Während eine allgemeine Impfpflicht noch heiß diskutiert wird, ist sie für bestimmte Berufsgruppen bereits auf dem Weg. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jetzt grünes Licht für die sogenannte „einrichtungsbezogene Impfpflicht” gegeben, indem es einen Eilantrag gegen das Vorhaben der Bundesregierung abgelehnt hat.

Pflege-Impfpflicht darf zunächst vollzogen werden

Um besonders vulnerable Personen vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen, beschlossen Bundestag und Bundesrat im Dezember letzten Jahres die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Ab dem 15. März müssen alle Beschäftigten in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, (Zahn-) Arztpraxen oder ähnlichen Einrichtungen vollständig geimpft oder genesen sein.

Schon kurz nach Verabschiedung des entsprechenden Gesetzentwurfs rollte eine ganze Flut an Klagen und Eilanträgen auf die deutschen Gerichte zu. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in einem Musterverfahren Stellung genommen und die Eilanträge abgelehnt. §20a des Infektionsschutzgesetzes, der die Pflege-Impfpflicht regelt, bleibt damit vorerst in Kraft.

Hinweis: Vorläufige Regelungskompetenz des BVerfG
Obwohl das BVerfG eigentlich keine Gesetze erlassen kann, hat es dennoch die Möglichkeit nach §32 BVerfGG einstweilige Anordnungen erlassen, die für einen begrenzten Zeitraum wie Gesetze wirken. Das Gericht macht wegen der Gewaltenteilung aber äußerst selten davon Gebrauch.

Infektionsschutz geht vor

Begründet haben die Richter*innen ihre Entscheidung mit dem Vorrang des Schutzes von Leib und Leben älterer und vulnerabler Menschen. Im Eilverfahren prüft das BVerfG nur oberflächlich, ob Gesetze oder Rechtsakte gegen die Verfassung verstoßen. Eine detaillierte Prüfung folgt dann im Hauptsacheverfahren. So war es auch hier.

Das Gericht hat hier die körperliche Unversehrtheit und die Berufsfreiheit der Antragsteller:innen gegen die Gesundheit der Patient:innen in den Einrichtungen abgewogen. Dabei kam es zu dem Schluss, dass die Einschränkungen, die das Personal durch eine Impfpflicht erdulden muss, nicht gravierend genug seien, um die Regelung auszusetzen.

Zum einen seien schwerwiegende Nebenwirkungen einer Impfung extrem selten. Zum anderen seien Betroffene nicht dazu gezwungen, sich impfen zu lassen. Berufliche Nachteile, die Impfunwilligen drohen könnten, müssten bis zum Hauptsacheverfahren hingenommen werden. Demgegenüber stehen insbesondere vulnerable Personen, die sich nur eingeschränkt gegen eine Infektion schützen können. Eine Impfung sei nach wie vor das beste Mittel, um Infektionsketten zu unterbrechen und andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen.

Impfunwillige können noch Erfolg haben

Das letzte Wort zum §20a IfSG ist aber noch nicht gesprochen. Das Hauptsacheverfahren ist nach wie vor beim BVerfG anhängig. In seinem Beschluss merken die Verfassungsrichter:innen zudem an, dass sie die Regelungstechnik des 20a für bedenklich halten. Die Vorschrift verweise nämlich auf die COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, welche ihrerseits auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert-Koch-Instituts verweist. Die beiden Forschungseinrichtungen könnten deswegen zu viel Einfluss auf das Gesetz ausüben, ohne dass es dafür eine rechtliche Grundlage gäbe.

Gesundheitsamt kann Verbote aussprechen

Welche Konsequenzen müssen Arbeitnehmer:innen nun befürchten, wenn sie sich nicht impfen lassen wollen? Zunächst sind Arbeitgeber:innen und Vorgesetzte dazu verpflichtet, das Gesundheitsamt über fehlende Impfnachweise zu informieren. Die Behörde kann dann einzelnen Personen den Zutritt zu der Einrichtung verbieten oder ein Berufsverbot aussprechen.

Als Reaktion darauf könnten Arbeitgeber:innen eine personenbedingte Kündigung aussprechen. Ob eine solche Kündigung auch zulässig ist, müssen dann Arbeitsgerichte entscheiden. Arbeitnehmer:innen sollten sich im Zweifelsfall an Rechtsanwält:innen wenden und gegen ihre Kündigung vorgehen.

Quellen: