Nach monatelangem Streit über die Wiedereinführung der Wehrpflicht haben sich Union und SPD jetzt auf einen gemeinsamen Fahrplan zur Stärkung der Bundeswehr einigen können. Um Deutschland wieder verteidigungsfähig zu machen, setzt die Koalition unter anderem auf Fragebögen, verpflichtende Musterungen und eine sogenannte Bedarfswehrpflicht. Wir verraten Ihnen, was sich ab 2026 für junge Menschen ändert.
Verpflichtende Musterungen für Männer
Spätestens mit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine hat die Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht erneut Fahrt aufgenommen. 2011 setzte die damalige Regierung den Wehrdienst bis auf Weiteres aus. Nun soll er nach intensiven Beratungen von CDU, CSU und SPD wiederkommen – wenn auch in etwas anderer Form.
Wirklich verpflichtend sind nach den Plänen der Koalition zunächst einmal nur die Wehrerfassung und die Musterung: Ab dem kommenden Jahr erhalten alle 18-Jährigen einen Fragebogen, in dem sie Angaben zu ihrer Motivation und Eignung machen müssen. Die Beantwortung der Fragen ist für Männer gesetzlich vorgeschrieben. Frauen hingegen können frei entscheiden, ob sie an der Wehrerfassung teilnehmen wollen oder nicht.
In einem zweiten Schritt folgt dann die Musterung. Männer müssen und Frauen können sich ab Juli 2027 medizinisch untersuchen lassen, um ihre Wehrfähigkeit zu ermitteln. Anhand der Fragebögen und den Musterungsergebnissen erstellt die Bundeswehr anschließend einen Pool an potenziellen Rekruten, auf den sie im Bedarfsfall zugreifen kann.
Hinweis: Freiwilliger Wehrdienst bleibt bestehen
Junge Erwachsene können sich auch weiterhin freiwillig für die Bundeswehr melden. Das neue Wehrdienstgesetz soll dafür besondere Anreize setzen: Unter anderem eine bessere Besoldung und die Bezuschussung für einen PKW- oder LKW-Führerschein sind geplant.
Bundestag muss Wiedereinführung der Wehrpflicht beschließen
Eine automatische Wehrpflicht wird es dagegen nicht geben. Das neue Konzept soll nach wie vor auf Freiwilligkeit basieren. Allerdings kann der Bundestag mit einfacher Mehrheit eine sogenannte Bedarfswehrpflicht einsetzen, wenn:
- die Bundeswehr nicht ausreichend Personal zur Verfügung hat oder
- ein verteidigungspolitischer Ernstfall eintritt.
In Kriegs- und Krisenzeiten erhält das Parlament also eine Art Notfallrecht, das es ihm erlaubt, die Lücke zwischen dem Bedarf an Streitkräften und der Zahl der Freiwilligen zu schließen.
Losverfahren als letztes Mittel
Ob in solch einem Fall das heftig umstrittene Losverfahren zum Einsatz kommt, ließen Union und SPD allerdings offen. Klar ist nur: Der Bundestag kann selbst entscheiden, wie die Armee aufgestockt werden soll, wenn er die Wiedereinführung der Wehrpflicht im Ernstfall tatsächlich beschließen sollte. Ein Zufallsverfahren wäre als letzter Ausweg also durchaus denkbar.
Damit die Wehrerfassung wie geplant 2026 starten kann, muss die Einigung der Koalitionsparteien noch den Bundestag passieren. Die Abgeordneten werden sich voraussichtlich Anfang Dezember über das neue Wehrdienstgesetz beraten und es im Anschluss beschließen.
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