Das Jahr 2020 geht mit einem echten Paukenschlag im Abgasskandal zu Ende! Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: Abschaltsoftware in Dieselfahrzeugen ist illegal. Das Urteil betrifft Dieselfahrzeuge aller Hersteller.

Nach Jahren gerichtlicher Auseinandersetzungen um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren hat nun der EuGH ein richtungsweisendes Urteil gesprochen: Ein Hersteller darf keine Abschalteinrichtung einbauen, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung des Abgasreinigungssystems von Fahrzeugen verbessert, um ihre Zulassung zu erreichen.

Autoindustrie argumentierte im Abgasskandal mit Motorschutz

EU-Regeln legen fest, dass es grundsätzlich nicht erlaubt ist, Abschalteinrichtungen einzubauen. Ausnahmen gelten aber in zwei Fällen:

  • Wenn die Abschalteinrichtung nötig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen.
  • Wenn die Abschalteinrichtung nötig ist, um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.

Bei Schadensersatzklagen wegen Manipulationssoftware in Dieselfahrzeugen stützte sich die Autoindustrie stets auf diese Ausnahmen. Die Hersteller argumentierten stets, man verwende zwar Software, die Einfluss auf die Emissionen hat. Die Software habe aber nur den Zweck, den Motor zu schützen. Dass damit Emissionsobergrenzen nicht eingehalten werden, sei also unerheblich.

Verbraucher argumentieren genau anders herum: Die Software sei eben nicht nur ein normaler Teil der Motorsteuerung, sondern im Gegenteil nur eingebaut worden, um auf dem Prüfstand bessere Abgaswerte zu erreichen.

EuGH stärkt mit seiner Entscheidung Verbraucherrechte

Der EuGH hat nun geklärt, ob die eingebaute Software im Prinzip als Abschalteinrichtung gilt und wenn ja, ob eine der genannten Ausnahmen gilt. Die Entscheidung ist eindeutig:

  • Ja, die Software ist eine Abschalteinrichtung.
  • Nein, die Ausnahmen gelten nicht.

Abschalteinrichtungen zum Schutz vor Verschmutzung und Verschleiß nicht erlaubt

Zur zweiten Frage fanden die Richter deutliche Worte: Die Ausnahme gelte nur für Einrichtungen, die den Motor vor “plötzlichen und außergewöhnlichen Schäden” schützen. Wenn die Ausnahme auf Einrichtungen ausgedehnt werde, die den Motor nur vor Verschmutzung und Verschleiß schützen, werde das Verbot “seiner Substanz entleert und jeder praktischen Wirksamkeit beraubt”.

EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston, deren Einschätzung der EuGH üblicherweise folgt, hatte in ihrem Gutachten Ende April schon diese Auffassung vertreten. Dass die Entscheidung so oder ähnlich ausfallen würde, hatte sich also schon länger abgezeichnet. Dass der EuGH noch 2020 seine Entscheidung verkünden würde, war allerdings nicht erwartet worden.

Wie wirkt sich die EuGH-Entscheidung für Verbraucher in Deutschland aus?

Anders als viele andere Entwicklungen aus Luxemburg wird dieses EuGH-Urteil zeitnah Konsequenzen in Deutschland haben, denn die Emissionsgrenzwerte richten sich nach EU-Recht. Auch die Regeln zu Abschalteinrichtungen und die Ausnahme zum Motorschutz ergeben sich aus einer EU-Verordnung.

Im aktuell entschiedenen Fall ging es um eine Abschalteinrichtung VW’s, die konkret erkannte, dass sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befand und nur dort die Abgaswerte einhielt. Andere Abschalteinrichtungen, die etwa ab gewissen Temperaturen vielfach höhere Abgaswerte verursachen, sind aber in einer Vielzahl der Dieselmotoren verbaut. Diese wurden bislang von den Autokonzernen damit gerechtfertigt, sie seien notwendig, um den Motor vor Verschleiß zu schützen, und somit zulässig.

Dem tritt der EuGH hier entschieden und deutlich entgegen. Nun, da der EuGH diese Abschalteinrichtungen für unzulässig erklärt hat, müssen neben Volkswagen auch Audi und Daimler mit einer Welle von Schadensersatzklagen rechnen.


Quellen: