Entzündungen und Folgeerkrankungen nach einem Tattoo sind vergleichsweise selten. Treten sie wider Erwarten doch auf, führen sie schnell zur Arbeitsunfähigkeit – und werden damit rechtlich interessant. So musste sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein kürzlich mit der Frage befassen, ob Arbeitnehmer:innen bei Komplikationen nach ihrem Besuch beim Tätowierer Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

Arbeitnehmerin wird krank nach neuem Tattoo

Wer sich auf ein Tattoo einlässt, nimmt gleichzeitig gesundheitliche Risiken in Kauf. Doch welche Folgen hat dieses Risikoverhalten arbeitsrechtlich gesehen? Darf Ihr Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, wenn Sie wegen Ihres Tattoos krank werden? Genau das musste das LAG Schleswig-Holstein vor kurzem klären.

Klägerin im Ausgangsfall war eine Pflegekraft, die sich Ende 2023 am Unterarm hat tätowieren lassen. In Folge des Eingriffs entzündete sich die Haut der Arbeitnehmerin, sodass sie für insgesamt drei Tage krankgeschrieben war. Daraufhin zog der Arbeitgeber der Pflegekraft die Krankentage von ihrem Gehalt ab. Er sei nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, weil die Beschäftigte ihre Arbeitsunfähigkeit selbst herbeigeführt habe, so die Begründung. Das sah die Arbeitnehmerin jedoch anders und klagte vor Gericht auf ihr volles Monatsgehalt.

Hinweis: Tattoos im Job grundsätzlich erlaubt!
Grundsätzlich sind Tattoos im Job als Teil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit erlaubt. Für bestimmte Branchen, Berufe (Beamtinnen und Beamte, Personen mit viel Kundenkontakt etc.) und Motive gelten jedoch Ausnahmen.

Entgeltfortzahlung nur bei unverschuldetem Erkranken

Sowohl das Arbeitsgericht Flensburg als auch das LAG wiesen die Klage ab. Die Pflegekraft habe das Risiko einer Entzündung billigend in Kauf genommen und ihre Arbeitsunfähigkeit daher bedingt vorsätzlich herbeigeführt, stellten die Richter:innen fest.

Ausgangspunkt für die Überlegungen des Gerichts war das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Darin werden Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihre Beschäftigten im Krankheitsfall weiterhin zu bezahlen. Einzige Bedingung: Der bzw. die Arbeitnehmer:in muss unverschuldet krank sein.

Daran zweifelte das Gericht im Fall der Pflegekraft. Schließlich habe die Arbeitnehmerin aus freien Stücken in den Tätowiervorgang eingewilligt. Ob sich die Einwilligung aber auch auf eine Entzündung – und damit auf eine Arbeitsunfähigkeit – erstreckt, war die entscheidende Frage des Rechtsstreits, die klärungsbedürftig war.

Krank nach einem Tattoo zu sein, ist eigenes Verschulden

Die Kammer bejahte eine Übertragbarkeit der Einwilligung auf die Komplikationen nach dem Eingriff. Begründet wurde das mit der vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit einer Hautentzündung. Die liege zwischen einem und fünf Prozent und sei daher als „häufig“ einzustufen. Für seine Einschätzung bezog sich das Gericht auf die Häufigkeitskategorien von Nebenwirkungen bei Medikamenten nach dem Arzneimittelgesetz:

Da Komplikationen bei Tätowierungen aus rechtlicher Sicht häufig vorkommen, müssen Arbeitnehmer:innen auch damit rechnen, nach ihrem Besuch im Tattoostudio arbeitsunfähig zu erkranken. Lassen sie sich trotzdem auf den Eingriff ein, dann tragen Beschäftigte auch das Risiko eines Verdienstausfalls, so das Gericht.

Tattoo kann zu Lohnminderung führen

Im Zweifel darf Ihr Arbeitgeber also die Lohnfortzahlung verweigern, wenn bei Ihrem frisch gestochenen Tattoo Komplikationen auftreten. Da Sie das finanzielle Risiko für Verdienstausfälle tragen, müssen Sie sich daher immer gut überlegen, ob es Ihnen das wert ist.

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