Eigentlich wollte der Bundesgerichtshof (BGH) am Montag über mögliche Schadensersatzansprüche von Dieselkäufer:innen entscheiden. Am Ende der rund fünfstündigen Verhandlung gab die Vorsitzende Richterin jedoch nur eine erste Einschätzung des Gerichts bekannt. Auf ein endgültiges Urteil müssen Geschädigte bis Ende Juni weiter warten.

Schadensersatz für Thermofenster – ja oder nein?

„Haben Halter:innen von Fahrzeugen mit eingebautem Thermofenster einen Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller?“ Diese Frage beschäftigt Autobauer, Justiz und die Öffentlichkeit seit Jahren. Während der BGH bei der Prüfstanderkennung im VW-Motor EA 189 ohne Zögern eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung annahm, hielt er sich beim Thermofenster bisher eher bedeckt.

Entsprechend gering waren die Erfolgsaussichten von Klagen geprellter Kundinnen und Kunden. Doch dann äußerte sich der EuGH Ende März zu möglichen Entschädigungsansprüchen.

Hinweis: Was ist das Thermofenster?
Das sogenannte Thermofenster ist eine Software, die die Abgasreinigung und -rückführung bei bestimmten Temperaturen drosselt oder ganz deaktiviert. Je nach Hersteller und Modell sind die Abschaltfenster unterschiedlich groß.

EuGH ebnet Weg für Schadensersatz

Nach Auffassung der Luxemburger Richter:innen schützt das ebenfalls für die Autobauer zu beachtende europäische Recht auch die Interessen einzelner Fahrzeugkäufer:innen. Anders als der BGH lässt der EuGH somit schon fahrlässiges Handeln für eine Haftung ausreichen. Damit einher ginge eine deutliche Beweiserleichterung für Kläger:innen, die bislang eine sittenwidrige Schädigungsabsicht auf Herstellerseite nachweisen mussten.

Doch der EuGH ist nur für die Auslegung des Unionsrechts zuständig. Das letzte Wort haben die Gerichte in den Mitgliedstaaten – unter Berücksichtigung des Unionsrechts und dessen Auslegung durch den EuGH. Entscheidend ist also, was der BGH aus den Vorgaben aus Luxemburg macht.

BGH lässt Tendenz zum Schadensersatz erkennen

Obwohl am Montag noch kein endgültiges Urteil gefällt wurde, ließ der „Dieselsenat“ erste Einschätzungen zum Fall durchsickern. Die vorsitzende Richterin Dr. Eva Menges stellte den Verbraucher:innen einen „Differenzhypothesenvertrauensschadensersatz“ in Aussicht.

Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich ein Minderwertausgleich. Der Kaufvertrag wird dabei nicht wie in bisherigen Entscheidungen rückabgewickelt. Stattdessen behalten die Kläger:innen ihre Fahrzeuge, bekommen aber die Differenz zwischen dem Wert ihres mangelhaften Autos mit Thermofenster und dem Wert eines rechtlich einwandfreien Wagens zugesprochen.

Wie genau sich dieser berechnen wird, ließ das Gericht allerdings offen. Bis zur endgültigen Urteilsverkündung am 26. Juni wolle man sich noch einmal intensiv mit dem Fall und allen Argumenten auseinandersetzen. Für Verbraucher:innen sieht es bisher jedenfalls nicht schlecht aus.

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