zwar ansprechen, ein mögliches Grundrecht auf Wohnen in diesem Zusammenhang aber nicht erwähnen. Höchstwahrscheinlich wird es also auch dieses Mal nicht für eine Zweidrittelmehrheit reichen.