Es kommt Bewegung in den Fall Michael Winterhoff: Wie der „General-Anzeiger” berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Bonn die Ermittlungen gegen den in die Kritik geratenen Kinderpsychiater und Bestseller-Autor aufgenommen. Mehrere ehemalige Patient*innen haben Strafanzeige gegen ihn gestellt und erheben schwere Vorwürfe.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Winterhoff

Die Zeiten von Talkshows, Fachvorträgen und Prestige sind für Michael Winterhoff vermutlich bald vorbei. Nachdem seine Diagnosen und Behandlungsmethoden bundesweit von Expert*innen und Patient*innen heftig kritisiert wurden, hat die Staatsanwaltschaft (StA) Bonn jetzt die Ermittlungen aufgenommen. Winterhoffs Name fiel dabei zwar nicht direkt, jedoch bestätigte ein Sprecher der StA, dass der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren ein „Bonner Kinderpsychiater” sei, der in der Öffentlichkeit stehe.

Anstoß für die Ermittlungen seien die vielen Strafanzeigen, die gegen Winterhoff in den letzten Wochen gestellt wurden. Details wollte die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstechnischen Gründen aber nicht nennen. Die „inhaltlich breit” aufgestellten Vorwürfe würden erst einmal geprüft.

Fragwürdige Diagnosen und Medikation

Was ist passiert? Anfang August deckte der Westdeutsche Rundfunk zusammen mit der Süddeutschen Zeitung die dubiosen Praktiken des Kinderpsychiaters auf. So gehören beispielsweise der „Frühkindliche Narzissmus” und die „Eltern-Kind-Symbiose” zu seinen am häufigsten gestellten Diagnosen. Dabei ist jedoch keine dieser beiden Diagnosen wissenschaftlich anerkannt.

Winterhoff soll zudem jahrelang Kinder mit Psychopharmaka ruhig gestellt haben. Besonders häufig verschrieb er das Antipsychotikum Pipamperon; auch über längere Zeiträume. Pipamperon ist jedoch als Notfallmedikament gedacht und sollte auf keinen Fall über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Zu den Nebenwirkungen gehören Fettleibigkeit, Diabetes und verschiedene Herzerkrankungen. Außerdem steht Pipamperon in Verdacht, die Gehirnmasse zu verringern.

Hinweis: Betrugsvorwürfe gegen Winterhoff
Als seien die bisherigen Vorwürfe gegen den Bonner Kinderpsychiater nicht schlimm genug, soll Winterhoff auch bei den Abrechnungen kassiert haben, indem er den Krankenkassen gegenüber andere Diagnosen angab, als er tatsächlich stellte.

Wie geht es im Fall Winterhoff weiter?

Mit dem Start der Ermittlungen gegen Michael Winterhoff verdichten sich die Anzeichen für eine Straftat. Aus unseren Gesprächen mit zahlreichen Fachkolleg*innen geht hervor, dass eine jahrelange Verabreichung des Medikaments Pipamperon rechtswidrig war. Somit besteht für die Geschädigten Hoffnung, dass die Behandlungsmethoden des Kinderpsychiaters nicht ohne Folgen für selbigen bleiben dürften.

Aufgrund der drohenden Verjährungsfrist und möglichen Aktenvernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht müssen potenziell Geschädigte jedoch schnell handeln. Um den Strafanzeigenprozess zu beschleunigen und eine zivilrechtliche Auseinandersetzung vorzubereiten, müssen die Einsicht in die Patientenakten, der Unterstützungsantrag nach § 66 SGB V und der Antrag auf Versichertenauskunft nach § 83 SGB X vorliegen.